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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Hätten Sie was dagegen, mich loszulassen? Vielleicht sollten wir einen kurzen Spaziergang unternehmen. Sie machen auf mich den Eindruck eines Menschen, der sich gern fit hält. Aber andererseits könnte es sein, dass Sie nach der Begegnung mit Catherine Gagnon ein wenig außer Atem sind.«
    Langsam lockerte Bobby den Griff um den Kragen des Mannes. »Sie haben mich beschattet«
    »Sagen wir, dass ich mich ausgesprochen dafür interessiere, was Sie so treiben. Wollen wir?«
    Harris wies auf den Gehweg. Bobby presste die Lippen zusammen, doch nach einer Weile setzte er sich widerstrebend in Bewegung. Seine Neugier war geweckt, und sein Begleiter wusste das.
    »Sie ist wirklich eine Schönheit«, stellte der Privatdetektiv fest.
    Bobby antwortete nicht.
    »Wäre es nicht einfacher, wenn sie hässlich wäre?«, fragte Harris. »Ich stelle es mir schwierig vor, die Frau des Mannes, den man erschossen hat, zu treffen und sich nicht gegen den Gedanken wehren zu können, wie es wäre, mit ihr ins Bett zu gehen.«
    »Kommen Sie endlich auf den Punkt.«
    »Sie haben viele Fragen gestellt, Officer Dodge. Und solange Sie das tun, sollten Sie auch Antworten erhalten. Darf ich?«
    Als Bobby nicht widersprach, begann der Privatdetektiv zu erzählen.
    »Sie hat an der Parfümtheke bei Filene’s gearbeitet«, fing er an. »Hat sie Ihnen das verraten? Ja, die elegante, wunderschöne Mrs Gagnon hat früher ihre Brötchen als Parfümverkäuferin verdient. Sie hat nicht nur das College abgebrochen, sondern besitzt auch sonst keine beruflich verwertbaren Kenntnisse. Also hat sie Parfüms verkauft, in einer von Ratten verseuchten Wohnung in Ostboston gelebt und ihre beiden Kleider abwechselnd getragen. Natürlich nur, bis sie Jimmy kennengelernt hat.«
    »War Jimmy damals schon achtzehn?«
    »Er war sogar bereits siebenundzwanzig.«
    »Dann war er ein großer Junge und wusste, was er tat.«
    »Das möchte man meinen«, stimmte Harris nachsichtig zu. »Aber bei einer Frau wie Catherine kann das Aussehen über so manches hinwegtäuschen.«
    »Sie ist eine Teufelin in Gestalt eines Engels, bla, bla, bla. Jetzt rücken Sie schon raus mit der Sprache.«
    »Jimmy Gagnon war ein ziemlicher Playboy. Bestimmt haben Sie schon von ihm gehört. Er war attraktiv, amüsierte sich gerne, tat, was ihm gefiel, und natürlich war er ausgesprochen großzügig. Außerdem hatte Jimmy einen gewaltigen Frauenverschleiß, und ich muss zugeben, dass seine Eltern sich allmählich Sorgen machten, er könnte nicht mehr in ein bürgerliches Leben zurückfinden. Dann lernte er Catherine kennen. Er lächelte ihr zu, sie besprühte ihn mit Parfüm, und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
    Anfangs waren meine Brötchengeber, James und Maryanne, begeistert. Catherine machte einen reizenden, stillen und vielleicht sogar ein wenig schüchternen Eindruck. Und dann erzählte Jimmy ihnen von ihrem traurigen Leben.«
    »Die Arme«, murmelte Bobby.
    »Verzeihung?«
    »Nichts.«
    »Sie sollten einmal unter Catherines Namen nachschlagen. Schauen Sie sich alles an, was im Jahr 1980 unter dem Titel ›Thanksgiving-Wunder‹ steht. So wurde Catherine damals genannt. Sie war von einem Pädophilen entführt worden, der sie achtundzwanzig Tage lang in einem Erdloch als Sexsklavin hielt. Zufällig wurde sie von Jägern gefunden. Niemand weiß, was sonst aus ihr geworden wäre.
    Jimmy war fasziniert von ihrer Geschichte. Sie hätten Catherine vor sechs Jahren sehen sollen, als sie sich kennenlernten. Ein wenig zu mager, riesige Augen und ein fadenscheiniges Kleid. Sie war nicht nur schön, sondern tragisch, eine hilflose Prinzessin in Not. Zu Jimmy sagte sie, bei ihm sei sie zum ersten Mal im Leben wirklich glücklich. Schon wenige Monate später waren sie verlobt, und bald wurde geheiratet. Catherine Gagnon kam, sah und siegte.«
    Sie hatten bereits einen Häuserblock hinter sich und befanden sich auf halber Höhe des zweiten.
    »Also bekam Jimmy eine schöne Frau und Catherine ein gut gefülltes Bankkonto.« Bobby zuckte die Achseln. »Aber das trifft doch bei den oberen Zehntausend auf die meisten Ehen zu. Was ist da das Problem?«
    »Ihr Sohn. Als nur ein Jahr später Nathan zur Welt kam, erlitt Catherine einen Nervenzusammenbruch. Sie war mit der Mutterrolle schlicht und ergreifend überfordert. Da kriegten James und Maryanne es zum ersten Mal mit der Angst zu tun. Nicht nur deshalb, weil sie Jimmy so behandelte, sondern auch wegen Nathan.«
    Unvermittelt wechselte

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