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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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zuerst!«.
    Clemenzas Kopf flog herum. Katinka stand langsam auf.
    »Das ist Heidelore Engstler«, stellte Harun vor, indem er heftig mit den Augen rollte, als habe er eine Linie zu viel abbekommen.
    Katinka schaltete sofort. Vor ihnen stand die Frau des Typs, der tot im Schnee lag. Sie ging langsam zur Theke.
    »Frau Engstler, bitte setzen Sie sich.«
    »Ich habe ihn schon gesehen!« Heidelore Engstler tastete sich zu einem Barhocker vor und setzte sich. Langsam streifte sie die Handschuhe ab und legte sie auf den Tresen. »Er lag da, sah so friedlich aus …, als wäre er einfach eingeschlafen!«
    »Harun!«, rief Nora entsetzt. »Sag mal …!«
    »Sie kroch auf allen Vieren die Straße runter. Suchte nach ihrem Mann«, verteidigte sich Harun. »Was sollte ich denn machen? Ich habe mich zum Durchgang vorgekämpft und sie reingerufen. Zurück nach Hause hätte sie es nicht mehr geschafft. Die Straße ist eine einzige Eisbahn. Und den Berg rauf geht absolut nichts mehr.«
    »Ich habe ihn gesucht. Er wollte nur mal kurz um den Block.«
    Nora machte »pffff« und griff nach der Flasche mit dem Cynar.
    »Ich weiß, was Sie über meinen Mann denken.« Begierig streckte Heidelore die Hand nach einem leeren Stamperl aus und hielt es fest, als könne es ihr davonlaufen. »Er ist ein Querulant, ein Störenfried. Steckt seine Nase in alles rein, was ihn nichts angeht. Was glauben Sie denn, weshalb wir in der Nachbarschaft keine Freunde haben!«
    »Abgründe à la carte«, murmelte Dante.
    Nora goss eine Runde Cynar für alle ein. »Der geht aufs Haus.«
    »Aber dass er da draußen erfriert – das hätte ich ihm nicht gewünscht.« Heidelore schüttelte den Kopf.
    »Sie kann es noch nicht glauben«, flüsterte Dante Katinka zu. »Typisch für einen Schock. Sie hat einen Knick auf der Wirklichkeitsachse.«
    Katinka nahm einen Schnaps von Noras Tablett. Es kam schon nicht mehr darauf an. »Danke. Wann ist Ihr Mann denn aufgebrochen?«
    »So gegen halb sechs. Ein bisschen eher. Ich war gerade am Kochen. Man kann alles an ihm kritisieren, aber unpünktlich ist er nicht. Er kam sein Leben lang nie zu spät. Nur heute … da kam er gar nicht mehr.« Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    Nora legte die Hand auf Heidelores Arm. »Trinken Sie!«
    »Hatte er gesagt, wo er hin will?«, erkundigte Clemenza sich in beiläufigem Ton.
    »Nein. Er wollte um den Block.« Heidelore kippte ihren Cynar.
    »Wie jeden Abend?«
    »Fast jeden Abend. Er brauchte Bewegung und Frischluft. Wir machen beide gerne Sport.«
    Von Nora kam eine Art Glucksen.
    »Das können Sie nicht verstehen, Frau Molitor. Sie haben Ihre Interessen. Und wir haben unsere.«
    »Um Klartext zu sprechen!« Nora richtete sich auf. Katinka fiel auf, dass sie ziemlich groß und kräftig war, wenn sie sich gerade hielt. Eine Tatsache, die ihre übliche schlaffe Körperhaltung allerdings kaschierte. Ob das Absicht ist?, fragte sich Katinka.
    »Ihr Mann spionierte fast jeden Tag bei mir herum. Seit das Wetter so mies ist, hat er seine Erkundungsgänge verkürzt. Aber auslassen konnte er sie nicht.«
    »Worauf war er denn aus?«, erkundigte Clemenza sich.
    »Wollte mir was anhängen.«
    »Und? Hätte es da etwas gegeben?« Clemenzas Augen glühten. Katinka erkannte, dass diese Situation genau die richtige Herausforderung für die Kommissarin darstellte. Ihr Stoffwechsel hatte nun exakt die passende Betriebstemperatur. Halb offen, halb verdeckt spann sie ein Gewebe aus Fragen und Annahmen, in dem irgendeiner der Anwesenden irgendwann hängenbleiben würde.
    »Arndt hatte einfach Angst, dass dieses Lokal hier …« Heidelore brach ab. »Geben Sie mir noch einen Schnaps. Bitte. Nehmen Sie mich nicht in Sippenhaft für meinen Mann.«
    Nora schenkte nach. »Er fürchtete Lärmbelästigung durch besoffene Gäste. Bediente sämtliche Klischees in Bezug auf Kneipen und Restaurants, die die Welt kennt.«
    »Lärm per se ist kein Klischee«, berichtigte Dante. »Das Klischee besteht darin, dass man allen Kneipen das Attribut ›laut‹ zuschreibt.«
    Harun verdrehte die Augen. »Kann den mal jemand abschalten?«
    »Unmöglich«, grinste Dante. »Ich habe noch eine zweite Stromversorgung.«
    Katinka verschluckte ein Kichern. Allmählich fangen wir hier drin alle an zu spinnen, dachte sie.
    »Sie wohnen doch nebenan«, sagte Clemenza zu Harun. »Wo denn genau?«
    »In dem alten Lagerhaus. Das grenzt direkt an die Nebengebäude auf Noras Hof.«
    »Sie haben keine Angst vor Lärm?«
    »Ich gehöre

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