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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Fingern laut nach seinem Verkäufer. Der trug gehorsam einen Stuhl herbei, auf den sich Jane sofort niederfallen ließ. »Geht es Ihrer Frau nicht gut, Mr....?«
    »Whittaker. Dr. Whittaker. Meine Frau war in den letzten Tagen nicht ganz auf der Höhe«, erklärte Michael, »aber jetzt geht es ihr langsam besser.«
    »Tut mir leid, daß sie krank war«, sagte Joseph. »Schön, daß es wieder besser geht«, fügte er hinzu, sich plötzlich an Jane selbst wendend, die über den Ausdruck >nicht auf der Höhe< nachdachte, ihn sehr passend fand und überlegte, woher er wohl kommen mochte.

    »Wie gefallen dir die Ringe, Jane?«
    Sie zwang sich, den hoffnungsvollen Glanz auf dem schwarzen Samttablett zu betrachten. Die Brillanten zwinkerten ihr glitzernd zu wie winzige Sterne, die in Platin und Gold gefangen und gefesselt waren. Bei manchen sah man das Metall gar nicht, sie schienen wie durch Zauber zusammengeschweißt. Aber bei ihr war es selbst für Wunder und Zauberei zu spät.
    »Sehr hübsch«, murmelte sie.
    »Das will ich doch hoffen«, sagte Joseph, offensichtlich irritiert von ihrer Lustlosigkeit. »Das sind alles erstklassige Steine.«
    »Wie wär’s mit dem?« fragte Michael. Er zog einen Ring mit mittelgroßen rundgeschliffenen Diamanten heraus. »Der gefällt mir gut.«
    »Sie haben einen guten Blick«, bemerkte der Juwelier. »Das ist eines unserer schönsten Stücke.«
    »Probier ihn an«, drängte Michael.
    »Ach nein, Michael.«
    »Vielleicht gefällt ihr dieser hier besser«, meinte Joseph. Er hielt einen Ring mit herzförmigen Brillanten hoch.
    »Welcher gefällt dir besser, Jane?«
    Jane sagte gar nichts. Wozu auch? Sie bot Michael lediglich die Hand, so daß er ihr den Ring über den Finger schieben konnte. Was spielte es schon für eine Rolle, welchen Ring er aussuchte? Es war doch egal. Würde er ihr den Ring mit ins Grab geben?
    »Er ist ein bißchen groß«, bemerkte Michael, während er den Ring an ihrem Finger auf und ab schob.
    »Das läßt sich leicht beheben. Wir werden mal sehen, welche Größe Sie haben.«
    Er nahm Janes Hand, um Maß zu nehmen. »Fünfeinhalb!« rief er. »Das ist sehr klein.« Er musterte prüfend seinen Bestand. »Mir scheint, da haben wir gar nichts da, jedenfalls nicht mit Brillanten in der Größe, die Sie sich bisher angesehen haben. Wir haben etwas mit kleineren Steinen...«

    »Ich hätte gern die größeren«, unterbrach Michael. »Wenn die Qualität wirklich gut ist.«
    »Wir verkaufen nur Steine von erster Qualität, Dr. Whittaker.«
    »Tja, ich denke, wir nehmen einen von diesen beiden, nicht wahr, Liebes?« Michael hielt ihr die beiden Ringe vor das Gesicht. »Welcher gefällt dir besser?«
    Jane machte die Augen zu und drehte den Kopf weg.
    »Vielleicht hätte Ihre Frau lieber einen anderen Stein. Ich habe sehr schöne Smaragde und Rubine...«
    »Nein, Brillanten«, entgegnete Michael. »Ich denke, wir nehmen die Herzen. Aber in der richtigen Größe.«
    »Das ist leicht zu machen.«
    »Wann können wir den Ring haben?«
    »Sagen wir, in einer Woche?«
    »In Ordnung. Na, was meinst du, Schatz? Ist dir das recht, in einer Woche?«
    »Ich muß an die frische Luft«, flüsterte Jane, obwohl es in Wahrheit in dem klimatisierten Laden weit angenehmer war als draußen. Aber sie mußte hinaus, weg von diesen grau tapezierten Wänden und schwarz gefliesten Böden, weg von dem welligen blonden Haar und der Schildpattbrille, weg von den erstklassigen Steinen, die sie an Glühwürmchen in einer Streichholzschachtel erinnerten.
    »Warte doch draußen auf der Treppe auf mich«, schlug Michael vor. Natürlich, dachte Jane, er weiß, daß ich viel zu schwach bin, um davonzulaufen. »Dann erledige ich das hier.«
    »Der Verkäufer hilft Ihnen«, sagte Joseph, und schon kam der langhaarige junge Mann, um Jane zur Tür zu führen. »Er wird sich um sie kümmern«, hörte Jane den Juwelier sagen, als sie hinausging. Und: »Ich brauche allerdings eine Anzahlung.«
    »Kein Problem«, hörte sie Michael antworten, dann fiel die Tür hinter ihr zu.

    Sie hockte sich auf die oberste Stufe und stützte den Kopf in die Hände. Der arme Michael. Der arme, liebe Michael. Unermüdlich bemühte er sich, sie aufzumuntern, unermüdlich versuchte er, alles wieder in Ordnung zu bringen. Ging sogar so weit, das Geld, das sie von ihrem gemeinsamen Konto gestohlen hatte, für einen Brillantring für sie auszugeben. Für einen Memory-Ring. Wie passend. Brillantglitzernde Erinnerung für die

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