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Lauf des Lebens

Lauf des Lebens

Titel: Lauf des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LINDA HOWARD
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nicht gerade enthusiastisch, setzte den Rollstuhl aber gehorsam in Bewegung und führte sie durch das stille Haus zum Hintereingang. Als sie die Rückseite des Hauses in Richtung Pool umrundeten, begrüßte ein Vogel den neuen Tag mit einem einzigen perlenden Ton und hob dabei den Kopf.
    War es tatsächlich zwei Jahre her, dass er zuletzt ein Vogelzwitschern wahrgenommen hatte?
    Sie setzten sich an den Rand des Pools, in dem das Wasser leise seine eigene Musik plätscherte, und beobachteten schweigend, wie sich der dämmernde Horizont langsam gräulich färbte. Dann stieß endlich der erste Sonnenstrahl über den Bergkamm. Es gab keine Wolken, die das Panorama mit unzähligen Nuancen von Rosa- und Goldtönen betupft hätten, sondern nur das klare Blau des Himmels und die weiß-goldene Sonne. Aber durch die Reinheit des neuen Tages hatte das Schauspiel mindestens ebenso viel Pracht wie der glanzvollste, kitschigste Postkarten-Sonnenaufgang. Schnell erwärmte sich die Luft, und Blake nahm die Decke von den Schultern.
    „Ich habe Hunger.“ Mit der Bekundung dieses profanen Bedürfnisses brach er ihr langes gemeinsames Schweigen.
    Sie sah ihn an, kicherte und erhob sich aus ihrem Schneidersitz von den Betonplatten. „Ich sehe, wie sehr Sie die guten Dinge des Lebens zu schätzen wissen“, sagte sie.
    „Wenn Sie mich um Mitternacht aus dem Bett werfen, bin ich natürlich hungrig, wenn sich die Sonne endlich über den Kamm wälzt! Gibt es wieder diese leckeren Pillen?“
    „Ja“, erwiderte sie heiter, „ein nahrhaftes, proteinhaltiges Frühstück. Genau das Richtige, um ein paar Pfunde auf die Knochen zu bekommen.“
    „Welche Sie sich dann bemühen, mir wieder abzutrainieren“, konterte er.
    Sie lachte, sichtbar erfreut über diesen Schlagabtausch.
    „Warten Sie ab“, versprach sie. „Nächste Woche werden Sie sich nach den ersten Trainingstagen zurücksehnen, die Ihnen im Vergleich wie ein Spaziergang vorkommen werden.“

4. KAPITEL
    Dione lag wach und beobachtete die Lichtmuster, die der Neumond auf die weiße Zimmerdecke zeichnete. Richard hatte in den letzten Tagen Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt und ihr beim Abendessen die Fertigstellung des neuen Sportraumes angekündigt. Doch ihr Problem war Blake. Aus unerklärlichen Gründen wirkte er erneut depressiv und hatte sich in sich zurückgezogen. Er aß zwar alles, was Alberta ihm auftischte, und er lag schweigend und willig da, wenn Dione seine Beinübungen mit ihm machte – aber genau das war das Problem. Ein Patient durfte seine Therapie nicht passiv über sich ergehen lassen. Jetzt konnte Blake noch einfach daliegen und zusehen, wie sie seine Beine bewegte, aber im Trainingsraum und im Pool musste er aktiv mitmachen.
    Sicherlich würde er nicht mit ihr über seinen Kummer sprechen. Sie wusste noch genau, wann diese neue Phase begonnen hatte, nicht aber, was der Auslöser gewesen war: Während einer Massage, vor den täglichen Übungen, hatten sie einen kurzen Schlagabtausch gehabt, und auf einmal hatte er diesen leeren, ausdruckslosen Blick aufgesetzt und auf keinen ihrer Versuche mehr reagiert, ihn scherzend aus der Reserve zu locken. Sie glaubte nicht, irgendetwas Falsches gesagt zu haben – sie hatte nur fröhlich gewitzelt, weil sie so erleichtert gewesen war über seine deutlich verbesserte Verfassung.
    Als sie sich nach den Leuchtziffern ihres Weckers umdrehte, sah sie, dass es schon nach Mitternacht war. Wie jede Nacht stand sie auf, um zu kontrollieren, ob bei Blake alles in Ordnung war. Sie hatte die Geräusche, die er normalerweise bei seinen Drehversuchen machte, noch nicht gehört – vielleicht, weil sie zu beschäftigt gewesen war mit ihren eigenen Gedanken.
    Als sie seinen Raum betrat, sah sie gleich, dass seine Beine in dieser misslichen, leicht verdrehten Position lagen, die zeigte, dass er vergeblich versucht hatte, sich umzudrehen. Sanft legte sie ihm ihre linke Hand auf die Schulter und die rechte auf seine Beine, um ihn langsam zu wenden.
    „Dione?“ Sie war so auf seine Beine fixiert gewesen, dass sie seine geöffneten Augen trotz des hellen Mondlichts gar nicht bemerkt hatte. Deshalb schreckte sie hoch und wich zurück, als sie seine leise, unsichere Stimme hörte. „Dione?“, wiederholte er. Nach all der Zeit, die er mit ihr verbracht hatte, war er tatsächlich dazu übergegangen, sie zu duzen.
    „Ich dachte, du würdest schlafen“, murmelte sie.
    „Was hast du gemacht?“
    „Ich wollte dir beim Umdrehen helfen.

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