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Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Titel: Last Lecture - die Lehren meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Pausch
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Leute wussten, dass ich das wusste. Mein Freund Scott Sherman, den ich gleich im ersten Semester kennenlernte, meinte rückblickend, dass es mir »an jedem Taktgefühl mangelte« und ich allgemein in dem Ruf stand, schneller als irgendwer sonst einen anderen beleidigen zu können.
    Gewöhnlich nahm ich keine Notiz davon, wie ich ankam, was wohl nicht zuletzt daran lag, dass immer alles klappte und ich akademisch erfolgreich war. Andy van Dam, der legendäre Computerwissenschaftler, der an meinem Fachbereich lehrte, machte mich zu seinem Lehrassistenten. »Andy van Demand«, wie sein Spitzname lautete, mochte mich. Ich ging so leidenschaftlich an die Dinge heran - ein guter Charakterzug. Doch wie viele Leute hatte auch ich Stärken, die zugleich meine Schwächen waren. Aus Andys Sicht war ich selbstgerecht bis zum Gehtnichtmehr,
viel zu dreist und außerdem ein unbeugsamer Querdenker, der ständig besserwisserisch seine Meinung zum Besten gab.
    Eines Tages nahm mich Andy auf einen Spaziergang mit. Er legte mir den Arm um die Schultern und sagte: »Randy, es ist ein Jammer, dass dich die Leute so arrogant finden, denn du könntest viel in deinem Leben erreichen, aber das wird dir Grenzen setzen.«
    Rückblickend betrachtet waren seine Worte ungemein wohlgesetzt. Denn eigentlich sagte er damit: »Randy, du bist ein Trottel.« Aber er brachte es mir so bei, dass ich ein offenes Ohr für seine Kritik haben konnte. Ich konnte meinem Helden, der mir etwas sagte, das mir dringend gesagt werden musste, wirklich zuhören. Es gibt die alte Redewendung vom »Onkel aus Holland«, womit eine Person gemeint ist, die dir ein aufrichtiges Feedback gibt. Heute macht sich kaum noch jemand diese Mühe, deshalb ist auch diese Redewendung vom Ruch des Altmodischen umgeben, wenn man überhaupt noch weiß, was sie bedeutet. (Und das Beste daran ist, dass Andy tatsächlich Holländer ist.)
    Seit sich meine Last Lecture im Internet verbreitete, nennen mich einige meiner Freunde amüsiert den »heiligen Randy von Pittsburgh«. Das ist ihre Art, mich an die Zeiten zu erinnern, in denen mir noch ganz andere, deutlich drastischere Beinamen gegeben wurden.
    Ich würde jedoch gerne glauben, dass meine Fehler eher sozialer als moralischer Art sind. Und was die betrifft, so hatte ich im Laufe der Jahre das große Glück, von Leuten wie Andy profitieren zu können, denen ich so wichtig war, dass sie mir aus Freundschaft die harten Dinge sagten, die mir einfach gesagt werden mussten.

15
    Cola auf dem Rücksitz
    Lange Zeit bezog ich ein Gutteil meiner Identität aus meinem Dasein als »unverheirateter Onkel«. Solange ich noch keine eigenen Kinder hatte, waren die Kinder meiner Schwester, Chris und Laura, das Objekt meiner Liebe. Ich genoss meine Rolle als Onkel Randy, der Typ, der einmal im Monat oder so in ihrem Leben auftauchte und sie dazu verleitete, ihre Welt aus eigenartig neuen Winkeln zu betrachten.
    Nicht, dass ich sie verzogen hätte. Ich wollte ihnen nur meine Sicht der Dinge vermitteln. Und das trieb meine Schwester manchmal in den Wahnsinn.
    Einmal, vor rund zwölf Jahren, Chris war sieben und Laura neun Jahre alt, holte ich sie mit meinem brandneuen VW-Cabrio ab. »Passt auf in Onkel Randys neuem Auto«, wurden sie von meiner Schwester ermahnt. »Putzt eure Schuhe ab, bevor ihr einsteigt, schmiert nichts voll, macht nichts schmutzig.«
    Ich hörte sie reden und dachte - wie es nur unverheiratete Onkel tun können: »Das sind genau die Art von Ermahnungen, mit denen du das Versagen von Kids vorprogrammierst. Natürlich werden sie mein Auto irgendwann schmutzig machen. So sind Kinder eben.« Also vereinfachte ich die Sache. Während meine Schwester noch
ihre Regeln abspulte, öffnete ich eine Coladose und goss den Inhalt über die Polster der Rückbank. Ich wollte den Kindern begreiflich machen, dass Menschen wichtiger sind als Dinge. Und ein Auto war nur ein Ding, selbst wenn es sich dabei um mein blitzsauberes neues Schmuckstück handelte.
    Während ich das Cola vergoss, beobachtete ich Chris und Laura, die sich das Schauspiel mit offenen Mündern und aufgerissenen Augen ansahen - der verrückte Onkel Randy hatte alle Erwachsenenregeln in den Wind geschlagen.
    Am Ende war ich unheimlich froh, dass ich es getan hatte, denn im weiteren Verlauf unseres Wochenendes bekam Chris die Grippe und kotzte den ganzen Rücksitz voll. Nun brauchte er sich nicht schuldig zu fühlen. Er war erleichtert, denn er hatte ja mit eigenen Augen gesehen, dass

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