Last days on Earth: Thriller (German Edition)
verpassen. Er ist kein echter Sammler wie ich, verstehst du? Er hortet nur Schätze.« Er verzog abschätzig das Gesicht. Seine Schuppen schimmerten wie Juwelen im Licht des Feuers. »Können wir das Thema wechseln? Der Gedanke an Norxis verursacht mir Sodbrennen.« Er beugte sich vor und zog das Backgammonbrett unter dem Tisch hervor. »Machen wir es wie immer? Du stellst die Steine auf, und ich schlage dich vernichtend.«
12. 19. 19. 04. 01.
Sie fühlte sich so elend, dass sie noch nicht einmal die Kraft aufbrachte, ihn zu beschimpfen. Karla klammerte die Hände um die Tasse mit heißer Brühe und bemühte sich, nicht am ganzen Leib zu schlottern. »Decke«, sagte sie mit klappernden Zähnen. Kit legte ihr eine zweite, dicke Decke um die Schultern und hockte sich dann neben sie aufs Bett, um ihre Füße zu reiben.
»Trink die Brühe«, sagte er. »Und du solltest auch noch Wasser trinken. Oder Tee, wenn du lieber etwas Heißes hättest.« Seine Stirn war gerunzelt, und er mied ihren Blick.
Karla trank und stöhnte unterdrückt. »Mir ist kotzübel.« Sie betastete vorsichtig die wunde Stelle an ihrem Hals.
»Sei froh, dass du noch lebst.« Kit knetete ihre Füße so fest, dass Karla jammerte.
»Lass das. Kit, nimm deine Hände da weg, oder willst du mir zu allem Überfluss auch noch die Zehen brechen?«
Er ließ ihren Fuß fallen und verschränkte mit grimmiger Miene die Arme vor der Brust. Mit gesenktem Kopf funkelte er sie durch das Haar, das ihm über die Augen fiel, zornig an. »Du hast mich ohne Entschuldigung sitzen lassen«, zählte er auf. »Dann kommst du an und beschimpfst und provozierst mich, während ich vor Hunger beinahe sterbe. Was hast du erwartet? Ich halte mich für recht beherrscht, aber das war eine Probe, die keiner meiner Art bestanden hätte.«
Karla trank die Brühe aus und stellte die Tasse weg. Sie rieb sich mit beiden Händen fest übers Gesicht, um das taube Gefühl zu vertreiben. Das Gift verlor langsam seine Wirkung, aber die Kälte, die in ihren Knochen nistete, machte ihr zu schaffen. Der Blutverlust war nicht schlimm, es konnte nicht sehr viel mehr als ein halber Liter gewesen sein. Ein ruhiger Sonntag mit viel Schlaf und ein paar guten Mahlzeiten, und sie hatte das kompensiert. Aber das Gift und noch mehr der Schock über das, was geschehen war, machten ihr heftig zu schaffen.
»Kit«, sagte sie leise, »ich stelle immer wieder fest, dass ich zu wenig über dich und deine Art weiß. Ich habe dich behandelt wie einen Menschen – einen Taggeborenen. Mein Fehler.« Sie streckte die Hand aus, zögerte, berührte dann sanft seine geballte Faust. »Weil ich das weiß, versuche ich im Moment, nicht böse auf dich zu sein. Aber ich bin bis ins Mark erschüttert. Und am liebsten möchte ich jetzt gehen und dich nie wieder sehen müssen.«
Sein Gesicht verlor den angriffslustigen Ausdruck, und er senkte die Lider. »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, murmelte er. »Das hätte nicht geschehen dürfen. Wenn ich nicht hungrig gewesen wäre, hätte ich mich auch besser beherrschen können.«
»Ich wusste nicht …«, begann Karla. »Ich dachte, du nährst dich von deinen Mädchen.« Das war kein Thema, das sie mit ihm je besprochen hatte. Sie mieden es beide strikt, von seinem Gewerbe zu reden. Karla wusste, dass die »Mädchen« vor allem den Vampiren der Stadt als Nahrungsquelle dienten. Der andere Aspekt ihrer Tätigkeit war nebensächlich, zumindest hatte Karla den Eindruck gewonnen, dass dem so war.
Sie musterte Kit. Er sah sie immer noch nicht an, aber seine Stimme bebte vor Empörung, als er ihr antwortete. »Wie kannst du das denken? Ich würde niemals so etwas tun. Du bist meine Delicata. Wie könnte ich von einer anderen trinken?«
Karla schnaubte. »Sieh mich an«, sagte sie scharf. »Kit Marley, Nachtgeborener! Du hättest mich beinahe getötet. Dein Gift fließt durch meine Adern. Bin ich damit nun infiziert?«
Kit riss den Kopf herum, kreidebleich. Sein Mund öffnete sich, formte Worte, die nicht ausgesprochen wurden. Er streckte die Hände nach ihr aus. Endlich drang ein Laut über seine Lippen, der ein Stöhnen, fast ein Schrei war. »Nein«, stieß er hervor und griff nach ihren Händen, um sie zu umklammern. »Nein, Karla! Ich habe nicht genug von dir genommen, und du hast nicht von mir getrunken. Lovey, ich würde das niemals ohne deine Einwilligung tun. Niemals!«
Karla wurde wider Willen von seiner echten Qual gerührt. Sie erwiderte den
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