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Lauf des Lebens

Lauf des Lebens

Titel: Lauf des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LINDA HOWARD
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verließ sie sein Zimmer und schaffte es dabei gerade, nicht panisch loszurennen.
    Als Dione sich anzog, hatte sie immer noch diesen schrecklich trockenen Mund. Sie holte ihre alten Klamotten hervor, nicht die hautengen neuen Teile, denn es gab keine Notwendigkeit mehr, verführerisch auszusehen. Dieses Etappenziel der Therapie war nun erreicht, und sie hatte Besseres zu tun, als mit dem Feuer zu spielen.
    Das einzige Problem war, wie sie nach einigen Tagen feststellte, dass Blake offenbar nicht merkte, dass sie wieder ihre alten Outfits und schmucklosen Nachthemden trug. Er sagte nichts, aber sobald sie zusammen waren, spürte sie das blaue Feuer seines Blickes. Im Laufe der Therapie berührte sie ihn ständig, und nach und nach gewöhnte sie sich daran, wie sich seine Finger auf ihre Beine legten, während sie ihn massierte. Oder daran, wie ihre Körper beim Schwimmen zusammenstießen und sich aneinanderrieben.
    Viel eher als erwartet konnte er stehen, ohne sich abzustützen. Anfangs schwankte er zwar kurz, doch seine Beine hielten ihn und brachten ihn schließlich wieder ins Gleichgewicht. Wild entschlossen, seine Abhängigkeit vom Rollstuhl zu beenden, trainierte er härter als alle Patienten, die sie je gehabt hatte. Für seine Entschlossenheit bezahlte er mit heftigen Krämpfen. Nacht für Nacht quälten sie ihn, aber er dachte nicht daran, sein drastisches, selbst auferlegtes Trainingspensum zu reduzieren. Dione machte ihm längst keine Zeitpläne mehr, denn er trieb sich selbst an. Alles, was sie tun konnte, war, seine Muskeln nach jedem Work-out im Whirlpool und mit Massagen zu beruhigen – und zu verhindern, dass er es übertrieb und sich Schaden zufügte.
    Manchmal hatte sie einen Kloß im Hals, wenn sie sah, wie Blake sich mit zusammengebissenen Zähnen und hervortretenden Adern an seine Grenzen trieb. Bald würde die Therapie zu Ende sein und ein neuer Patient auf sie warten. Blake war schon jetzt ein völlig anderer Mann als der, den sie vor fast fünf Monaten zum ersten Mal gesehen hatte. Er hatte dünne, aber stahlharte Muskeln, eine gesunde Sonnenbräune und sein früheres Körpergewicht wieder erreicht, wenn nicht sogar überschritten. Allerdings nicht durch die Zunahme von Fett, sondern von Muskeln, denn Blake war durchtrainiert wie ein Profiathlet. Dione war außerstande, die Gefühle zu analysieren, die sie überkamen, wenn sie ihn anschaute. Natürlich war Stolz dabei, und manchmal fühlte sie sogar eine Art Besitzanspruch. Aber es misch te sich noch ein anderes Gefühl darunter, eines, das sie warm, wohlig und schwach machte. Dabei fühlte sie sich gleichzeitig quirliger und lebendiger als je zuvor. Wenn sie Blake anschaute oder sich von ihm berühren ließ, dann fühlte sie sich ihm näher, als sie es je für möglich gehalten hätte. Sie kannt e diesen Mann, sie kannte seinen grimmigen Stolz, und sie kannte den Draufgänger in ihm, der vor keiner Gefahr zurückschreckte und jede Herausforderung mit einem breiten Grinsen annahm. Sie kannte seinen schnellen, scharfen Verstand, sein aufbrausendes Temperament, seine Zartheit. Sie wusste, wie er schmeckte, kannte das Innere seines Mundes, wusste, wie sich seine Haare und seine Haut unter ihren tastenden Fingern anfühlten.
    Blake war ein so integraler Bestandteil ihres Lebens geworden, dass ihr angst und bange wurde, wenn sie genauer darüber nachdachte. Nein, sie konnte das nicht zulassen. Von Tag zu Tag brauchte er sie jetzt weniger. Schon bald würde er wieder in seinen Job einsteigen – und sie vergessen. Zum ersten Mal fand sie ihr permanentes Umherziehen schmerzhaft. Sie mochte die riesige, kühle Hazienda mit ihren glatten Bodenfliesen und den großflächigen weißen Wänden. Sie hatte die langen Sommertage, die sie mit Blake im Pool verbracht hatte, ihr gemeinsames Lachen und das stundenlange Training genossen. Selbst Schweiß und Tränen hatten dazu beigetragen, ein Band zwischen ihnen zu knüpfen und eine Nähe zu schaffen, die sie kaum noch ertragen konnte.
    Es fiel Dione nicht leicht, sich einzugestehen, dass sie ihn liebte. Doch als die ersten goldenen Herbsttage anbrachen, hörte sie auf, sich etwas vorzumachen. Sie hatte in der Vergangenheit zu viel durchgemacht, um allzu lange Selbsttäuschung zu betreiben. Das Wissen, endlich einen Mann zu lieben, war bittersüß, denn sie erwartete sich nichts von dieser Erkenntnis. Ihn zu lieben, war eine Sache – ihm zu erlauben, die Liebe zu erwidern, war eine andere. Ihre goldenen Augen

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