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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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seine Hand
fallen. Sie schloss die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Raoul sah,
wie sie ihr Zittern zu unterdrücken suchte. Er musterte die Tür. Alarmsicherung
hin oder her – mit einem einfachen Sprengzauber wäre er im Nu durch das Glas.
    Â»Magieresistent«, flüsterte Karla, die diese Überlegung anscheinend
auch schon durchexerziert hatte. »Vergiss es.«
    Korngold hatte sich mit Karlas Medaillon zur Pförtnerloge begeben
und es dort in eine Art Lesegerät geschoben. Er sah auf, Sorgenfalten auf der
Stirn. »Magistra van Zomeren, ich darf Sie nicht gehen lassen. Das hier ist in
jeder Hinsicht alarmierend. Was haben Sie um Lughs willen angestellt? Haben Sie
die Seiten gewechselt?«
    Karla hustete vor Überraschung und begann zu lachen. »Obermagister«,
keuchte sie, »wohin hätte ich überlaufen sollen? Zu den Unbegabten? Zum
Schwarzen Zweig?«
    Er lachte nicht mit. »So etwas wie das hier«, er hielt das purpurrot
flackernde Medaillon hoch, »kann keinem Mitglied des Weißen Zweiges gehören.
Die Werte, die ich hier lese, sind absurd. Das würde ich erwarten, wenn Sie von
einem Daimon übernommen oder eine Exsanguinikerin oder ein Nichtmensch wären.
Ich erwarte eine Erklärung, Frau van Zomeren.«
    Karla biss die Zähne so fest zusammen, dass Raoul es knirschen
hörte. »Das Messgerät hat eine Fehlfunktion, ich sagte es bereits«, erwiderte
sie gepresst. »Ich möchte jetzt bitte durch diese Tür
gehen. Sie haben keine Befugnis, mich hier festzuhalten, Obermagister.«
    Â»Karla«, murmelte Raoul. Der Gesichtsausdruck des Hexers sprach
Bände. Karla würde schneller in einem Verhörzimmer oder einer Arrestzelle
landen, als sie bis drei zählen konnte, wenn sie so weitermachte.
    Â»Obermagister Korngold«, sagte er laut.
    Der Hexer sah ihn an, als hätte er Raouls Anwesenheit völlig
vergessen. »Ich bitte um Verzeihung für die Unannehmlichkeiten. Sobald Magistra
van Zomeren die Tür freigibt, können Sie selbstverständlich gehen.«
    Â»Ich wollte vorschlagen, dass Sie Frau van Zomeren in meine Obhut
geben«, sagte Raoul in versöhnlichem Ton. »Sie ist krank und benötigt dringend
ärztliche Hilfe. Ich verspreche Ihnen, gut auf sie aufzupassen und sie, sobald
sie wieder auf den Beinen stehen kann, hierher zurückzubringen.« Seine Stimme
war tief und beruhigend. Er fixierte Korngold mit starrem Blick, und seine
Finger bewegten sich unmerklich zu seinen Worten. Es kam darauf an, wie sehr
Korngold abgelenkt war – von dem Alarm, von Karlas unerklärlichem Zustand, von
den Umständen, von seinem Zorn …
    Es hätte beinahe geklappt. Die Lider des Obermagisters flatterten,
er schwankte am Rande der Trance. Dann schüttelte er energisch den Kopf, riss
seinen Blick los und streckte das Kinn vor. »Unterlassen Sie das, Dunkelmagier«,
sagte er scharf. »Sind Sie für Magistra van Zomerens Zustand verantwortlich?«
    Raoul hob die Schultern. »Nein«, sagte er. »Aber ich weiß, was ich
dagegen unternehmen kann. Wenn Sie Karla hier festhalten, wird sich ihr Zustand
rapide verschlechtern. Sie setzen ihr Leben aufs Spiel.«
    Korngolds Augen verengten sich misstrauisch. »Was auch immer Sie
beide vorhatten, muss leider warten, bis ich vollständige Aufklärung erhalten
habe. Magistra van Zomeren, Sie sind verhaftet – und sei es zu Ihrem eigenen
Schutz. Herr Winter, Sie unterliegen nicht der Zuständigkeit des Weißen
Zweiges. Verschwinden Sie! Ich werde den Schwarzen Zweig um eine offizielle
Untersuchung des Vorfalles und Ihrer Beteiligung daran bitten.«
    Raoul drehte sich zu Karla um. Sie lehnte zusammengesunken an der
Tür. Ihr Gesicht erschien blass und fiebrig zugleich. »Hau ab!«, sagte sie.
»Ich habe nichts getan, sie müssen mich früher oder später laufen lassen.«
    Â»Karla …«
    Â»Geh! Kümmere dich um unseren Fall.« Sie hob den Kopf und sah ihn
beschwörend an. »Geh ins Hotchpotch, heute Abend. Frag nach Sonny. Er hat
Informationen für uns.«
    Korngold hatte inzwischen drei Uniformierte zurückgerufen. Zwei von
ihnen nahmen Karla in ihre Mitte. Raoul sah die verwunderten Blicke, die sie
ihr und ihm zuwarfen.
    Dann erloschen endlich die Alarmlampen, die Türverriegelung
schnappte auf. Raoul zögerte. Er sah, wie Karla von den beiden Männern in einen
Aufzug

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