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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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untergeschlagenen Beinen auf ihrem Kissen
saß und ungerührt ihre Zigarette rauchte.
    Â»Wie hast du das angestellt?« Wenn es so ging, wenn dazu kein Daimon
nötig war, warum …
    Sie schüttelte den Kopf, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Das
kann ich niemanden lehren, Raoul.«
    Er nickte mit zusammengebissenen Zähnen. Sie war der Roshi. Tora-san
war unbestrittene und unangefochtene Großmeisterin des Schwarzen Zweiges und
würde es wohl in alle Ewigkeit bleiben. Niemand wusste, wie alt sie war, obwohl
sie gelegentlich darauf bestand, ihren Geburtstag zu feiern. Den sechzigsten.
Immer den sechzigsten. Seit er bei ihr eingezogen war, als Kind, hatte er fünf-
oder sechsmal diesen Geburtstag mit ihr gefeiert. Es hatte ihn anfangs
belustigt, aber inzwischen fürchtete er sich beinahe davor, dass sie ihn erneut
zum Geburtstag einladen würde. Es war, als hielte für sie sogar die Zeit an.
    Ihr stetiger Blick, der immer noch tief in sein Innerstes zu schauen
schien, machte ihn nervös. Sie hatte ihn sondiert. Sie kannte seine Seele und
all ihre Untiefen bis in die kleinste, schmutzige, rabenschwarze Verästelung.
Das war keine neue Erfahrung für ihn, denn natürlich hatte Tora während seiner
Ausbildung häufig in seinen Geist geblickt. Aber er ging nun schon lange seiner
Wege, und nicht alles, was er in seinem Leben tat, würde ihre Billigung finden.
Der Gedanke beunruhigte ihn.
    Â»Ich habe dich zu lange belästigt«, sagte er und stand auf. Er legte
die Hände zum Gruß zusammen.
    Tora nickte knapp. »Du bist immer willkommen.« Sie sah ihm nach.
»Halte mich auf dem Laufenden.«
    Er war lange durch die Nacht gelaufen, hatte gar nicht bemerkt,
wohin ihn seine Schritte trugen. Als eine Stimme ihn anrief: »He, Alter. Hast
du mal ’ne Fluppe?«, kehrte er ruckartig in die Realität zurück.
    Â»Oder Geld?« Das war eine Frauenstimme.
    Raoul wandte sich um und sah sich drei abgerissenen Gestalten
gegenüber. Die eine schien ein Vampir oder Dhampir zu sein (das war auf den
ersten Blick nicht zu sehen, aber die relativ kräftige Hautfarbe ließ vermuten,
dass ein menschlicher Elternteil im Spiel gewesen sein musste). Die zweite war
ein überaus stark behaarter junger Mann mit kräftigem Raubtiergebiss, die
dritte ein Mädchen, das bei näherem Hinsehen die kalten, lidschlaglosen Augen
einer Schlange hatte. Also eine Nagi oder etwas in der Art.
    Raoul seufzte und fasste seinen Stock fester. »Ich rauche nicht«,
sagte er.
    Â»Dann Geld«, wiederholte die Schlangenfrau. Sie streckte eine
langfingrige Hand nach ihm aus und befühlte den Stoff seines Mantels. »Du hast
Geld, das kann ich riechen.« Eine gespaltene Zunge schnellte aus ihrem Mund.
    Raoul griff in seine Tasche. Für ähnliche Fälle führte er immer ein
wenig Kleingeld lose mit sich.
    Der Werwolf näherte sich und schnüffelte. »Magier«, sagte er mit
heiserer Stimme. Er zog die Lippen zurück und knurrte.
    Â»Immer mit der Ruhe, Waldi«, sagte Raoul. Er streckte die Hand aus
und ließ die Münzen aufs Pflaster fallen. Sie klimperten und rollten davon, und
die Blicke der Männer folgten ihnen unwillkürlich. Das wäre der Moment gewesen,
in dem Raoul sich unauffällig davongemacht hätte, aber die Nagi starrte ihn
nach wie vor an.
    Sie lächelte. »Du bist geizig, reicher Mann.« Sie trat noch näher.
    Raoul hob widerstrebend seinen Stock. Der Vogelschnabel deutete auf
die Frau. »Bleib stehen«, sagte er leise. »Nehmt das Geld, geht eurer Wege. Ich
will niemandem wehtun.«
    Â»Nehmt ihn euch vor, Jungs«, rief die Nagi.
    Der Wolfsmann verwandelte sich und sprang, während der Halbvampir
noch eine Münze vom Pflaster klaubte.
    Raoul flüsterte ein Wort der Macht, das grell aufleuchtete und
zwischen ihm und dem Werwolf eine Wand aus Licht errichtete. Er hörte, wie der
Wolf aufheulte und das Schlangenmädchen schrie. Der Dhampir sprang durch die
Barriere und rannte auf Raoul zu. Der Mistkerl war magieresistent, wie die
meisten seiner Art. Raoul hob ein zweites Mal seinen Stock, um den Angreifer
damit niederzuschlagen, aber bevor er die Bewegung vollenden konnte, hörte er
einen dumpfen Laut, wie eine zuschlagende Autotür.

 

    12. 19. 19. 04. 00.
    Er stand am Waschbecken und sah zu, wie rötlich gefärbtes
Wasser gurgelnd in den Abfluss lief. Seine Hände

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