Lauf des Lebens
hatte er sich doch nur um seine eigene sexuelle Erfüllung gesorgt. Sie erinnerte sich, wie peinlich ihm sein geschundener Körper sogar vor seiner Schwester gewesen war. In seinem Zustand hätte er, wenn er Sex mit einer fremden Frau gehabt hätte, immer deren Mitleid fürchten müssen, oder noch schlimmer, eine Art krankhafter Neugierde an seinem unzulänglichen Körper. Dione war einfach die einzige ungefährliche Frau in seiner Reichweite, weil sie ihn durch und durch kannte und weder schockiert, neugierig oder mitleidig auf ihn reagierte. „Mit anderen Worten: Du wolltest Sex, und ich war gerade so praktisch zur Hand“, stieß sie verbittert hervor.
„Meine Güte, Dione!“ Er klang aufrichtig schockiert. „Meine Worte dringen offenbar gar nicht zu dir durch. Fällt es dir so schwer, zu begreifen, dass ich dic h will – und nicht nur Sex mit dir? Wir haben so viel miteinander erlebt und durchgestanden. Du bist zu mir gekommen und hast mir geholfen, wenn mich meine Schmerzen quälten, und letzte Nacht habe ich dich in meinen Armen gehalten, als dich deine Erinnerungen quälten. Du bist doch nicht nur ein Objekt der Begierde für mich! Du bist die Frau meiner Träume, die Frau, die ich haben will. Und zwar ganz: mit deinem Temperament, deinen Widersprüchen, deiner Stärke, sogar mit deiner unverblümten Bissigkeit, die so ein wundervolles Gegengewicht zu deiner liebevollen Art ist.“
„Okay, ich nehme alles zurück“, sagte sie erschöpft. „Aber ich möchte darüber jetzt nicht reden. Ich bin müde und kriege keinen zusammenhängenden Gedanken mehr zustande.“
Er blickte zu ihr hinunter. Ungeduld lag in seinem Gesicht. „Kann es sein, dass du dich Gesprächen grundsätzlich entziehst?“, fragte er langsam. „Ich hätte meine Zeit gar nicht mit Reden verschwenden sollen, ich hätte es dir einfach gleich beweisen sollen. So, wie ich es jetzt tun werde.“
10. KAPITEL
Dione wich zurück, ihre goldenen Augen sprühten Feuer. „Benutzen alle Männer Gewalt, wenn eine Frau nicht so will, wie sie sich das vorstellen?“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich warne dich, Blake, ich werde mich wehren. Vielleicht kann ich dich nicht abhalten, aber ich kann dir in jedem Fall sehr wehtun.“
Er stieß ein kleines, weiches Lachen aus. „Ich weiß, dass du das kannst.“ Er zog eine ihrer Fäuste zu seinem Mund und küsste jeden einzelnen Fingerknöchel. „Liebling, ich werde dich nicht zwingen. Ich werde dich küssen, dir beteuern, wie wundervoll du bist, und alles Erdenkliche tun, um dir Genuss zu bereiten. Das erste Mal war für mich, du erinnerst dich? Aber das zweite Mal ist für dich. Soll ich nicht einfach mal anfangen?“
„Du versuchst, mich zu verführen“, blaffte sie.
„Mmmmh. Und funktioniert es?“
„Nein!“
„Mist! Dann muss ich wohl etwas anderes probieren.“ Er lachte wieder und drückte seine warmen Lippen auf ihr Handgelenk. „Du bist so süß, selbst wenn du sauer auf mich bist.“
„Bin ich nicht!“, protestierte sie, fast empört über sein Kompliment. „An mir ist nichts, aber auch gar nichts süß!“
„Du riechst süß“, konterte er. „Du schmeckst süß. Und die Berührung deiner Haut ist eine süße Qual. Du solltest Champagner heißen, und nicht Dione: Du machst mich so betrunken, dass ich nicht mehr weiß, was ich tue.“
„Lügner.“
„Was hatte mein Leben für Reize, bevor ich dich kennenlernte?“, fragte er amüsiert. „Bergsteigen ist sterbenslangweilig im Vergleich zu einer Auseinandersetzung mit dir.“
Die Belustigung in seiner Stimme war mehr, als sie ertragen konnte. Sie war zutiefst verwirrt und empört – und er schien sich bestens darüber zu amüsieren. Sie wandte sich ab, um ihre aufsteigenden Tränen zu verbergen. „Schön, dass dir das Ganze so einen Kick gibt“, murmelte sie.
„Darüber sprechen wir später“, sagte er und küsste sie. Sie lag steif in seinen Armen und weigerte sich strikt, ihre Lippen zu entspannen und für seinen Kuss zu öffnen. Nach einer Weile zog er seinen Mund zurück.
„Hast du überhaupt keine Lust auf mich?“, wisperte er und vergrub seine Nase in ihrem Haar. „Habe ich dir letzte Nacht wehgetan? Ist das das Problem?“
„Ich weiß es nicht!“, rief sie. „Ich weiß nicht, was ich will, und auch nicht, was d u willst. Ich fühle mich völlig überfordert, und das hasse ich!“ Die Unzufriedenheit mit sich selbst und mit ihm brach nur so aus ihr hervor. Aber immerhin:
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