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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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zu Noras besten Gästen!«
    »Wie ist die Nachbarschaft eigentlich gestrickt?«, fragte Clemenza weiter. »Mag man sich?«
    »Es gibt ein paar Leute, die miteinander können. Nora, ich, und die WG, die ein Haus neben meinem wohnt. Tja. Hier leben halt ansonsten viele Singles, für die ist ein preiswertes Lokal in Laufnähe ziemlich nützlich. Zum Selberkochen kommt ja niemand mehr heutzutage.«
    »Was aus diesem Etablissement hier wird, das muss sich noch erweisen«, erwiderte Heidelore pikiert. »Arndt geht davon aus, dass ein gediegenes Esslokal …«
    »Geben Sie es doch zu«, unterbrach Nora. »Ihr Mann war ein Nörgler der übelsten Sorte. »Er hat sogar Emma planmäßig sterben lassen!«
    Katinka konnte förmlich spüren, wie Dante neben ihr zu vibrieren begann.
    »Wollen Sie selbst erzählen?« Nora sah Heidelore Engstler von der Seite an. »Nur zu! Diesen Herrschaften hier«, sie machte eine ausladende Handbewegung, »graust vor nichts.«
    »Nein, schießen Sie nur los«, widersprach Heidelore.
    Nora räusperte sich entschlossen und fing an:
     
    Emmas Fell
     
    Der Sommer klebte zäh und faulig über den Feldern. Heidelore Engstler stand auf ihrer Terrasse aus offenporigem Marmor und blinzelte in die Sonne. Sie überlegte, ob es vernünftig sei, an einem heißen Tag wie diesem das Fahrrad zu besteigen und die üblichen 20 km Training abzuhaken, oder ob sie den Plan aufgrund des hohen Ozongehaltes in der Luft abändern sollte. Sie würde zwei Dosen Weißbier mitnehmen müssen, um ihren Mineralhaushalt funktionsfähig zu halten. Das Weißbier würde auf der Fahrt warm werden und ihr nicht schmecken. Arndt, ihr in jeder Hinsicht erfolgreicher Ehemann, pflegte ihr zu erläutern, dass das Weißbier weniger für den Genuss, als vielmehr aus gesundheitlichen Gründen auf jeder Radtour mitzuführen sei. Ein kaltes Weißbier in einem Gasthaus verweigerte Arndt, denn ihm missfiel die Gesellschaft von lustgeleiteten, unvernünftigen Menschen, die in Horden in die Biergärten strömten, anstatt ihre Pause so zu terminieren, dass sie wohlgeordnet, dem Wachwechsel am Buckingham Palace gleich, die Wirtshäuser aufsuchten.
    Heidelore Engstler liebte zwei Dinge im Leben über alles. Zunächst war da Emma, der Hund. Ein herrliches Tier, ein Mischlingsweibchen, halb Retriever, halb Schnauzer, mit hingebungsvollen, braunen Augen und einer sanften Schnauze. Dann liebte Heidelore Pläne, und vor allem solche, die eingehalten wurden. Ihr gesamtes Leben war eine Agenda aus vernünftig aufeinander abgestimmten Terminen, rationalen, nach Ursache und Wirkung ausgerichteten Handlungen. Sie hatte nichts gegen Spontaneität, denn sie kannte sie nicht. Sie hatte sich niemals in ihrem Leben treiben lassen. Sogar ihre beiden Söhne waren nach Plan entstanden, nach Plan geboren und erzogen worden. Heidelore hätte es gerne gesehen, wenn sie auch die Tatsache hätte planen können, Mädchen – und nicht Jungen – zur Welt zu bringen, denn, wie sie ihrer Nachbarin Sabrina erzählte, Mädchen blieben länger im Haus als Jungen. Beide Söhne waren sofort nach ihrem – selbstverständlich mit Auszeichnung bestandenen – Abitur ausgeflogen. Heidelore Engstler konnte nicht behaupten, ihre Söhne wirklich zu lieben. Sie segmentierte ihre Empfindungen den beiden jungen Männern gegenüber in positive und negative. Der jüngere, Micha, war ihr vielleicht vom Typ her näher als Norman, der ältere. Aber Micha hatte nun einmal den Fehler begangen, eine schlecht verdienende Kulissenmalerin vom Theater zu heiraten und besaß nach Heidelores Geschmack zu wenig Geld. Den Sohn, ein Baby von einem knappen Jahr, erzogen die beiden gänzlich falsch. Seine Mutter nahm ihn hoch, sobald er weinte, und fütterte ihn, wann immer er Hunger hatte. Heidelore hielt dies für völlig verfehlt. Der Knabe würde so bestimmt kein Gefühl für eine vernünftige Tageseinteilung bekommen. Micha und seine Frau ließen aber nicht mit sich reden. Sie zuckten nur die Schultern, wenn Heidelore sie darauf ansprach.
    Heidelore schüttelte versunken den Kopf und strich sich das stützgewellte Haar nach hinten. Es erhob sich borstig von ihrem Kopf, unbeirrt nach oben strebend. Arndt fand ihre Frisur auch ausgesprochen vernünftig. »Weißt du«, hatte er ihr erklärt, »wenn wir im Winter Skilaufen gehen, dann kannst du deine Mütze aufsetzen und absetzen, so oft du willst, du wirst immer anständig frisiert sein.« Deswegen also die Stützwelle. Heidelore beneidete im Stillen, im

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