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Lauf des Lebens

Lauf des Lebens

Titel: Lauf des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LINDA HOWARD
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scharfsinnig. Er konnte eine Situation innerhalb eines Lidschlages analysieren. „Ich habe bemerkt, wie du dich innerhalb der letzten Wochen verändert hast.
    Du warst schon wunderschön, als du hier angekommen bist. Aber jetzt bist du einfach atemberaubend. Du … strahlst, du glühst. Deine ganze Kleidung, dein Gesichtsausdruck, selbst dein Gang – alles hat sich verändert. Blake braucht dich jetzt so sehr, dass er alle anderen Menschen aus seinem Blickfeld verbannt. Aber wie sieht es danach aus? Wird er dich, wenn er wieder laufen kann, immer noch so mit seinen Blicken verschlingen?“
    „Es ist immer wieder mal vorgekommen, dass sich Patienten in mich verliebt haben“, stellte sie klar.
    „Das glaube ich gern. Aber hast du dich auch schon einmal in einen deiner Patienten verliebt?“, bohrte er weiter.
    „Ich bin nicht in ihn verliebt!“ Reflexartig wies sie diesen absurden, unmöglichen Gedanken von sich. Ausgeschlossen, dass sie verliebt war.
    „Ich stelle da aber die entsprechenden Symptome fest“, meinte Richard.
    So zäh und schwierig der Gesprächsanfang gewesen war, als es um Serena ging, so sehr zog Dione ihn dem aktuellen Gesprächsverlauf vor. Sie wich einen Schritt zurück. „Ich baue mir kein Luftschloss“, versicherte sie und ballte ihre Hände zu Fäusten, um ihr Zittern zu stoppen. „Wenn Blake wieder laufen kann, ziehe ich weiter zu meinem nächsten Patienten. Das ist mir klar. Und ich wusste es von Anfang an. Im Übrigen lasse ich mich imme r in sehr persönlicher Weise auf mei ne Patienten ein“, betonte sie und lachte ein bisschen dabei. Das war es schließlich, und nichts weiter: eine therapiebedingte Konzentration auf einen Patienten.
    Richard schüttelte amüsiert den Kopf. „Bei jedem anderen Menschen bist du so scharfsinnig“, meinte er, „nur bei dir selbst bist du absolut blind.“
    Die bekannte, blinde Panik ballte sich in ihrem Magen zusammen – in vertrauter Form, aber mit neuem Inhalt. Blind. Richard hatte das Wort blin d benutzt. Nein, dachte sie voller Schmerz. Sie war nicht blind – sie verschloss bewusst die Augen. Sie hatte eine Mauer errichtet zwischen sich und den Bedrohungen der Umwelt. Sie wusste, dass diese Bedrohungen da waren, aber solange sie nicht in ihr Blickfeld gerieten, konnte sie sie ignorieren. Blake hatte sie zweimal gezwungen, der Vergangenheit ins Auge zu blicken, und hatte gar nicht gemerkt, wie viel Schmerz ihr dieser Rückblick verursacht hatte. Und jetzt tat Richard genau dasselbe, nur dass er seinen kalten, analytischen Verstand gebrauchte, und nicht instinktiv und emotional vorging wie Blake.
    „Ich bin nicht blind“, widersprach sie leise. „Ich weiß, wer ich bin und was ich bin. Ich kenne meine Grenzen. Ich habe sie auf die schmerzliche Tour kennengelernt.“
    „Das stimmt nicht“, sagte er mit Bedacht. „Du kennst nur die Grenzen, die andere Menschen dir gesetzt haben.“
    Dione zuckte fast körperlich zurück vor der Wucht der Wahrheit, die in seinen Worten steckte. Doch instinktiv wies sie den Gedanken weit von sich. Sie richtete sich auf und mobilisierte all ihre inneren Kräfte. „Ich dachte, du wolltest mit mir über Serena sprechen“, erinnerte sie ihn betont ruhig und signalisierte ihm damit deutlich, dass sie nicht länger bereit war, über sich selbst zu reden.
    „Das wollte ich ursprünglich, doch wenn ich jetzt noch mal darüber nachdenke, dann lasse ich es lieber. Dir gehen gerade genug eigene Dinge durch den Kopf. Letztlich müssen Serena und ich unsere Probleme ja doch alleine lösen, fremde Ratschläge nützen da wenig.“
    Sie gingen zusammen ins Haus zurück und betraten das Arbeitszimmer. Serena kehrte ihnen den Rücken zu, doch ihre konzentrierte Haltung ließ auf einen ebenso konzentrierten Gesichtsausdruck schließen. Serena hasste es, zu verlieren, und feierte ihre Siege meist mit großem Jubel. Gerade versuchte sie, Blake mit allen Mitteln zu schlagen. Aber obwohl sie eine gute Schachspielerin war, hatte sie, wie so oft, wenig Chancen gegen ihren Bruder.
    Blake schaute auf, als Richard und Dione zusammen hereinkamen. Ein harter, entschlossener Ausdruck legte sich wie eine Maske auf sein Gesicht. Seine blauen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
    Am späteren Abend, als Dione ihren Kopf in sein Zimmer steckte, um ihm eine gute Nacht zu wünschen, sagte er mit ruhiger Stimme: „Serenas Ehe hängt an einem seidenen Faden. Ich warne dich: Tu nichts, was diesen Faden zerreißen könnte. Serena

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