Last days on Earth: Thriller (German Edition)
unterdrückt fluchen.
Er wandte den Blick von dem Generator und sah Tora an. Sie erwiderte seinen Blick ohne einen Funken Sympathie. »Keine Mätzchen«, sagte sie warnend. »Denk nicht, ich würde zögern abzudrücken.«
»Was habt ihr vor?«, fragte Raoul. »Das hier – ist das dein Werk? Die Tür war meisterhaft gesichert. Das kann nur jemand bewirkt haben, der überragende Kräfte besitzt.«
Die Großmeisterin verzog die Lippen zu einem freudlosen Lächeln. »Raoul Winter«, sagte sie, »du bist ein verdammter Idiot.« Mehr nicht. Dann ließ ein Ausruf Karlas sie den Kopf wenden. »Findest du es heraus?«, fragte sie.
»Ich denke, ja«, kam die gedämpfte Antwort. »Ich muss in das Ding hinein, aber ich habe gerade eine Art Wartungsklappe gefunden.« Etwas schepperte zu Boden.
Raoul nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit. Er machte einen Schritt auf den Generator zu und sah verblüfft, wie seine Hand sich hob und eine Abdeckung öffnete, hinter der ein Bedienfeld sichtbar wurde.
Er hörte, wie Tora »Nein!« schrie und ein Schuss knallte. Eine unsichtbare Faust schlug sein Bein unter ihm weg, er knickte ein und hielt sich an der Maschine fest. Immer noch bewegten sich seine Finger selbsttätig, glitten über das Bedienfeld und betätigten Knöpfe, Regler … Raoul öffnete den Mund, um zu schreien. Sein Bein – was war mit seinem Bein? Er krümmte sich keuchend, als der Schmerz einsetzte.
Dann stand Tora-san über ihm und richtete die Pistole auf ihn. »Es tut mir leid«, sagte sie und drückte ab. Der Schuss traf ihn wie eine Dampframme in die Brust und schleuderte ihn gegen die Maschine.
Er hörte Karla schreien. Sie tauchte hinter dem Generator auf und kam mit aufgerissenen Augen auf Tora zu. »Verdammt, war das nötig?«, schrie sie. »Ich weiß, wie man das Ding …«
Er hörte nicht mehr zu. Wie erstaunlich, aber es tat nicht weh. Sein Blut durchnässte seine Kleider, floss auf den Boden. Er lag auf dem Rücken und starrte auf die schwache gelbe Lampe über seinem Kopf. Schwach. So schwach …
Leb wohl, Dummkopf, hörte er Brad flüstern. War nett mit dir. Fahr zur Hölle …
Etwas riss. All die kleinen Wurzeln und Verbindungen, die ihn und Brad zu einer Einheit machten. Er konnte spüren, wie jede einzelne zerfetzt wurde, wie sein Daimon sich Stück für Stück von ihm löste. Ein Daimon verließ seinen Wirt nur, wenn dieser im Sterben lag …
Das schwache gelbe Licht wurde dunkler und erlosch.
12. 19. 19. 17. 18.
»… war das nötig? Ich weiß, wie man das Ding abstellt«, schrie Karla. Sie sah, wie Raoul zu Boden fiel. Blut tränkte seine Kleider und den Boden. Viel zu viel Blut. Karla konnte die Essentia fühlen, die er verlor. Er starb.
»Tora, das …« Sie keuchte. Eindringen. Kaltes, unbarmherziges Krallen und Greifen. Ihr Bewusstsein rang mit dem, was in sie hineindrängte, ihre Gegenwehr beiseitewischte wie die schwachen Bemühungen eines Kindes, sich breitmachte, seine Wurzeln in den vorbereiteten Boden senkte, sich mit ihren Gehirnzellen verschränkte, sich genüsslich zurechtsetzte und daranmachte, sie aus ihrem eigenen Bewusstsein zu verdrängen.
Pouru…Pourudhâxshtay, dachte sie mühsam, und das hielt den Daimon einen winzigen Augenblick in seinem Werk der Okkupation auf. Diesen Moment des Zögerns nutzte sie und löste die Sigille aus, die in einem Winkel ihres Gehirns geschlummert hatte. Der Bann fiel auf den überraschten Daimon und ließ ihn erstarren. Karla befreite sich aus der Bewegungslosigkeit, in der er sie hielt, und krächzte: »Jetzt! Schnell …«
Sie spürte den Austreibungszauber, der sie und den Daimon traf, beinahe körperlich. Mit einem Schmerzenslaut sank sie vornüber auf Hände und Füße, während der Daimon aus ihr herausgerissen und wie von einem unsichtbaren Sturmwind davongewirbelt wurde, zurück in die Sphäre, aus der er stammte. Sein unhörbarer Schrei gellte durch ihr Bewusstsein, ließ sie ertauben und erblinden. Sie rang keuchend nach Atem und sank auf den Boden.
»Steh auf!«, hörte sie einen Befehl. Jemand versetzte ihr eine Reihe von schnellen Ohrfeigen. Karla schnappte nach Luft und setzte sich auf. Tora-san stützte sie und sah sie an.
Karla wischte sich über den Mund und nickte. »Er ist fort.«
Die Großmeisterin reichte Karla die Hand und zog sie auf die Füße. »Kümmere dich um ihn. Schnell, Kind. Er verblutet.«
Karla kniete schon neben Raoul. Sie riss sein Hemd auf und legte ihre Hände auf die
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