Lauf, wenn du kannst
langsam. »Ja, manchmal benütze ich auch schmutzige Wörter, und ich schmeiße sogar Sachen kaputt, wenn ich sauer werde. In den letzten beiden Tagen habe ich eine ganze Menge zerbrochen. So hatte ich wenigstens etwas zu tun, bevor die Polizei bei mir auf der Matte stand.«
Bobby hob seine Kaffeetasse. Verdammt, seine Hand zitterte ja.
»Hast du deswegen endlich angerufen, Bobby? Nicht, weil du dir Sorgen um mich gemacht hast, sondern aus Neugier, was die Ermittler von mir wollten?«
»Es stimmt beides.«
»Arschloch!« Mit ihrer Selbstbeherrschung war es vorbei, und inzwischen war sie den Tränen nah. Sie presste die Handballen auf die Augen und versuchte vergeblich, in der Öffentlichkeit den Schein zu wahren.
»Es war falsch von mir, am Freitag so einfach zu gehen«, räumte er verlegen ein.
»Ach, wirklich?«
»Ich hatte es nicht geplant. Beim Aufwachen habe ich mich umgeschaut ... und die Panik gekriegt.«
»Hattest du Angst, ich würde es nicht verkraften? War das der Grund?«
»Ich dachte ...« Er runzelte die Stirn und wusste nicht, wie er sich ausdrücken sollte.« Ich dachte, du hättest etwas Besseres verdient.«
»Was für ein Mist soll das denn sein?« Offenbar hatte er etwas Falsches gesagt, denn nun zitterte Susan vor Wut. Sie stellte die Kaffeetasse weg und fuchtelte ihm mit dem Zeigefinger vor der Nase herum. »Verschon mich mit diesem Unsinn, und spiel hier nicht den edlen Ritter, den starken Höhlenmenschen, der sein hilfloses kleines Weibchen beschützen muss! Das ist doch alles Blödsinn! Du bist abgehauen, Bobby. Du hast mir überhaupt keine Chance gegeben. Als es dir zu kompliziert wurde, hast du dich verdrückt. So einfach ist die Sache.« Nun riss auch Bobby der Geduldsfaden. »Entschuldige vielmals. Wenn ich das nächste Mal einen Menschen erschieße, werde ich mir natürlich zuerst Gedanken über deine Gefühle machen.«
»Du warst mir wichtig!«
»Du warst mir auch wichtig!«
»Warum sitzen wir dann hier und brüllen uns an?«
»Weil uns sonst nichts geblieben ist.« Er bereute die Worte, sobald er sie ausgesprochen hatte. Wie vor den Kopf geschlagen und offensichtlich gekränkt, lehnte sie sich zurück. Dann aber begann sie zu nicken, was wiederum ihn verletzte. Also waren sie quitt.
»Eigentlich wolltest du Schluss machen, seit es zwischen uns angefangen hat«, sagte sie mit leiser Stimme und drehte den Kaffeebecher zwischen den Händen.
»Wir hatten nie viel gemeinsam.«
»Es hat für zwei Jahre gereicht.«
Er zuckte die Schultern und fühlte sich noch beklommener und leerer, und zwar auf eine Weise, die er sich nicht erklären konnte.
»Frag mich, was du mich fragen wolltest, Bobby«, meinte Susan müde. »Horch deine Ex-Freundin aus, um zu erfahren, was sie der Polizei verraten hat.«
Er hatte wenigstens den Anstand, zu erröten.
»Ich kann mich wirklich nicht erinnern, ihnen je begegnet zu sein«, erwiderte er knapp.
»Den Gagnons?« Sie zuckte die Achseln. »Auf mich persönlich haben sie einen ziemlichen Eindruck gemacht.«
»War das unser einziges Treffen?«
»Ich habe sie einige Male bei verschiedenen Veranstaltungen gesehen, aber bei den großen Feiern ... Ich glaube, du bist ihnen nur einmal begegnet.«
»Ich habe nicht sehr auf sie geachtet.« Bobby war es wichtig, das zu betonen.
Susan verdrehte die Augen. »Komm schon, Bobby! Sie ist eine sehr attraktive Frau. Und mit dem goldenen Kleid und der exotischen Maske ... Sogar ich hätte Lust gehabt, mit ihr ins Bett zu gehen.«
»Ich habe nicht sehr auf sie geachtet«, wiederholte Bobby, »denn ich war voll und ganz damit beschäftigt, ihn zu beobachten, während er dich angeglotzt hat. Ein toller Typ, der in Anwesenheit von mir und seiner Frau meine Freundin angafft.«
Susan wirkte nicht überzeugt. Aber schließlich nickte sie und umfasste weiter ihre Tasse. »Macht dir das zu schaffen?«
»Was?«
»Dass du Jimmy Gagnon kanntest und nicht viel von ihm gehalten hast. Und später hast du ihn dann getötet. Gib es schon zu, Bobby, das nagt doch sicher an dir.«
»Ich habe mich erst daran erinnert, dass ich ihm je begegnet bin, nachdem du es gegenüber der Polizei erwähnt hattest.«
Sie schwieg eine Weile. »Wenn es dich aufmuntert: In den Zeitungen steht, du hättest dem kleinen Jungen wahrscheinlich das Leben gerettet.«
»Wahrscheinlich«, wiederholte er bedrückt. »Ich glaube, die Familie hat es auf mich abgesehen«, fügte er dann hinzu, weil es ihm wichtig war, das laut
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