Lauf des Lebens
zuschnürte, entfuhr ihm ein fast urtümliches Grunzen. Sein Zorn war kurz davor, sich körperlich zu entladen, und brachte seinen ganzen Körper zum Zittern. Doch Diones verzweifeltes Wimmern machte ihm klar, dass er sich unter Kontrolle bringen und sie beruhigen musste. Er hielt sie fest und streichelte sie, ließ seine Handflächen über ihren ganzen Körper gleiten. Dabei spürte er sogar durch den Stoff des Nachthemdes, wie fabelhaft durchtrainiert ihr Körper war. Seine Lippen wühlten spielerisch in ihren Haaren, bevor sie weiterwanderten, um ihre weichen Augenlider, die seidige Fläche ihrer exotischen Wangenknochen und die berauschende Frische ihres üppigen Mundes zu erkunden. Er wisperte ihr Zärtlichkeiten ins Ohr, beschwichtigte sie mit einzelnen Worten und halben Sätzen, die alle dieselbe Botschaft hatten: wie sehr er sie begehrte und wie wunderschön sie war. Mit seinen Worten und seinem Körper beteuerte er ihr, dass er sie nicht verletzen würde. Immer wieder erinnerte er sie an den noch nicht lange zurückliegenden Moment, als ihr Vertrauen groß genug war, um ihm zu erlauben, sie zu lieben. Die Er innerung an die Verschmelzung ihrer Körper jagte ihm prickelnde Schauder über die Haut, doch sein physisches Bedürfnis konnte jetzt warten. Ih r e Bedürfnisse hatten Vorrang – die Bedürfnisse einer Frau, die zu viel körperlichen Schmerz erlitten hatte.
Nach und nach beruhigte sich Dione. Zentimeter für Zentimeter streckte sie sich ihm entgegen, schlang zögernd ihre Arme um seinen muskulösen Rücken. Sie war so müde, so erschöpft von den emotionalen Aufwallungen der Nacht, dass sie schlaff neben ihm lag. Aber er musst e wissen, was passiert war, also wiederholte er: „Rede, erzähl es mir.“
„Nein, Blake“, stöhnte sie und ließ ihren Kopf kraftlos zur Seite fallen. „Ich kann nicht …“
„Du kannst, und du musst. Hast du dich deshalb scheiden lassen? Konnte dein Mann mit dem, was dir passiert war, nicht umgehen?“ Seine Fragen polterten wie Felsbrocken auf sie hinunter, prellten und quetschten sie, sodass sie sich in seinen Armen verkroch. Er fasste sie am Kinn und drehte ihr Gesicht so, dass er es wieder sehen und ihre Miene interpretieren konnte. „Was für ein Versager war dein Mann, dass er dich hat hängen lassen, als du ihn so dringend brauchtest? Hat er geglaubt, es war deine Schuld?“
Sie ließ ein schrilles, angespanntes Lachen hören. Doch aus Angst vor einem hysterischen Anfall brach sie es mittendrin ab, indem sie sich die Hand auf den Mund hielt. „Er … oh, das ist ein fach grotesk! Er hatte nicht das kleinste Problem mit dem, was mir passiert ist. E r hat es getan. Mein Mann hat mich vergewaltigt.“
Blake versteifte sich, entsetzt von ihren Worten, aber auch von der Art, wie sie zu lachen begann: in schrillen Lachsalven, die sie selbst immer wieder jäh unterbrach, verzweifelt bemüht, sich unter Kontrolle zu bekommen. Unter Aufbietung all ihrer inneren Kräfte gelang es ihr schließlich. Und als sie wieder in seinen Armen lag, spürte sie, wie die Emotionen aus ihr herausflossen und sie schwer und erschöpft zurückließen.
„Erzähl es mir“, beharrte er. Seine Stimme war so heiser, dass sie völlig fremd klang.
Benommen fragte sich Dione, warum ihr Herz jetzt nicht mehr im rasenden Rhythmus eines Vorschlaghammers trommelte, sondern schwerfällig schlug. Doch eigentlich war es ihr egal. Was spielte es für eine Rolle? Was spielte überhaupt noch eine Rolle? Sie hatte in dieser Nacht mehr erlebt, als sie verkraften konnte …
„Dione“, hakte er nach.
„Ich weiß nicht, warum ich ihn geheiratet habe“, sagte sie träge. „Ich glaube nicht, dass ich ihn jemals geliebt habe. Aber er war attraktiv und hatte Geld, etwas, was ich nie besaß. Damit hat er mich geblendet. Er kaufte mir Sachen, führte mich aus, erzählte mir, wie sehr er mich liebte. Ich glaube, das war es vor allem: Er sagte mir, dass er mich liebte. Verstehst du, das hatte vorher noch kein Mensch zu mir gesagt. Aber ich war immer noch ziemlich reserviert ihm gegenüber, und das konnte Scott nicht ertragen. Ich glaube, er hatte nie zuvor in seinem Leben ein Nein hören müssen. Also hat er mich geheiratet.“
Blake wartete, dass sie fortfuhr. Als sie das nicht tat, drängte er sie sanft: „Erzähl weiter.“
Sie öffnete ihre Augen einen Spalt breit. Hinter ihren halb geschlossenen Lidern mit den schweren Wimpern wirkte das Gold ihrer Iris wie dunkler Bernstein. „In unserer
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