Lauf des Lebens
in den Hof und setzten sich auf eine der Bänke, die überall verstreut herumstanden. Dione schaute hoch zu den unzähligen Sternen, die sich sehr deutlich am klaren Wüstenhimmel abzeichneten. „Ich habe ein Problem mit Serena“, sagte sie ohne Umschweife.
Er seufzte. „Ich weiß. Ich habe seit Blakes Unfall auch ein Problem mit ihr. Obwohl ich ihre Gefühle nachvollziehen kann, machen sie mich verrückt.“
„Blake sagte heute so etwas wie, dass er sie großgezogen hat.“
„Praktisch hat er das, ja. Serena war dreizehn, als ihre Mutter starb, und es war ein ziemlicher Schock für sie. Wochenlang durfte Blake ihr im Grunde nicht von der Seite weichen. Sie muss das Gefühl gehabt haben, als würden nacheinander alle geliebten Menschen um sie herum sterben. Erst ihr Vater, dann ihre Mutter. Die stand ihr besonders nahe. Ich verstehe, dass ihr davor graut, Blake könnte etwas passieren – aber gleichzeitig nehme ich es ihr irgendwie übel.“
„Eine klassische Dreiecksgeschichte also …“ Diones Stimme klang traurig.
„Genau. Ich möchte meine Frau zurückhaben.“ Richard rieb sich mit fahrigen Fingern den Nacken. „Ich arbeite sehr, sehr viel zurzeit, was natürlich daran liegt, dass Blake ausgefallen ist. Meine Güte, was würde ich nicht alles dafür geben, zu Hause mit nur einem Bruchteil der liebevollen Fürsorge empfangen zu werden, die Blake täglich bekommt.“
„Ich habe mit Alberta besprochen, dass die Türschlösser ausgewechselt werden, doch je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger gefällt mir die Idee“, gab Dione zu. „Blake wird toben, wenn seine Schwester ausgesperrt wird. Das Problem ist, dass wir keinen Zeitplan einhalten können, wenn sie uns ständig unterbricht.“
„Ich werde schauen, was ich da tun kann“, versprach er, doch die Skepsis in seiner Stimme war unüberhörbar. „Ich glaube allerdings, dass Serena jede Andeutung, sie möge sich von Blake fernhalten, ähnlich aufnehmen wird wie die Nachricht vom Ausbruch einer Seuche.“ Richard blickte Dione an und musste plötzlich grinsen, wobei seine Zähne weiß aufblitzten. „Sie müssen Nerven wie Stahlseile haben. War es heute interessant?“
„Streckenweise“, antwortete sie lächelnd. „Blake hat mir sein Frühstück an den Kopf geworfen.“
Richard lachte laut auf. „Wie gern hätte ich das gesehen! Blake war schon immer temperamentvoll, allerdings war er letztes Jahr so depressiv, dass man ihn einfach nicht zum Explodieren bringen konnte. Heute muss es wie in guten alten Zeiten gewesen sein.“
„Ich hoffe, ich bringe ihn bis zu dem Punkt, wo er sich nicht mehr ärgern muss“, sagte sie. „Ich bin sicher, dass er größere Fortschritte macht, wenn wir nicht dauernd gestört werden. Ich bin darauf angewiesen, dass Sie es irgendwie schaffen, Serena abzulenken und zu beschäftigen.“
„Wenn das so einfach wäre, hätte ich es schon längst gemacht“, sagte er leicht empört. „Außer einem Kidnapping fällt mir nichts ein.“
„Und warum tun Sie das nicht?“
„Was?“
„Sie kidnappen. Machen Sie eine zweite Hochzeitsreise mit ihr. Was auch immer.“
„Ein zweiter Honeymoon klingt gut“, stimmte er zu. „Aber bevor Blake wieder ins Geschäft einsteigt, kann ich einfach keinen Urlaub nehmen. Haben Sie noch eine andere Idee?“
„Tut mir leid, da müssen Sie sich selbst Gedanken machen. Ich kenne Serena nicht gut genug. Aber ich brauche Ruhe, um mit Blake zu arbeiten.“
„Die werden Sie bekommen“, versprach er nach einigem Grübeln. „Ich weiß noch nicht wie, aber ich werde sie so lange wie möglich von hier fernhalten. Und wenn Blake noch nicht völlig abgestorben ist, wird er ohnehin nicht lange brauchen, um festzustellen, dass er lieber Sie als seine Schwester um sich herumspringen hat.“
Die Bewunderung, die ganz eindeutig in seiner Stimme mitschwang, ließ Dione unbehaglich auf der Bank hin- und herrutschen. Sie war sich ihres Aussehens sehr wohl bewusst, aber sie mochte es nicht, wenn andere darauf anspielten. Blake war ihr Patient; es stand für sie außer Frage, dass sie sich mit ihm auf irgendeine Art von erotischer Beziehung einließ. Das verstieß nicht nur gegen ihr Berufsethos, sondern war auch so einfach unvorstellbar für sie. Die Nächte, in denen sie aufgewacht war und mit zugeschnürter Kehle versucht hatte, ihr Entsetzen herauszuschreien, lagen hinter ihr, und sie hatte nicht vor, an irgendetwas zu rühren, das diese Albträume wieder hervorholte. Sie hatte
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