Last Date
hatte Adrian zwar mit dem schwarzen Motorrad kommen sehen, ihm aber anfangs keine weitere Beachtung geschenkt, da er ihn sowohl aus den Nachrichten, als auch von den eingestellten Bildern der Singlebörse, langhaarig erwartet hatte. Jetzt, nachdem Adrian sich umdrehte, konnte er sein Gesicht genauer erkennen. Nun war er sich sicher, dass dieser junge Mann Adrian Richter sein musste. Sein Plan war aufgegangen. Er winkte eine Kellnerin heran, bezahlte seinen Cappuccino und ging hinter Adrian vorbei zu dessen Motorrad. Er sah zu den Tischen hinüber und passte einen Augenblick ab, in dem Adrian ihm, noch immer durch die drei Frauen abgelenkt, den Rücken zudrehte, und nahm den Helm vom Spiegel herunter. Er wusste, dass er nur wenige Sekunden Zeit hatte und beeilte sich. Genau in dem Moment, als er den Helm wieder über den Spiegel hängte, hörte er Adrian, der bereits aufgestanden war und zu ihm hinübersah. „Hey! Finger weg!”
Er nahm beschwichtigend beide Hände hoch und sah Adrian künstlich lächelnd an. Seine Zähne fest aufeinander gepresst sprach er selbst für sich kaum hörbar: „Alles in Ordnung du Arschloch, ich bin doch schon fertig.”
Er drehte sich einfach zur Seite und verschwand dann in der Menschenmenge Richtung Rathaus, während er den kleinen, durchsichtigen Beutel wieder in seiner Hosentasche verschwinden ließ.
Di e rechte Hand zur Faust geballt, sah Adrian dem Fremden noch einen Augenblick nach. Er überlegte kurz nachzuschauen, was der Fremde an seiner Ducati gemacht hatte, wollte aber nicht noch mehr Aufsehen erregen. Da es mittlerweile 16:18 Uhr war, holte er Leons Handy aus der Tasche und rief bei Katharina an, um sie zu bitten, seine E-Mails zu checken, ob Judith ihm eventuell eine kurzfristige Absage oder Terminverschiebung geschickt hatte.
Da Katharina ihm keine Änderungen mitteilen konnte, bestellte er sich noch einen Kaffee, wählte die Nummer des Fitnessstudios und ließ sich mit verstellter Stimme und falschem Namen zu Leon durchstellen, mit dem er noch einmal den aktuellen Stand der Dinge durchging .
Kassel
Dienstag, 18:08 Uhr
Anja rannte direkt vor dem Bus über die Straße und grüßte den Busfahrer beim Einsteigen freundlich. Sie wusste, dass es ihr Charme war, der sogar dafür sorgte, dass der Fahrer im Falle einer Verspätung ihrerseits sogar ein en Moment auf sie wartete. Von der hektischen Arbeit erledigt setzte sie sich, aufgeregt und voller Erwartungen auf den heutigen Abend, direkt hinter den Fahrer auf einen freien Platz. Der Bus war fast leer. Wie in Trance ließ Anja die Menschen, Autos und Häuser zwischen den nächsten drei Haltestationen an sich vorüberziehen. Als sie den Schriftzug des Pizzabringdienstes sah, stand sie wie gewohnt auf und stellte sich zur mittleren Tür des Busses, die wenige Sekunden später durch den Fahrer geöffnet wurde. Sie stieg aus und ging die etwa hundert Meter zu dem Haus, in dem sie mit ihrem Freund gemeinsam im vierten Stockwerk eine kleine, aber gut geschnittene Dachwohnung bewohnte. Wie immer leicht außer Atem, schloss sie ihre Wohnungstür auf und ging hinein. Sie schob die Tür hinter sich wieder zu und legte ihren Schlüssel auf die schmale Konsole, die zwischen dem Eingang und der Tür zum Badezimmer stand. Dann kontrollierte sie kurz den Anrufbeantworter, dessen Lämpchen keine eingegangenen Anrufe anzeigte. Ihre Wohnung hatte keinen Flur, und so stand sie schon direkt im Wohnzimmer, von wo aus zwei Türen in Küche und Schlafzimmer führten. Gegenüber lockerten drei große Gauben die Dachschräge auf. Sie ging zu ihrem Fernseher, legte ihre Handtasche in den Sessel und schaltete einen Musikkanal ein. Anja sah kurz auf die Wanduhr und öffnete den Knopf ihrer Hose, um noch schnell zu duschen, bevor sie sich mit Frank treffen würde, als es klingelte. Sie schloss den Knopf wieder, ging zur Tür und nahm den Hörer der Gegensprechanlage ans Ohr. „Hallo?”
Erschrocken zuckte sie zusammen , als es nur wenige Zentimeter von ihr entfernt an der Wohnungstür klopfte. Anja hängte den Hörer wieder ein und sah durch den Spion in den Hausflur. Verblüfft erkannte sie den Mann von der Gemeindeverwaltung, der am Vormittag mit seinen Unterlagen in der Arztpraxis gewesen war. Sie wusste, dass er sie durch die geschlossene Tür hören konnte, wenn sie nur laut genug sprach. „Was wollen Sie denn hier?” Anja war über die Aggressivität in ihrer Stimme selbst erstaunt.
Trotzdem antwortete er freundlich, mit einem Lächeln um
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