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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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Verschwinden.«
    »Ja, sie weiß Bescheid«, sagte er und betätigte die Fernsteuerung, die an der Sonnenblende seines Wagens befestigt war. Das Garagentor schwang langsam in die Höhe. Dahinter kam ein silbergrauer Honda Prelude zum Vorschein. Ihre Aufmerksamkeit wechselte von der Nachbarin zu dem Auto in der Garage.
    »Ist das mein Wagen?«
    »Ja.«
    Sie hatte ihn also nicht irgendwo auf der Straße stehenlassen. Er war sicher und wohlbehalten zu Hause, so wie sie selbst eigentlich sicher und wohlbehalten hätte zu Hause sein müssen. Michael fuhr langsam in die Garage. Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, in eine Gruft zu fahren.
    »Hast du Angst?« fragte er.
    »Ganz fürchterlich.«
    Er nahm ihre Hand, und diesmal schreckte sie nicht zurück. »Laß dir einfach Zeit«, sagte er eindringlich. »Wenn du nichts wiedererkennst, dann mach dir deshalb kein Kopfzerbrechen. Ich bin ja da, und ich passe schon auf, daß dir nichts passiert.«
    »Müssen wir schon reingehen?«
    »Wir können hier sitzen bleiben, solange du willst.«
    Ein paar Minuten lang saßen sie Hand in Hand schweigend nebeneinander, bis sie schließlich sagte: »Das ist ja lächerlich. Wir können nicht den ganzen Tag hier rumsitzen.«
    »Was möchtest du denn tun?« fragte er.
    »Ich will nach Hause«, antwortete sie.

7
    Er stieß die Wohnungstür auf und wich zurück, um sie eintreten zu lassen. Aber sie zögerte; beinahe erwartete sie, er würde sie in die Arme nehmen und über die Schwelle tragen, wie sich das für ein jungverheiratetes Paar gehört, das zum ersten Mal sein neues Heim betritt.
    In vieler Hinsicht war ihr genauso zumute. Sie hatte Herzklopfen vor nervöser Spannung und Aufregung, sie hatte Angst vor diesem ersten Schritt in eine unbekannte Welt. War es heute eigentlich noch Sitte, daß der junge Ehemann seine Frau über die Schwelle trug? Wahrscheinlich nicht, sagte sie sich, während sie im Gesicht des Mannes, mit dem sie seit elf Jahren verheiratet war, nach einem zärtlich beruhigenden Lächeln suchte und nicht enttäuscht wurde. Die Menschen waren heute viel zu verwöhnt, zu übersättigt und zu anspruchsvoll für so simple Vergnügen. Und nach allem, was sie in unzähligen Talkshows gehört und gesehen hatte, hatten die Frauen von heute weder den Wunsch noch das Bedürfnis, über irgendwelche symbolischen Schwellen getragen zu werden, und die Männer gar nicht die Kraft, ihr Gewicht auszuhalten.
    »Was geht dir durch den Kopf?« fragte Michael. Seine Angst war spürbar, obwohl er sie zu verbergen suchte. »Möchtest du hineingehen?«
    Jane atmete einmal tief durch und zwang sich, den Blick in das kleine Vestibül zu richten, dessen Tapete ein Muster aus zarten roten Streublumen hatte. Die Treppe, die nach oben führte, war weiß gestrichen und genau wie der Eingang mit einem blaßgrünen Teppich ausgelegt - insgesamt ein hübsches Entree. Es war ein einladendes Haus, das den Besucher freundlich empfing. Noch einmal holte sie Atem, wagte vorsichtig den ersten Schritt und trat ein.

    Licht, war ihr erster Eindruck. Von überall schien es ins Haus zu strömen, durch die großen Fenster des Wohnzimmers zur Linken, durch die ebenso großen Fenster des Eßzimmers auf der rechten Seite, durch das riesige Oberlicht, das aus dem ersten Stockwerk hinunterblickte. Hinter der Treppe verengte sich der Eingang zu einem Flur, der zu den Räumen im hinteren Teil des Hauses führte.
    Langsam ging Jane bis zur Mitte des Raumes und blieb mit zitternden Knien stehen.
    »Wie wär’s mit einem Rundgang«, meinte Michael, ohne zu fragen, ob sie irgend etwas wiedererkenne.
    Sie nickte und folgte ihm in das geräumige Eßzimmer mit der rot-weiß gestreiften Tapete, die gewagt war, aber dennoch nicht aufdringlich wirkte. Der Eßtisch hatte eine lichtgrüne Marmorplatte, die acht Stühle darum herum hatten rot-weiß gestreifte Bezüge. In einer Glasvitrine glänzte ein Service aus feinem Porzellan mit einem rot-weißen Blumenmuster, und am großen Fenster standen mehrere üppige Grünpflanzen in orientalischen Töpfen.
    »Es ist alles sehr schön«, sagte sie und fragte sich, ob sie diese Töpfe von ihrer Reise in den Orient mitgebracht hatten.
    Das Wohnzimmer, in das Michael sie als nächstes führte, nahm die ganze Längsseite des Hauses ein. Eine chintzbezogene Couchgarnitur gruppierte sich vor dem großen offenen Kamin, neben dem rechts ein hohes Bücherregal stand, während links die Stereoanlage ihren Platz hatte. An der Wand gegenüber

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