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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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Plastiktüte mit. Ich schob das Rad mit der rechten Hand die Reinsburgstraße hinauf, damit ich die linke für Max II frei hatte. Max II war ein wenig aufgeregt und schleierte in seinem Beutel hektisch hin und her. Ich riet ihm, die Aussicht zu genießen. Schließlich würde das für lange Zeit die letzte Abwechslung für ihn sein.
    Kurz vor meinem Haus öffnete ich den Anorak, verstaute Max II darunter und zog den Reissverschluss vorsichtig wieder hoch. Hoffentlich traf ich niemanden. Da hatte ich aber Pech gehabt. Es war samstägliche Treppenhauskonferenz- und Kehrwochenzeit. Die Treppe vom ersten zum zweiten Stock war nass und ich versuchte, möglichst wenig Abdrücke zu hinterlassen, was mit Max II auf meinem Bauch nicht so einfach war. Auf dem Treppenabsatz vom zweiten Stock standen Herr Dobermann und sein italienischer Nachbar Enrico Silicone. Beide schwatzten gern. Herr Dobermann hatte einen Lappen in der Hand, bei dem es sich durchaus um eine ausgediente Unterhose (Breitripp) handeln konnte, und vor ihm stand ein Putzeimer. Der moderne Wischmopp hatte in der schwäbischen Kehrwoche noch nicht Einzug gehalten. In der Heimat des Pietismus sollte es schließlich so unbequem wie möglich zugehen.
    »Tut mir Leid, Herr Dobermann, jetzt bin ich über die feuchte Treppe gelatscht.« Seit ich Herrn Dobermann, der um die fünfzig sein musste, am letztjährigen Christopher Street Day beim Schwulenchor
Rosa Note
mit einem rosa Puschel in der Hand erstaunlich grazil hatte tanzen sehen und ihm begeistert applaudiert hatte, drehte er sich immer weg, wenn er mich sah. Wahrscheinlich war es ihm peinlich. Jetzt konnte er mich schlecht ignorieren. »Koi Problem. I gang eh nomal driber.«
    Dieser Satz gehörte für mich zu den großen Mysterien der Kleinen Kehrwoche. Er fiel eigentlich immer, wenn man über eine soeben feucht gewischte Treppe ging, selbst wenn man schlammbespritzte Wanderstiefel trug. »I gang eh nomol driber.« Wahrscheinlich machten deshalb die meisten Leute die Kehrwoche samstagvormittags, weil dann die Wahrscheinlichkeit, dass jemand seine Fußabdrücke auf den sauberen Stufen hinterließ und man nochmal drübergehen musste, am höchsten war.
    Ich eierte steif und langsam an ihnen vorbei, um Max II nicht zu gefährden, und konnte ihre erstaunten Blicke in meinem Rücken spüren. Wahrscheinlich dachten sie, ich sei schwanger. O Gott. Vielleicht war ich es ja tatsächlich. War mir nicht heute morgen so ein kleines bisschen übel gewesen?
    Im dritten Stock konnte ich schon hören, dass sich im vierten Stock Frau Müller-Thurgau und Leon angeregt unterhielten. Ich hatte gehofft, Max II unbemerkt in seinen Big-Brother-Container zu bringen, zumal ich keine Ahnung hatte, wann Herr Tellerle am Sonntag von Malorka nach Hause kommen würde. Mit so viel Publikum war mir das zu gefährlich. Also eierte ich in den vierten Stock. Ich spürte, wie das Wasser im Plastikbeutel hin- und herschwappte und war mir nicht sicher, wie Schleierschwänze auf Wellen der Windstärke 7 reagierten.
    »Grüß Gott, Frau Müller-Thurgau. Hallo Leon.« Frau Müller-Thurgau musterte mich neugierig. Leon hatte einen Müllbeutel in der einen und einen Teller mit köstlich aussehenden Donauwellen in der anderen Hand. Der Verräter! In all den Jahren hatte Frau Müller-Thurgau mir nie Kuchen geschenkt, und kaum tauchte irgendein Kerl auf ... Jedenfalls sah Leon nicht aus, als ob er etwas gegen Donauwellen einzuwenden hätte.
    »So, sen Se eikaufe gwä!«, sagte Frau Müller-Thurgau.
    »Äh ja«, sagte ich.
    »Es gab wohl nichts«, sagte Leon und grinste, weil ihm natürlich sofort aufgefallen war, dass ich keine Einkaufstaschen trug.
    »Pffff«, sagte ich als Antwort nur und eierte das letzte Stockwerk hinauf. Ich wollte endlich diesen Fisch von meinem Bauch loswerden.
    »Also dann, wir sehen uns heute Abend, ich bin schon gespannt!«, rief mir Leon fröhlich hinterher. Ich jaulte innerlich auf. Wie konnte er nur so blöd sein! Was ging es die alte Klatschbase Müller-Thurgau an, dass wir etwas zusammen unternahmen!
    »So, so, die Jugend geht zusammen aus. Des isch abr amol nett!«, säuselte Frau Müller-Thurgau in meinem Windschatten. Dass sie Leon nicht fragte, in welcher Kirche wir heiraten würden, war noch alles.
    In meiner Wohnung zog ich Max II vorsichtig unter dem Anorak hervor. Er schien keinen sichtbaren Schaden genommen zu haben und konnte sich ja nachher bei seinen neuen WG-Kumpels ausheulen. Ich holte den uralten Sicomatic vom

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