Last days on Earth
unbeholfen
und stumm auf die Schulter, warf Karla eine Kusshand zu und lieà sie allein.
Raoul sah ihm hinterher und schüttelte in einer Mischung aus Rührung und
Gereiztheit den Kopf. »Die beiden sind immer so besorgt«, sagte er. Dann schob
er Karla die Notizen wieder hin und sagte: »Ich kapituliere.«
Karla grinste und sah zu, wie er geschickt Spaghetti auf seine Gabel
drehte. »Sieh dir nur die Banken und die Fluglinien an.«
Raoul zog den Zettel wieder heran und blickte darauf, während er aÃ.
»Banken eben«, sagte er. »Und Fluglinien.« Er hob die Schultern. Sein Gesicht
war zum ersten Mal, seit Karla heute auf ihn getroffen war, wieder entspannt.
»Die Fluglinien.« Sie klopfte darauf. »Sieh hin! Was fehlt?«
Er tat es. Verglich mit den anderen Daten. »Es ist keine einzige
Fluglinie dabei, die einem Drachen gehört.«
»Und jetzt die Banken.«
Wieder senkte sich sein Blick. »Hier müssen ja Drachen auftauchen.
Alle Banken gehören â¦Â« Er verstummte. Blätterte. Runzelte die Stirn.
»Credit Suisse«, murmelte er. » UBS . Zürcher
Kantonalbank. Schweizer Gnomenschaftsbank.« Er sah auf. »Die Schweizer Banken
sind die einzigen Institute auf der Welt, die nicht den Drachen,
sondern â¦Â«
»â¦Â Gnomen gehören«, ergänzte Karla. »Also? Schlussfolgerung?«
Raoul fuhr sich mit der Hand über die Haare. »Die Drachen?«, sagte
er ungläubig. »Warum sollten Drachen ⦠Panik stiften? Terror verbreiten?
Das schadet doch dem Geschäft.«
»Wir wissen es nicht.« Karla stach in ihre erkaltende Pasta, drehte
eine Gabelvoll, legte sie ab. »Du hast doch deinen Drachenfreund. Was würde
geschehen, wenn du ihn fragst, was er darüber denkt â oder weiÃ?«
Lautlos tauchte Faustina neben ihrem Tisch auf. Sie blickte auf
Karlas Teller und zog die Brauen zusammen. »Du musst essen, Kind. Du bist viel
zu dünn.« Sie lieà sich auf einen Stuhl sinken. Ihr prüfender Blick wanderte
von Karla zu Raoul. »Wie geht es dir?«
Raoul senkte den Kopf. »Bene, Faustina. Etwas durcheinander, aber
gut.«
Sie nickte ernst. »Karla hat auf dich achtgegeben. Das war ein
Segen.«
»Ein Segen«, bestätigte Raoul leise. Er mied Karlas Blick. »Was ist
mit ihr, Faustina? Ist sie krank?«
Die Vampirin lächelte. »Frag sie selbst, Raoul.«
Er lieà Faustina nicht aus dem Blick. »Was habt ihr mit ihr
gemacht?« Seine Stimme war sanft, aber darunter lag Stahl.
Karla wollte etwas sagen, aber er hieà sie mit einer Geste
schweigen. Er fixierte die Vampirin, die seinen Blick ungerührt erwiderte. »Wir
haben ihr das Leben gerettet. Sie ist eine Generartrix. Es gibt nicht viele
ihrer Art.«
»Und das heiÃt?«
»Ich produziere Essentia«, sagte Karla. Der Begriff saà ihr nach all
den Monaten immer noch wie Salzsäure in der Kehle. »Und zwar zu viel davon. Es
stimmt, Raoul, sie haben mir das Leben gerettet.« Sie verzog das Gesicht. »Aber
es ist auch wahr, dass mir einer von ihnen dieses Elend eingebrockt hat.«
»Sei nicht so bitter, Karla«, bat Faustina. »Wir tun, was wir
können. Santo ist ein guter Princeps. Er hat deinen Delicatus für seinen Fehler
bestraft.«
Karla schloss die Augen. O ja. Das hatte Perfido. Seit vier Monaten
befand sie sich in dieser demütigenden, würdelosen Zwangslage â angewiesen
darauf, dass die Gens ihr half.
»Karla?«, sagte Faustina und berührte sanft ihre Hand. »Möchtest du
ein Glas Wasser?«
Karla zwang sich zu einem Lächeln. Die Vampirin war ihre Freundin
und Vertraute in der Villa geworden. Es wäre unfair, Faustina für etwas zu
bestrafen, was andere ihr angetan hatten. »Danke«, sagte sie. »Ich könnte
allerdings etwas Stärkeres vertragen.«
Faustina stand lächelnd auf. »Ich muss wieder in die Küche. Clemente
bringt euch noch das Dessert â und etwas Stärkeres.«
»Generartrix?«, fragte Raoul.
Karla seufzte. »Kit. Mein ⦠Freund. Er hat mich infiziert, wenn
man es so nennen möchte. Ich produziere Blut und das, was die Nachtgeborenen ⺠Essentia⹠nennen. Das ist es, wovon sie sich ernähren.«
Sie lächelte schwach. »Wahrscheinlich so ähnlich wie dein Daimon, Raoul. Er
zieht es aus deinen Gefühlen, die Vampire nehmen es mit unserem Blut zu
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