Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
einschlossen. »Donnerwetter«, sagte er nach
einer Weile. »Wie haben Sie diese Illusion erzeugt?«
    Karla lachte. »Und wenn ein Dunkelmagier in eine morphische
Verwerfung fällt, wird er noch › Betrug‹ schreien.«
Sie brachte die Ordnung im Regal wieder durcheinander. Dann betrachtete sie die
Feldenergie, schätzte ihre Stärke ab und entschied, dass es zu schade war, sie
einfach nur abzuleiten. Sie würde damit ihr Depot aufstocken. Man konnte nie
wissen. Wenn dies eine Morduntersuchung wurde, dann konnte sie die Extraration
sicher noch irgendwann brauchen.
    Karla drehte sich um. Die aufgenommene Energie prickelte durch ihre
Leitungen und ließ die Konturen der Dinge funkeln. Ein neues Depot von
Sheldrake-Energie hatte auf sie immer die Wirkung eines starken Aufputschmittels,
und dieser Effekt würde noch eine Weile anhalten. Karla musste an sich halten,
um nicht loszulachen. Es war wie ein Schwips, aber ohne die benebelnde Wirkung,
die Alkohol auf sie hatte. Sie fühlte sich im wahrsten Sinne energiegeladen.
»Kommen Sie, Raoul. Weg mit den Fotos. Lassen Sie uns ein bisschen
herumschnüffeln und die Tatorte besichtigen.«
    Er sah verblüfft aus. »Gut. Ich ziehe mich nur schnell an.«
    Während sie im Wohnzimmer auf ihn wartete, betrachtete Karla die
Bilder an den Wänden.
    Â»Ist das ein Familienmitglied?«, empfing sie Raoul, als er
hereinkam. Zu ihrer Erleichterung hatte er sich nicht so fein gemacht wie bei
ihrem letzten Zusammentreffen, sondern trug eine schwarze Jeans und ein dunkles
Hemd darüber. Eine dünne Silberkette lag um seinen Hals, an der ein Anhänger zu
baumeln schien – ein Drudenfuß? Sie konnte es nicht erkennen.
    Er stellte sich neben sie und sah das Bild an, als wäre es ihm
fremd. Es zeigte einen hageren, melancholisch aussehenden Mann in mittleren
Jahren. Seine Gestalt lag beinahe vollständig im Dunkeln, nur das Gesicht und
die Schultern wurden wie von einem Strahl Mondlicht hervorgehoben. Er lächelte
nicht, und sein hohlwangiges Gesicht trug einen strengen, düsteren Ausdruck.
    Â»Mein Großvater«, sagte Raoul. »Jonathan Winter. Er war Alchemist
und Erfinder.«
    Â»Er sieht nicht sehr freundlich aus.«
    Â»Ich habe ihn nie kennengelernt.« Raoul wandte sich ab. »Aber ihm
verdanke ich meine relative finanzielle Unabhängigkeit. Deshalb hat sein Bild
hier einen Ehrenplatz. Gehen wir?«
    Im Hinausgehen griff er nach einer Lederjacke, die an der Garderobe
hing, und zog sie an. Karla sah ihn von der Seite an. So salopp gekleidet sah
er jünger und ein bisschen verwegen aus. Sein Stock mit dem Vogelkopf wirkte
allerdings deplatziert. Er bemerkte ihren Blick und grinste. »Arbeitsgerät.«
    Karla erwiderte das Lachen. Sie war immer noch high genug, um alles
amüsant zu finden. Die Wirkung würde in den nächsten Stunden nachlassen, aber
noch genoss sie es.
    Â»Ihr Wagen oder meiner?« Sie deutete auf ihren Honda mit seinem verbeulten
Kotflügel.
    Raoul rief: »Um keinen Preis bekommen Sie mich in diese
Zigarettenschachtel!«, und griff nach ihrem Ellbogen, damit sie stehen blieb.
»Warten Sie hier.«
    Er ging wieder ins Haus, und wenig später öffnete sich das Tor der
Tiefgarage und der dunkelrote Jaguar fuhr heraus. Karla pfiff anerkennend,
strich mit der Hand über den glänzenden Lack und stieg ein.
    Â»Wohin?«, fragte Raoul und ließ den Wagen anrollen. Der Motor
schnurrte wie die große Katze.
    Karla blätterte in ihren Unterlagen und nannte die Adresse des
Schlosses, das heute ein Museum war. Mit ein bisschen Glück würden sie dort
noch jemanden antreffen, der sie einlassen konnte.
    Â»Erzählen Sie mir von sich«, brach Raoul das Schweigen.
    Karla wandte den Kopf und sah ihn an. Sein adlernasiges Profil
wirkte so düster wie das Bild eines mittelalterlichen Geisterbeschwörers. Er
sah seinem Großvater erstaunlich ähnlich.
    Â»Was wollen Sie wissen?«, fragte sie zurück. So energiebesoffen war
sie nicht, dass sie ihm hier ihre Lebensgeschichte zu erzählen gedachte. Aber
seine Frage war berechtigt, denn immerhin waren sie jetzt für eine Weile
Partner. Wenn es eng wurde, musste man wissen, worauf man sich verlassen konnte – und worauf nicht.
    Â»Was sind Sie privat für ein Mensch? Was haben Sie für Vorlieben und
Abneigungen? Was bringt Sie auf die Palme?« Er wandte kurz den Blick von der
Straße,

Weitere Kostenlose Bücher