Last Lecture - die Lehren meines Lebens
erzählte ich ihm die Wahrheit über mich selbst.
»Ich war genau wie du«, sagte ich. »Ich habe die Tatsachen einfach nicht sehen wollen. Aber ich hatte einen Professor, der bewies, dass ich ihm nicht egal war, und der mir die Wahrheit an den Kopf schmetterte. Und weißt du, was mich von anderen unterschied? Ich hörte ihm zu!«
Der Student riss die Augen auf. »Ich gebe zu«, sagte ich, »ich bin ein Trottel auf dem Wege der Besserung. Aber genau das gibt mir das moralische Recht, dir zu sagen, dass auch du ein Trottel auf dem Wege der Besserung sein kannst.«
Während des restlichen Semesters riss sich der Student zusammen. Er besserte sich. Ich hatte ihm einen Gefallen getan, so wie Andy van Dam Jahre zuvor mir einen getan hatte.
25
Die Ausbildung des Yeti
Es ist toll, die eigenen Kindheitsträume zu verwirklichen, doch je älter man wird, desto leichter wird man feststellen, dass es sogar noch mehr Spaß machen kann, wenn man anderen zur Erfüllung ihrer Träume verhilft.
Als ich im Jahr 1993 an der University of Virginia lehrte, bat mich ein zwanzigjähriger, zum Computergrafikgenie gewandelter Maler namens Tommy Burnett um einen Job in meinem Forschungsteam. Nachdem wir über sein Leben und seine Ziele gesprochen hatten, sagte er plötzlich: »Oh, ach ja, und ich hatte immer diesen Kindheitstraum.«
Jeder, der die Worte »Kindheit« und »Traum« in ein und demselben Satz ausspricht, kann sich normalerweise meiner ungeteilten Aufmerksamkeit sicher sein.
»Und was ist dein Traum, Tommy?«
»Ich will am nächsten Star-Wars -Film mitarbeiten.«
Man bedenke, wir schrieben das Jahr 1993. Der letzte Star Wars war 1983 gedreht worden, und es gab keine konkreten Pläne für einen weiteren. Ich erklärte ihm: »Das ist ein problematischer Traum, denn es wird schwer sein, ihn zu verwirklichen. Angeblich ist es aus und vorbei mit den Star-Wars -Filmen.«
»Nein«, sagte er, »sie werden weitere machen, und wenn
sie das tun, werde ich daran mitarbeiten. Das ist mein Plan.«
Als der erste Star-Wars -Film im Jahr 1977 herauskam, war Tommy sechs Jahre alt gewesen. »Andere Kids wollten Han Solo sein«, erzählte er, »aber nicht ich. Ich wollte schon immer der sein, der die Special Effects macht - die Raumschiffe, die Planeten, die Roboter.«
Schon als Junge hatte er alle hochtechnischen Star-Wars -Artikel gelesen, die er nur auftreiben konnte. Er besaß alle Bücher, die den Bau der Modelle und die Entwicklung der Special Effects erklärten.
Während Tommy von sich erzählte, hatte ich einen Flashback und dachte an meine eigene Kinderzeit und den Besuch in Disneyland, bei dem ich diesen unbändigen Drang empfunden hatte, eines Tages selbst solche Dinge zu erschaffen. Ich konnte mir ausrechnen, dass sich Tommys großer Traum nie realisieren würde. Andererseits war das vielleicht ein Glück für ihn, denn es war nicht nur so, dass ich einen Träumer wie ihn gut gebrauchen konnte, sondern ich wusste auch dank meines eigenen Traums, einmal ein Star der National Football League zu werden, dass Träume selbst dann gute Auswirkungen haben können, wenn sie unerreichbar bleiben. Also bot ich ihm an, sich unserem Forschungsteam anzuschließen.
Tommy würde euch erzählen, dass ich ein ziemlich harter Brocken als Chef war. Noch heute erinnert er sich daran, wie schwer ich ihm das Leben machte und welche hohen Erwartungen ich in ihn setzte. Aber er wusste immer, dass mir dabei seine eigenen Interessen am Herzen lagen. Er selbst vergleicht mich mit einem strengen Football-Coach (ich nehme mal an, ich habe tatsächlich Coach Graham im Blut) und sagt, dass er von mir nicht nur lernte, Virtual
Reality zu programmieren, sondern auch erfuhr, dass es unter Arbeitskollegen wie in einer Art Familie zugehen muss. Er erinnert sich, dass ich einmal zu ihm sagte: »Ich weiß, du bist smart. Aber jeder hier ist smart. Smart allein reicht nicht. Leute, die ich in meinem Forschungsteam haben will, helfen jedem anderen, sich hier glücklich zu fühlen.«
Tommy stellte sich als genau diese Art von Team Player heraus. Nachdem ich ordentlicher Professor geworden war, fuhr ich mit Tommy und all den anderen aus meinem Forschungsteam nach Disney World, um mich zu bedanken.
Als ich dann an die Carnegie Mellon wechselte, kamen sämtliche Mitglieder aus meinem Team an der University of Virginia mit - alle außer Tommy. Er konnte nicht mit uns umziehen. Warum? Na, weil er von der Firma des Produzenten und Regisseurs George Lucas, Industrial
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