Last days on Earth
schien erhöht zu liegen. In
der Ferne konnte sie den Widerschein des Lichts erkennen, das die Stadt in den
Himmel schickte. Sie mussten sich auf einem der kleinen Hügel befinden, die am
Rande des Stadtgebietes lagen.
»Kommen Sie«, sagte Faustina.
Wieder stand Karla in einer Halle. Ãberall funkelte Kristall,
glänzte poliertes Holz, schimmerte kostbare Vergoldung. Der Boden war aus
glattem Marmor, die Türen aus Tropenholz, in das Intarsien aus Elfenbein und
Halbedelsteinen gearbeitet waren, die Decken mit Stuck und pastellfarbener
Malerei versehen. Bodentiefe Fenster blickten zum Park hinaus.
»Das ist â prachtvoll«, sagte Karla, die der Luxus beinahe erschlug.
»Aber es ist keine sehr praktische Umgebung für Nachtgeborene.« Sie wies auf
die Fenster.
Faustina lächelte. »Elektronisch gesteuerte Verdunkelung«, erwiderte
sie. »Gekoppelt an eine Uhr und an Tageslichtsensoren. Keine Sorge, Karla,
unser Princeps hat an alles gedacht.«
Unser Princeps. Karla schluckte. »Ich will aber nicht â¦Â«,
begann sie zu protestieren.
»Nicht«, sagte Faustina begütigend. »Regen Sie sich nicht auf. Ihr
Herz ist ohnehin überlastet.« Sie nahm Karlas Ellbogen und führte sie zur
Treppe, die in einem weiten Bogen ins Obergeschoss führte. »Wir werden Sie zu nichts
zwingen.«
Karla ergab sich der ungewohnten Fürsorge. Faustina brachte sie im
ersten Stock in ein kleines, behaglich eingerichtetes Gästezimmer. Karla lieÃ
sich mit einem Seufzer auf das weiche Bett sinken. »Eine Dusche«, sagte sie
sehnsüchtig. »Frische Kleider.«
Die Vampirin öffnete die Tür zum Nebenzimmer, das sich als kleines
Bad entpuppte. »Kleider in Ihrer GröÃe finden Sie im Schrank. Aber jetzt machen
Sie es sich bitte bequem, denn heute Nacht werden wir uns zunächst darum
kümmern, dass Sie wieder ins Gleichgewicht kommen. Das Oberhaupt unserer Gens
erwartet Sie erst morgen. Bis dahin werden Sie sich etwas erholt haben.« Sie
neigte den Kopf und sah Karla prüfend an. »Ich muss Sie etwas Persönliches
fragen: War derjenige, der Sie eingeführt hat, männlich oder weiblich?«
»Bitte?«, fragte Karla irritiert.
»Ein Mann oder eine Frau? Wie ist Ihre Orientierung?« Faustina
breitete entschuldigend die Hände aus. »Ich muss Sie das fragen, mein Kind. Wir
sollten dem gewohnten Muster folgen, wenn wir Sie einstellen.«
Karla verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich â¦Â«, begann sie,
schüttelte den Kopf und lachte. »Ein Mann. Danke.«
»Bis gleich«, sagte die Vampirin. Sie berührte Karlas Wange mit zwei
Fingern und ging dann leise hinaus.
Karla legte sich zurück und blickte an die Decke. Es war verlockend,
einfach liegen zu bleiben, aber sie konnte sich selbst nicht mehr riechen und
wollte aus den Kleidern heraus, die ihr am Leib klebten.
Die Dusche war heià und belebend. Karla frottierte sich ab, wickelte
sich in das groÃe Badetuch und ging zurück ins Zimmer. »Hu«, machte sie und
prallte zurück.
Auf der Bettkante saà ein junger, ausgesprochen gut aussehender Mann
und sah sie an. »Ich bin Maurizio«, sagte er, stand auf und reichte ihr die
Hand. Dunkle Locken, samtbraune Augen, geschwungene Lippen â er sah aus, als
wäre er einem Gemälde entsprungen. Dass er Jeans und ein schwarzes T-Shirt
trug, tat dem keinen Abbruch, obwohl Karla nicht umhinkonnte, ihn sich mit seidenen
Kniehosen und blendend weiÃen Spitzenjabots vorzustellen.
Sie ertappte sich bei einem Lächeln. »Ich bin nicht angezogen.«
»Das macht nichts«, erwiderte er ernsthaft.
Karla gluckste. »Mir schon.«
»Oh, Pardon.« Er errötete ein wenig und drehte sich um.
Karla lieà das Handtuch fallen und flüchtete sich hinter die
geöffnete Schranktür. »Was kann ich für Sie tun, Maurizio?«
»Oh, es ist umgekehrt«, hörte sie ihn antworten, während sie in eine
Hose und ein Sweatshirt schlüpfte.
»Umgekehrt?« Sie schloss den Schrank und sah ihn fragend an.
»Ich bin Ihr Begleiter«, erklärte er mit einer graziösen
Handbewegung.
Karla hob fragend die Brauen. »Ich verstehe nicht?«
»Faustina schickt mich. Sie müssen eingestellt werden.« Er runzelte
die Stirn. »Und zwar dringend, wie ich bemerken möchte. Ihre Vibrationen
versetzen das ganze Haus in Aufruhr.«
»Oh!« Karlas
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