Lauf, wenn du kannst
auf meinem Schoß. Den Kopf hatte er an meine Schulter gepresst, um seinen Vater nicht ansehen zu müssen. Dabei hielt er sich mit beiden Händen die Ohren zu. Ich sagte zu Jimmy, ich würde Nathan in unserem Zimmer ins Bett legen, und bat ihn, sich zu beruhigen, da er unserem Kind Angst einjagte. Dann ging ich an ihm vorbei ins Schlafzimmer. Sobald ich drinnen war, schloss ich von innen ab und verständigte die Polizei.«
»Hat Jimmy da die Waffe abgefeuert?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Die Nachbarn haben zwei Schüsse gemeldet.«
»Wirklich?«
Copley zog die Augenbrauen hoch. »Soll das bedeuten, dass Sie nicht sicher sind, ob Ihr Mann die Waffe abgefeuert hat?«
»Ich war mit meiner Aufmerksamkeit nicht bei Jimmy, sondern bei Nathan, der außer sich war vor Angst.«
Mommy, müssen wir jetzt sterben? Mach Licht, Mommy, wir brauchen mehr Licht.
»Hat Jimmy vor diesem Abend je Ihnen oder Ihrem Sohn wehgetan?«
»Wenn Jimmy wütend wurde, warf er mit Gegenständen. Manchmal ... wir hatten Eheschwierigkeiten.«
»Eheschwierigkeiten?« Wieder die Blondine, und zwar in sarkastischem Tonfall. »Alle zwei Wochen standen uniformierte Kollegen bei Ihnen vor der Tür, weil Beschwerden eingegangen waren. Und schließlich spitzte sich die Krise so zu, dass Ihnen die Sache entglitt, richtig, Mrs Gagnon? Jimmy hatte die Scheidung eingereicht.«
Catherine erwiderte kühl ihren Blick. »Stimmt ganz genau.«
»Das Geld gehörte ihm«, bohrte die Blondine weiter. »Er hatte die Macht. Erst hat Sie der Kerl regelmäßig verprügelt, und nun wollte er Sie auch noch über den Tisch ziehen. Offen gestanden kann es Ihnen niemand verdenken, dass Sie sauer geworden sind.«
»Wir hatten Probleme. Aber das hieß nicht, dass man die nicht hätte lösen können.«
»Bitte, verschonen Sie mich. Ihr Mann hat Sie geschlagen. Er hat Sie angebrüllt und Ihr Kind mit Gegenständen beworfen. Welches Interesse könnten Sie gehabt haben, sich mit ihm zu versöhnen?«
»Man merkt, dass Sie Jimmy nie kennengelernt haben.«
»Allerdings scheinen Sie selbst auch nicht so beeindruckt gewesen zu sein, denn sonst hätten Sie ja nicht mit dem Arzt Stethoskopverstecken gespielt.«
Catherine zuckte zusammen. »Das war unter die Gürtellinie.«
»Sie haben Dr. Rocco noch einmal aufgesucht, richtig?«
»Nathan hatte am Freitag einen Anfall von akuter Bauchspeicheldrüsenentzündung. Natürlich habe ich Dr. Rocco aufgesucht.«
»Hatte er Sie schon vermisst? Wollte er Sie zurück? Da Jimmy nun tot ist ...«
»Diese Andeutung empfinde ich als beleidigend. Die Leiche meines Mannes ist noch kaum kalt ...«
»Raum kalt? Haben Sie seine Ermordung arrangiert?«
»Wie denn? Indem ich mich als Zielscheibe zur Verfügung gestellt habe?«
Die Blondine rutschte an die Sofakante und feuerte eine Salve von Fragen auf Catherine ab. »Wer hat den Streit angefangen? Donnerstagnacht? Wer hat Dr. Rocco zuerst erwähnt?«
»Ich. Nathan fühlte sich nicht wohl.«
»Und deshalb haben Sie beschlossen, den Namen Ihres verflossenen Liebhabers gegenüber Ihrem eifersüchtigen Ehemann fallen zu lassen?«
»Er war Nathans Arzt!«
»Sie haben Nathan weiter von Ihrem ehemaligen Liebhaber behandeln lassen, obwohl Ihr Mann eifersüchtig war und Sie schlug?«
Catherine blinzelte, kurz aus dem Konzept gebracht, und suchte verzweifelt nach einer glaubhaften Antwort. »Nathan mag keine fremden Ärzte. Ein neuer Arzt bedeutet weitere Untersuchungen. Ich wollte ihn dem nicht aussetzen.«
»Ach, ich verstehe. Also trafen Sie sich weiter mit Ihrem früheren Liebhaber, um Ihrem Sohn einen Gefallen zu tun?«
»Dr. Rocco ist ein guter Arzt.«
»Ist ein guter Arzt?«
»Ist ein guter Arzt«, wiederholte Catherine leicht verdattert. »Dann wird es Sie sicher enttäuschen, dass er nicht länger Ihr Arzt sein kann.«
»Das war nicht seine Schuld. James Gagnon hat viel Einfluss. Tony hatte keine andere Wahl.«
Zum ersten Mal wirkte die Blondine überrascht. »Wann haben Sie Dr. Rocco zuletzt gesehen?«, erkundigte sie sich.
»Freitagabend. Als Nathan in die Intensivstation eingeliefert wurde. Anschließend teilte mir Dr. Rocco mit, er könne Nathan nicht weiter behandeln. Der Leiter der Kinderklinik habe ihn aufgefordert, den Fall abzugeben. Er hat mich an einen Genetikspezialisten, einen Dr. Iorfino, überwiesen. Am Montag haben wir einen Termin.«
»Und wann haben Sie diesen Termin vereinbart?«
»Das habe ich nicht. Tony hatte das erledigt.«
»Persönliche
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