Last days on Earth: Thriller (German Edition)
noch etwas sagen oder tun würde, aber als er sich nicht regte, nickte sie resigniert und ging zur Tür.
»Karla.«
Sie blieb stehen, die Hand auf der Klinke. »Kit?«
»Ich muss darüber nachdenken.« Er holte Luft. »Ich müsste mir die Erlaubnis meines Princeps einholen, mit einer Taggeborenen über Dinge zu sprechen, die zu den Interna meiner Gens gehören.«
»Deiner Gens?«
»Mein… meiner Familie. Meines Volkes.« Er klang verzweifelt, aber die Härte, die in seiner Stimme lag, ließ Karla erkennen, dass es in dieser Sache keinen Verhandlungsspielraum gab.
»Das heißt, du wirst Vittore Perfido um die Erlaubnis bitten, mit mir zu reden. Richtig?«
Er schwieg.
»Leb wohl, Kit.« Sie öffnete die Tür und ging.
Erst als sie in ihr Auto stieg, leistete sie sich den Luxus eines ausgeklügelten und wirkungsvollen Fluches, der ein Abfallhäufchen im Rinnstein in Brand setzte. Mit einer wütenden Handbewegung löschte sie den Schwelbrand und blieb eine Weile hinter dem Steuer sitzen, hin- und hergerissen zwischen ohnmächtigem Zorn und einem Schmerz, dessen Intensität sie selbst überraschte. Sie hätte nie gedacht, dass Kit sie so eiskalt abservieren würde. Natürlich war ihr immer bewusst gewesen, dass ihre Beziehung ein zerbrechliches Konstrukt war. Aber dass er so leicht und anscheinend so ungerührt das Ende in Kauf nahm, traf sie bis ins Mark. Welche Macht musste Perfido über ihn besitzen?
Sie legte mit einem wütenden Ruck den Gang ein.
12. 19. 19. 04. 01.
Karla fand Obermagister Korngold in einem der Æther-Labors, wo er mit Kveta Hegerova, der Forschungsleiterin, in eine heftige Diskussion verwickelt war. Karla blieb an der rot lackierten Tür mit dem warnenden gelb-schwarzen Æther-Zeichen stehen.
Korngold kam durch die Tür gestürmt und rannte Karla fast über den Haufen. »Van Zomeren«, bellte er. Sein Gesicht, das dunkel war vor Zorn, verfinsterte sich um eine weitere Schattierung. »Was treiben Sie hier? Warum sind Sie nicht an Ihrem Platz und tun was für Ihr Gehalt?«
»Ich muss mit Ihnen sprechen«, erwiderte Karla, ohne sich durch seinen Unmut erschüttern zu lassen. »Es haben sich einige neue Entwicklungen in der Raubsache ergeben.«
Er nickte knapp und wandte sich zum Lift. Karla folgte ihm, betrachtete die steife Linie, die seine Schultern bildeten, und die abgehackten Bewegungen, mit denen er seine Absätze auf den unschuldigen Boden rammte, und seufzte unhörbar. Sie hatte einen schlechten Zeitpunkt gewählt, um die kitzlige Frage nach den unterschlagenen Morden anzusprechen.
Korngold riss die Tür zu seinem Büro auf, dass sie gegen die Wand knallte, knurrte: »Kaffee?«, und deutete mit einer wütenden Handbewegung auf die Maschine, die auf dem Aktenschrank stand. Mit einem erschreckten Rülpser begann das Wasser zu kochen.
»Ja, danke«, erwiderte Karla und ließ sich auf den angebotenen Stuhl fallen.
»Also, was haben Sie zu berichten?«
Karla zögerte kurz. Dann zuckte sie die Achseln und ging ohne Umweg aufs Ziel los. »Die Unterlagen waren unvollständig.«
Korngold sah auf, offensichtlich verblüfft. »Bitte?«
Karla erwiderte seinen Blick nicht weniger erstaunt. »Die Raubsache, mit der Sie mich betraut haben.«
Korngolds Gesichtsausdruck änderte sich nur unwesentlich. »Ich weiß, welchen Fall Sie bearbeiten«, blaffte er. »Was meinen Sie mit ›unvollständig‹?«
Karla bemühte sich um einen neutralen Ton. »Die beiden Morde«, erwiderte sie geduldig. »Der Wachmann im Schloss Riebenberg und der Wächter in der Staatlichen Bibliothek.«
Korngold starrte sie an, als hätte sie plötzlich Mandarin zu sprechen begonnen. »Morde«, wiederholte er dann. Er stand auf, um Kaffee in zwei angestoßene Becher zu gießen.
Karla stellte das Gebräu, das in Farbe, Geruch und Konsistenz kochendem Teer glich, auf den Tisch und sah den Obermagister fragend an. Der trank in grimmigem Schweigen seinen Kaffee und starrte auf seine Unterlagen hinab, als wären sie das Necronomicon persönlich.
»Wir wissen nichts von irgendwelchen Morden«, sagte er. »Magister Beck und die Spurensicherung waren in beiden Fällen vor Ort und haben einen Einbruch aufgenommen. Keine Leichen, Magistra van Zomeren.«
»Wir haben mit der Kuratorin selbst gesprochen«, gab Karla scharf zurück. »Wollen Sie sagen, sie lügt?«
»Natürlich nicht!« Korngold stellte den Becher so heftig ab, dass Kaffee auf die Tischplatte spritzte. »Aber ich befürchte, dass jemand ihre
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