Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
losgehen.«
    »Ach, du lieber Gott!«
    »Du warst eine Wucht! Total empört. >In diesem Garten spielt meine kleine Tochter<, hast du ihn angeschrien. Ich stand bei uns vor der Tür und dachte, na wunderbar, jetzt bringt sie mir bestimmt nie wieder einen Schokoladenkuchen. Daniel zuckelte brav nach Hause, holte eine Plastiktüte und sammelte den Haufen
auf. Und ihr beide wurdet die besten Freunde und seid von da an miteinander gelaufen, sooft es ging.«
    »Ich scheine ja ganz schön rabiat zu sein.«
    Caroles Gesicht wurde ernst. »Das kann man wohl sagen.«
    »Wann ist Daniel ausgezogen?«
    »Am dreiundzwanzigsten Oktober. Wir hatten keinen Krach, keine Auseinandersetzung, es war überhaupt nichts, von dem man hätte sagen können, das war der Grund, das hat dazu geführt. Ich denke, er hatte einfach die Nase voll. Er hatte genug von meinem Vater, genug von seinen zwei Kindern und genug von mir. Er fand, er wäre noch jung genug, um den lebenslustigen Single zu spielen. Er kaufte sich eine Eigentumswohnung mitten in Boston, für die er mehr als eine Million Dollar bezahlte, und jetzt joggt er auf dem Freedom Trail statt durch die langweiligen Straßen von Newton Highlands. Er geht zu Fuß in die Praxis und trifft sich mit seinen Kindern, wenn er Lust dazu hat. Er führt genau das Leben, das ihm gefällt.«
    Carole stand auf, ging zum Küchenschrank, schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein und nahm sich ein paar Kekse aus einer angeschlagenen Keramikdose. »Möchtest du auch was?«
    Jane schüttelte den Kopf. »Es würde mich interessieren«, sagte Carole, »wie die Männer das schaffen. Ich meine, wie sie es schaffen, ihr Leben lang kleine Jungen zu bleiben. Sie schmeißen einfach alle Verantwortung hin und leben fröhlich in den Tag hinein, und wir dürfen zu Hause rumhocken und darauf warten, daß unsere Schamhaare grau werden. Ist das vielleicht fair?« Sie schob ein Keks in den Mund. »Aber dich betrifft das ja nicht. Du bist mit dem idealen Mann verheiratet.«
    »Ja, er scheint wirklich nett zu sein«, stimmte Jane zu und kam sich vor wie eine Idiotin. War das alles, was sie über den Mann zu sagen wußte, mit dem sie seit elf Jahren verheiratet war? Er scheint wirklich nett zu sein.

    Sie wandte sich Carole zu und bemerkte, daß die sie ansah, als wolle sie ihr etwas sagen.
    »Was ist?« fragte sie.
    Carole zuckte zusammen und reagierte mit einem Anfall sinnloser Geschäftigkeit. Sie kam wieder zum Tisch, setzte sich, hob ihre Kaffeetasse, stellte sie wieder hin, ohne getrunken zu haben, und schob sich das nächste Plätzchen in den Mund.
    »Was ist?« sagte sie, Jane nachäffend. »Wie meinst du das?«
    »Du sahst aus, als wolltest du mir etwas sagen.«
    Carole schüttelte den Kopf. »Nein. Nichts.«
    »Bitte sag es mir. War es über Michael? Über die Beziehung zwischen ihm und mir?«
    Wieder führte Carole ihre Tasse zum Mund und diesmal trank sie einen großen Schluck Kaffee. »Ich finde, wenn du über deine Beziehung zu Michael Fragen hast, solltest du mit ihm selbst sprechen. Ich weiß wirklich nichts darüber.«
    »Und wenn du etwas wüßtest, würdest du es mir dann sagen?« Jane beobachtete Carole angespannt, während sie auf die Antwort wartete. Im Radio sangen k. d. lang und Roy Orbison ein Duett.
    »Ich dachte Roy Orbison wäre tot«, sagte Carole unvermittelt.
    »Ja, ich glaube«, antwortete Jane, die plötzlich das Gefühl hatte, das Gespräch laufe an ihr vorbei. »Ist er nicht schon vor ein paar Jahren gestorben?«
    »Ich kann mich überhaupt nicht erinnern. Aber da siehst du, was ich meine, wenn ich sage, daß man mit steigendem Alter immer vergeßlicher wird. Früher wußte ich immer ganz genau, wer tot ist und wer nicht.«
    Aus dem Garten schallte lautes Hundegebell.
    »Ach, halt die Klappe, J. R.«, bellte Carole durch das geschlossene Fenster zurück, und der Hund verstummte augenblicklich. »Ach, wäre das schön, wenn alle so folgsam wären«, meinte sie seufzend. »Hey, ich muß dir einen Witz erzählen, Jane.«

    Jane, der klar war, daß das Gespräch beendet war, wartete schweigend.
    »Also: Eine Frau findet eine Wunderlampe, und aus der Wunderlampe steigt plötzlich ein Geist auf. >Du darfst einen Wunsch äußern<, sagt er. >Er wird dir erfüllt werden. Aber nur einen. Überleg also gut.< Na, die Frau überlegt eine Weile und sagt schließlich: >Ich wünsche mir dünne Oberschenkel.< Der Geist starrt sie fassungslos an. >Was? Das kann doch nicht dein Ernst sein. Ich sag dir, daß du

Weitere Kostenlose Bücher