Lauf des Lebens
von einem Großteil ihrer Mahlzeiten ausschließen. Auch das wäre eine große Hilfe.
Es war nicht so, dass sie Serena nicht mochte. Wenn sie ihr unter anderen Umständen begegnet wäre, hätte sie sich sogar sehr gut mit ihr verstanden, das ahnte sie. Aber jetzt ging es nur um Blake, und sie wollte von nichts und niemandem in ihrer Arbeit behindert werden. Während einer Einzeltherapie pflegte sich Dione voll und ganz auf ihren Patienten zu konzentrieren, und zwar in dem Ausmaß, dass alle anderen Menschen für sie schemenhaft in den Hintergrund traten. Diese Herangehensweise hatte sie so erfolgreich auf ihrem Arbeitsgebiet gemacht. Nach nur einem Morgen füllte Blake ihre Gedanken bereits vollständig aus, war sie so exklusiv auf ihn fokussiert, dass sie das Gefühl hatte, ihn schon seit Ewigkeiten zu kennen. Sie konnte seine Gedanken lesen und wusste, was er sagen wollte, noch bevor er den Mund aufmachte. Sie spürte seine Schmerzen, sie verstand ihn, aber vor allem freute sie sich für ihn, denn sie wusste, dass sich seine jetzige Hilflosigkeit in einigen Monaten in Stärke und Vitalität verwandeln würde. Schon jetzt sieht er besser aus, dachte sie stolz. Vielleicht lag das eher an seiner Empörung als an ihren Bemühungen, doch es war nicht zu leugnen, dass sein Gesicht eine gesündere Farbe hatte. Wenn es nach ihr ginge, konnte er sich ruhig die ganzen nächsten Monate über sie ärgern, solange ihn sein Ärger aktiv und engagiert hielt.
Als sie ihn ins Esszimmer begleitete, war sie zufrieden mit der Arbeit des Vormittags. Doch dieses Gefühl schwand umgehend, als Serena mit Tränen in den Augen auf Blake zustürzte. „Blake“, klagte sie mit brüchiger Stimme.
Sofort war er aufmerksam und besorgt und griff nach ihrer Hand. „Was ist los?“, fragte er. Seine Stimme hatte einen zärtlichen Klang, einen Klang, der fehlte, wenn er mit anderen Leuten sprach. Offenbar konnte nur Serena diesen zärtlichen Unterton hervorlocken.
„Der Innenhof!“,jammerte sie.„Mutters Bank … ist zerstört. Der Pool ist ein einziges Schlachtfeld. Es sieht schrecklich aus.“
„Was?“, fragte er stirnrunzelnd. „Wovon redest du?“
Mit zitterndem Finger deutete Serena auf Dione. „Von ihre m Fitnessraum! Der ganze Innenhof ist verwüstet!“
„Ich denke, ganz so schlimm wird es nicht sein“, sagte Dione beschwichtigend. „Es mag momentan etwas chaotisch aussehen, aber zerstört ist ganz sicher nichts. Richard überwacht die Umbauarbeiten. Er hätte bestimmt nicht zugelassen, dass irgendetwas beschädigt wird.“
„Dann überzeugen Sie sich doch selbst!“
Dione warf einen Blick auf die Uhr. „Ich finde, wir sollten erst essen. Der Hof läuft uns nicht davon, aber das Essen wird kalt.“
„Ist das eine Hinhaltetaktik?“, fragte Blake mit kalter Stimme. „Ich habe Ihnen gesagt, Miss Kelley, dass ich keine Veränderungen am Haus dulde.“
„Ich kann weder verneinen noch bestätigen, dass Veränderungen am Haus vorgenommen worden sind, weil ich noch nicht draußen war. Ich war den ganzen Morgen mit Ihnen zusammen. Aber ich traue Richards gesundem Menschenverstand, auch wenn Sie das vielleicht nicht tun“, sagte sie spitz, und Serena wurde umgehend rot vor Wut.
„Es ist nicht so, dass ich meinem Mann nicht vertraue“, begann sie hitzig, doch Blake schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab.
„Nicht jetzt“, sagte er knapp. „Ich will mir den Hof anschauen.“
Obwohl Serena immer noch erbost dreinsah, verstummte sie sofort. Trotz seiner schlechten körperlichen Verfassung hatte Blake offensichtlich nach wie vor die Autorität des großen Bruders. In seiner Stimme schwang ein unmissverständlicher Befehlston mit. Blake Remington war es augenscheinlich gewohnt, Anweisungen zu erteilen, die umgehend befolgt wurden. Seine morgendlichen Erfahrungen mit Dione mussten ihm gehörig gegen den Strich gegangen sein.
Dione war zum ersten Mal im Innenhof und fand ihn wunderschön gestaltet. Er war kühl und duftend, trotz der stechenden Sonne Arizonas. Yucca-Palmen und verschiedene Kakteenarten gediehen harmonisch inmitten von Pflanzen, die eigentlich aus kühleren Breiten stammten. Eine sorgsame Bewässerung und eine optimale Ausnutzung des Schattens erklärten die Pflanzenvielfalt. Weiße Fliesen waren zu einem Weg formiert, und in der Mitte des Hofs spie ein gluckernder Brunnen eine formschöne Wasserfontäne in die Luft. Im hinteren Teil des Hofs, von dem aus ein großes Tor zum Pool-Bereich führte,
Weitere Kostenlose Bücher