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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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sie sollten ja noch eine Weile in den Ausstellungsräumen hängen. Klar? Also hat man sie mir heute gebracht.«
    »Im Hinterhof eines Boxclubs? Einen Tag vor Heiligabend? Das ist der Brüller!«
    »Weisen Sie mir was anderes nach!«
    »Diese Bilder sind niemals Bestandteil einer Ausstellung gewesen!« Katinka bluffte, aber sie glaubte Walt kein Wort. Irgendwie musste sie ihn aus der Reserve locken. Sie fuhr herum: »Sagen Sie mal: Fehlen Ihnen ein paar Töne?« Das Saxofongedudel ging ihr auf den Keks.
    Der Mann im Anzug sah mit Leichenbittermiene zu ihr hinüber. »Leider ja! Vorhin fiel mir der Koffer mit dem Sax um. Irgendwas hat sich minimal verstellt. Von außen gesehen, scheinen die Klappen alle zu funktionieren.«
    »He, da kann ich Abhilfe schaffen!« Harun winkte von der Theke herüber. »Überlassen wir den Frauen das Kochen. Ich habe eine echt gute Lampe zu Hause. Damit kriegen wir’s hin. Ich gehe sie holen.«
    »Ihr Nachbar scheint ja seine Fähigkeiten zu haben!«, warf Clemenza ein. Nora wurde flammend rot. Manche Leute haben aber auch echt ein Talent, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, dachte Katinka.
    Der Musiker sah zweifelnd drein.
    »Ich war früher mal Instrumentenbauer. Klarinettist. Handele noch immer mit Noten. Mit einem Sax komme ich auch zurecht.«
    »Mir wäre es lieber, wenn Sie die Lampe hierherbrächten!«
    Harun zuckte die Achseln. »Keinen Hund schickt man bei dem Wetter vor die Tür. Die Leibeigenen schon.«
    »Ich bitte Sie, Sie haben es doch selbst angeboten!«, fuhr Caren auf.
    Harun hob die Hände. »Schon gut, Lady, ich bin auf dem Weg. Hoffe, ich schaffe es bis nebenan.«
    »Geh durch die Wirtschaftsküche«, schlug Nora vor. »Über die Gehwege hast du keine Chance.«
    »Wie geht’s eigentlich Hundi?«, wandte Dante sich an Walt.
     
    19:10
    Nora trat an Walts Tisch. »Wenn Sie Künstler sind, sollten Sie doch eine leserliche Handschrift haben!«
    »Ich habe eine Sauklaue.«
    »Dann strengen Sie sich ein bisschen an. Schreiben Sie mir die Menüliste für Weihnachten?«
    »Weihnachten?«, polterte Walt. »Wer denkt denn jetzt noch an Weihnachten?« Er sprang auf.
    »Hinsetzen und schreiben!« Caren drückte ihn zurück auf seinen Stuhl. »Dabei am besten die Klappe halten.«
    »Wenn der Pinguin mit seinem weinerlichen Sax so weitermacht, können Sie mich sowieso gleich in die Klapse einliefern.«
    Ungerührt legte ihm Nora einen Stoß DIN-A4-Blätter und einen schwarzen Filzstift hin. »Voilà! Und damit Sie die Zeit bis zum Essen überstehen – hier wären ein paar Lebkuchensterne aus meiner eigenen Backstube.« Sie stellte einen Glasteller neben Walt.
    Er tut ihr leid, dachte Katinka. Kennt sie ihn? Ist er wirklich zum ersten Mal hier? Spielen hier alle nur Theater? Inklusive Clemenza? Und wer ist eigentlich dieser Saxofonbläser?
    Artig begann Walt zu schreiben. Hungrig nahm Katinka einen Lebkuchenstern. Er war mit Bitterschokolade glasiert und roch nach Zimt und Glühwein. Nora zog ab in die Küche.
    Von irgendwo erklang Musik. Rondo Veneziano dudelte Weihnachtslieder. Dante bekam einen Lachkrampf. Der Musiker legte sein Instrument in den Koffer und betrachtete es sorgenvoll.
    »Möchten Sie was trinken? Sagen Sie es gleich, bevor ich eine rauchen gehe!« Caren trat an den Tisch des Saxofonisten. In ihrem Gesicht war so etwas wie Mitleid zu lesen.
    »Vielleicht – ein Glas schwarzen Tee?« Schüchtern sah er auf.
    Caren zog ab.
    »Haben Sie einen Auftritt verpasst?«, fragte Katinka. »Wegen des Wetters?«
    »Verpasst? Von wegen. Versaubeutelt habe ich ihn. Das Instrument spielt die tiefen Töne nicht mehr. Mir ist das vollkommen schleierhaft. Das Sax spricht normalerweise so leicht an!« Er rieb sich das Gesicht. »Der Koffer ist umgefallen. Mit dem Sax drin. Mist.«
    »Anschlag auf Saxofon«, vermeldete Dante die Schlagzeile. »Kann ich nochmal Ihr iPad benutzen, Frau Palfy?«
    »Was haben Sie vor?«
    »Mein Blog updaten. Ideale Situation. Wir haben ja nichts anderes zu tun!«
    »Bitte. Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Katinka ging Caren zur Theke nach. Sie brauchte dringend einen Kaffee.
    »Ich wollte morgen nach Dublin fliegen!« Der Saxofonist ruckte an seiner Krawatte.
    »Marscherleichterung, Sir?«, witzelte Dante. »Legen Sie den Binder ruhig ab!«
    »Das ist meine einmalige Chance. Ich habe ein paar Auftritte organisiert. Mit einer irischen Band. Wir haben vor Jahren mal zusammen gespielt. Jazz, Swing, Funky Music. Sogar Klassik.«
    »Bis morgen hat

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