Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
und der Arbeitsplatte.
    »Wie schön«, sagte sie und trat an das große Fenster, um in den Garten hinauszublicken. Auf der rechten Seite bemerkte sie eine Tür, die nach draußen führte, und mußte den Impuls niederkämpfen, hinzulaufen, sie aufzureißen und zu fliehen.
    »Das ist noch gar nichts«, sagte er, und sie hörte an seiner Stimme, daß er lächelte. Durch eine Tür auf der linken Seite der Küche führte er sie in den nächsten Raum.
    »Der Wintergarten der gnädigen Frau«, verkündete er stolz.
    Sie trat in ein Wunderland aus Glas und Grün. »Wir haben das vor drei Jahren angebaut«, bemerkte er, während sie sich in der Mitte des Raumes langsam im Kreis drehte, um alles aufzunehmen.
    »So einen schönen Raum habe ich noch nie gesehen«, sagte sie und wußte, daß es wahr war, ganz gleich, was sie sonst gesehen und vergessen haben mochte.
    Sein Lächeln wurde noch breiter. »Das sagst du jedesmal, wenn du hier hereinkommst«, erwiderte er beinahe hoffnungsvoll.
    Wer im Glashaus sitzt..., dachte sie. Aber nein, in diesem Raum waren bestimmt niemals Steine geworfen worden. In einem Haus mit einem so schönen Zimmer konnte nichts Schlimmes oder Böses geschehen sein.
    Die Süd- und Westwand waren ganz verglast; der Boden war ein Mosaik aus sehr kleinen schwarzen und weißen Fliesen; überall standen Grünpflanzen und Bäume in großen Tontöpfen. An der Nordwand - auf deren anderer Seite sich das Wohnzimmer
befand - stand eine Hollywoodschaukel aus weißem Korbgeflecht mit grünen und weißen Kissen, flankiert von mehreren Korbsesseln und kleinen Glastischen.
    Langsam näherte sich Jane der Schaukel und ließ sich hineinsinken. Während sie sich sachte darin wiegte, fragte sie sich, wie sie dieses Paradies auf Erden hatte vergessen können.
    »Mein eigener privater Regenwald«, sagte sie laut und sah Michael beifällig lächeln.
    »Die Erinnerungen kommen bestimmt wieder«, sagte er. Er setzte sich in den Sessel zu ihrer Rechten und streckte die langen Beine vor sich aus. »Du mußt dir nur Zeit lassen. Versuch, die Dinge nicht zu forcieren.«
    »Hat Dr. Meloff dir etwas darüber gesagt, wie lange dieser Zustand anhalten kann?« Es hätte sie interessiert, ob der Arzt ihrem Mann mehr anvertraut hatte als ihr selbst.
    »Er sagte mir, daß sich die hysterische Amnesie - wenn wir es hier mit so einem Fall zu tun haben - in den meisten Fällen spontan wieder gibt. Das könnte Stunden oder Tage dauern.«
    »Oder Wochen oder Monate.«
    »Daß es Monate anhält, ist unwahrscheinlich, aber es ist schon wahr, feste Regeln gibt es da nicht. Solche Zustände brauchen einfach ihre Zeit.«
    »Ja, aber was hat diesen Zustand überhaupt ausgelöst?« Ihr Blick flog gehetzt durch den Raum, als könnten Pflanzen und Bäume unerwünschte Bilder von Blut und Geldscheinen ausblenden. »Ich verstehe das nicht. Ich meine, ich bin doch anscheinend eine Frau, die alles hat, was ihr Herz begehrt. Ich habe ein schönes Haus, einen Mann, der mich liebt, eine hübsche, gesunde Tochter. Wieso wollte ich das plötzlich alles vergessen? Was kann denn nur geschehen sein, das mich dazu trieb, so zu tun, als existiere das alles nicht?«
    Michael schloß einen Moment die Augen und strich sich mit einem Finger über den Nasenrücken. Als er die Augen wieder
öffnete, sah er sie an, als versuche er, ihre Stärke einzuschätzen, als überlege er, wieviel von der Wahrheit sie ertragen könne.
    »Was ist?« fragte sie. »Woran denkst du? Warum sagst du es mir nicht?«
    Augenblicklich sprang er auf und setzte sich zu ihr. Die Schaukel geriet unter seinem Gewicht in leichte Schwingungen.
    »Ich denke, wir haben einen langen, schweren und verwirrenden Tag hinter uns, und ich bin müde. Ich finde, wir sollten die Dinge ruhen lassen, bis wir beide uns gründlich ausgeschlafen haben. Morgen haben wir zum Reden noch genug Zeit.«
    »Dann ist also wirklich etwas«, beharrte sie.
    Er tätschelte beruhigend ihre Hand. »Nein«, versicherte er. »Nichts.«
    Draußen läutete es.
    »Wer kann das sein?« fragte Jane.
    Michael stand auf. »Ich glaube, ich ahne es.«
    Widerstrebend folgte Jane ihm aus dem Wintergarten hinaus, durch die Küche zurück in den Flur. Sie blieb zurück, als er zur Haustür ging, und wartete im Schatten der Treppe, während er öffnete und zurücktrat.
    »Wie geht es ihr?« fragte die Frau, die hereinkam.
    »Sie ist durcheinander«, antwortete Michael und führte die Frau ins Wohnzimmer. »Sie erinnert sich an nichts.«
    »Mein

Weitere Kostenlose Bücher