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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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erzählen. Normalerweise erzählte ich ihr alles, aber
der Kuss
war schließlich abgehakt.
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter. Dann hatte er die Idee, sich so eine Filiale anzuschauen, um zu sehen, ob die dort auch mit meinem Bild werben. Hast du vielleicht einen breitkrempigen Hut oder irgendwas, um mein Gesicht zu verdecken?«
    »Da muss ich erstmal nachschauen. Aber warte mal, bei dir lag doch so ein Sombrero rum.«
    Aynurs Sombrero! Den hatte ich total vergessen. Besonders unauffällig war der quietschorangene Hut zwar auch nicht, aber ideal, um mein Gesicht zu verdecken. Lila versprach, ihre Hutund Mützensammlung zu sichten und sich dann auf den Weg zu mir zu machen. Ich fand den Sombrero auf dem Fußboden im Schlafzimmer und ging damit ins Bad. Die Krempe war so breit, dass ich gegen die Badtüre stieß. Ich sah zwar ein bisschen aus, als sei ich einem billigen Italo-Western entsprungen, der Sombrero tat jedoch seinen Dienst. Wenn ich die Krempe nach unten zog, war mein Gesicht nicht zu erkennen.
    Während ich auf Lila wartete, legte ich mich aufs Sofa. Bei Nostalgie-TV gab es ein 9-Stunden-Special
Raumpatrouille Orion
. Der Spaziergang und die Aufregung um das Plakat hatten mich erschöpft, und schließlich war ich immer noch nicht richtig fit. Es war sehr entspannend, Dietmar Schönherr und Eva Pflug im
Starlight Casino
bei ihrem seltsamen Gesellschaftstanz zuzusehen. So entspannend, dass ich nach kurzer Zeit eingeschlafen war.
    »Ich habe mindestens sechsmal geklingelt, blöderweise hab’ ich deinen Schlüssel vergessen«, sagte Lila, als sie atemlos meine Wohnung betrat, eine riesige Plastiktüte unter dem Arm.
    »Sorry. Ich bin eingeschlafen«, sagte ich.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Na ja. Wenn du die Grippe meinst: ganz okay. Wenn du die Plakatgeschichte meinst: ziemlich grauenhaft. Hast du zufällig einen Rechtsanwalt in der Bekanntschaft?«
    »Wir arbeiten immer wieder mit einer sehr netten Polizistin zusammen, wenn die Kids aus meiner Wohngruppe mal wieder randaliert haben. Die hat eine ziemlich soziale Ader und kennt sich unheimlich gut aus. Sie sitzt im Polizeirevier Ostendstraße. Ich rufe sie am Montag gleich an. Ich werd ihr sagen, dass du arbeitslos bist. Bestimmt gibt sie dir eine Auskunft.«
    »Das wäre super. Danke.«
    Lila kippte ihre Tüte aus. Hüte aus Filz, Samt und Stroh in unterschiedlichen Pastellfarben bedeckten den Flurboden. Ich probierte ein paar der Hüte an. Sie waren allesamt nicht so effektiv wie der Sombrero. Ich zog den Sombrero auf und wickelte mir ein Seidentuch um den Hals. Lila sah mich prüfend an.
    »Sehr gut. So erkennt dich nicht mal dein eigener Vater.«
    »Mein Vater ist kein Kriterium. Der vergisst sogar meinen Vornamen.«
    Wir klingelten bei Leon. Leon öffnete, ein paar Turnschuhe in der Hand, und fing an zu glucksen, als er meine Ausstaffierung sah.
    »Spiel mir das Lied vom toten Huhn. Für eine Handvoll toter Hennen. Totes Huhn im Morgengrauen. Hallo Lila.«
    »Sehr witzig. Kommst du?«
    »Klar.« Leon zog sich die Schuhe an. »Also die nächste der sieben McGöckele-Filialen« – ich stöhnte auf – »befindet sich in der Marienstraße, gegenüber vom Hotel Ketterer.«
    Ich wusste ungefähr, wo das war. In der Nähe war das Alte Schauspielhaus und etwas weiter oben die Zoohandlung, wo ich Max II gekauft hatte. Mir war nicht aufgefallen, dass in der Ecke eine neue Fastfood-Filiale eröffnete.
    »Ihr habt doch hoffentlich Hunger?«, fragte Leon.
    »Willst du dort etwa essen?« Ich blickte ihn schockiert an.
    »Klar. Wir müssen doch herausfinden, ob du wenigstens für etwas wirbst, das etwas taugt.«
    Ich war mir da nicht so sicher. Wahrscheinlich würde ich Halluzinationen bekommen, wenn ich mir beim Essen zuschauen musste, wie ich aß, weil mich von allen Seiten mein eigenes Bild anstarrte.
    Zur Marienstraße konnte man locker zu Fuß gehen, einfach geradeaus die Reinsburgstraße hinunter. Die Sonne schien noch immer. Ich sehnte mich nach der Zeitumstellung, nach Wärme, längeren Tagen, einem gut bezahlten, interessanten Job und einem netten Freund. War das denn wirklich zu viel verlangt?
    Nach einer guten Viertelstunde überquerten wir die Ampeln unten an der Reinsburgstraße und gelangten in die Fußgängerzone. Die Verlängerung der Königstraße bot eine seltsame Mischung aus Cafés, Ablegern von Ketten wie Bäcker Lang oder dm-Markt und einem Sammelsurium aus Bioladen, Beate-Uhse-Shop und der Oxfam-Buchhandlung, wo ich regelmäßig zu Gast war, um

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