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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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gestattet hatte, indem er stumm alles verflucht hatte, hielt er seine Frustration im Zaum und verdrängte sie, sodass er sich auf das konzentrieren konnte, was jetzt getan werden musste. Angie zu versorgen war Nummer eins. Sie ins Haus schaffen, sie trocken und warm bekommen, ihren Knöchel anschauen – und mögliche andere Verletzungen, von denen sie ihm gar nicht erst erzählt hatte – und ihr etwas zu essen geben. Überleben lief immer auf die grundlegenden Dinge hinaus. Sie brauchte medizinische Versorgung, Essen, Wasser und Schlaf.
    Mit einem Krankenhaus oder einem Restaurant konnte er zwar nicht aufwarten, aber das Nötigste hatte er da. Sobald er sich um sie gekümmert hatte, würde er die weiteren Schritte planen.
    »Wir sind fast da«, sagte er und stieß sie ein bisschen an, damit sie sich regte. »Bist du okay?«
    Als sie endlich antwortete, klang ihre Stimme dünn und vernuschelt. »Das fragst du andauernd.«
    »Ja, weil … du bist so verdammt still.«
    Sie murmelte etwas, das er nicht verstand.
    »Was?«, blaffte er.
    Sie hob den Kopf. Er konnte die Bewegung nicht sehen, aber er spürte sie, spürte die Verlagerung ihres Gewichtes. »Ich sagte, du fluchst zu viel.« Ihre Stimme war immer noch schwach, und sie zitterte wie ein Blatt, aber sie hatte die Kraft gefunden, ihn zu kritisieren.
    Seine Laune hob sich. Es wurde besser.

15
    Dare betrat die untere Ebene seiner Hütte, endlich raus aus dem Regen. Er blieb stehen, schauderte vor Erleichterung, während er mit der Taschenlampe die Boxen auf der Suche nach etwas Verdächtigem ableuchtete. Alles war still, genau wie er es verlassen hatte. Erst als er sicher war, dass die Luft rein war, schloss er die Tür und legte den schweren Riegel vor und war dankbar, dass sein Entwurf diesen Ort zu einer wehrhaften Festung gemacht hatte.
    Die Erschöpfung forderte auch von ihm ihren Tribut. Er legte Wert darauf, in Form zu bleiben, aber er war nicht Superman. Er hatte in der vergangenen Nacht nicht viel Schlaf bekommen, bevor ihn das Gewitter geweckt hatte und die Pistolenschüsse ihn in den dunklen Regen hinausgetrieben hatten. Während der letzten Stunden war er bis an seine Grenzen gegangen, und er konnte nur Gott dafür danken, dass die Hütte nicht noch hundert Meter weiter entfernt lag, denn er hätte vielleicht Probleme gehabt, diese hundert Meter zu schaffen.
    Aber er durfte sich noch nicht ausruhen. Der nächste Schritt bestand darin, Angie die verdammte Leiter hinaufzubekommen. Alles, was er brauchte, um sie zu versorgen, befand sich oben, und dort war es ohnehin am sichersten.
    Er starrte die Leiter an und rang mit sich, ob er alles auf einmal nach oben tragen oder die Ausrüstung hierlassen und Angie unbehindert hinaufbringen sollte. Die zweite Methode würde es leichter machen, sie dort raufzuschaffen, aber dann musste er an die Anstrengung denken, die Leiter noch einmal zu bewältigen.
    Bei dem Gedanken, sie möglicherweise fallen zu lassen, lag die Entscheidung auf der Hand. Zuerst Angie, dann der Rest. Er legte die Taschenlampe auf ein Regal, nahm beide Gewehre ab und lehnte sie gegen eine Box. »Ich werde dich jetzt auf die Füße stellen«, erklärte er und umfasste mit beiden Händen ihre Taille, um ihr Gewicht zu verlagern. »Vielmehr auf den Fuß. Kannst du stehen?«
    Es folgte eine Pause, während sie verarbeitete, was er gesagt hatte, dann antwortete sie: »Ich weiß es nicht.«
    Es war zwar nicht das, was er hören wollte, aber es war ehrlich. Er hob sie von der Schulter und ließ sie behutsam an sich hinabgleiten, und sobald er sie neben der Leiter aufrecht hatte, behielt er einen Arm um sie, bis sie das Gleichgewicht fand. Sie ergriff die Leiter, lehnte sich dagegen und verlagerte ihr ganzes Gewicht auf den linken Fuß.
    Im unteren Stockwerk war es dunkel, aber durch die beiden Fenster oben fiel genug Licht, dass er sehen konnte, wie sehr sie am ganzen Leib zitterte. Der schwere Regen hatte einen großen Teil des Schlamms weggewaschen, der sie bedeckt hatte, als er sie gefunden hatte, aber sie sah immer noch furchtbar aus, das Gesicht papierweiß in dem Dämmerlicht, die dunklen Augen groß und glasig und mit den tiefen Rändern völliger Übermüdung. Schwankend und zitternd stand sie da und beobachtete ihn ohne den geringsten Anflug von Neugier in den Augen, wartete darauf, was immer er ihr als Nächstes auftrug.
    Er ließ die schweren Satteltaschen von der linken Schulter zu Boden gleiten, dann schaute er auf und ging in Gedanken

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