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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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Regal, den mir Dorle zur Konfirmation geschenkt hatte und den ich nur ein einziges Mal benutzt hatte. Damals war er mir beinahe um die Ohren geflogen, weil ich den Deckel geöffnet hatte, ohne den Dampf richtig abzulassen. Seither kochte ich darin dampflos Chili con carne sin carne. Vorsichtig öffnete ich den Beutel und entließ Max II mitsamt Wasser in den Sicomatic-Bauch, wo er sofort begann, fröhlich umher zu schwimmen.
    Es klingelte. Leon! Ausgerechnet jetzt! Ich schloss die Küchentür und öffnete. Leon stand mit dem Donauwellenteller vor mir. Unter dem Arm klemmte die offensichtlich frisch gewaschene Tischdecke.
    »Also, wenn du den Kaffee kochst, bin ich bereit, halbehalbe zu machen!«, flüsterte er verschwörerisch.
    »Äh, das ist gerade etwas ungeschickt. Ich muss äh ... dringend putzen. Jawohl. Putzen. Man will ja, dass die Wohnung am Sonntag sauber ist.«
    Leon musterte mich erstaunt und mit leichter Enttäuschung. »Eigentlich dauert es nicht so lange, eine Donauwelle zu essen ... Aber wie du meinst. Bis später dann.«
    Er übergab mir die ungebügelte Tischdecke. Der Teller mit den verführerisch aussehenden Donauwellen, der eben noch vor meiner Nase gebaumelt hatte, verschwand mit Leon in der Nachbarwohnung und ich sah ihm sehnsüchtig hinterher. Dem Teller. Offensichtlich war Leon nicht bereit, mir eine Donauwelle ohne Gegenleistung zu überlassen.
    Ich schloss die Tür und atmete tief durch. Leon wurde anhänglich. Seehr anhänglich. Als hätte er eine geheime Vereinbarung mit mir getroffen, mindestens einmal täglich bei mir vorbeizuschauen. Bloß hatte ich die Vereinbarung nicht unterschrieben. Ein gemeinsamer Ausgehabend würde es nicht gerade einfacher machen. Ich hatte ihn doch nun schon mehrmals abgewimmelt. Trotzdem schien er nicht zu kapieren, dass ich nichts von ihm wollte. Ich dachte an den Scheich. Das war ein Mann! Nächste Woche würde ich ihn in seinem Atelier besuchen. Das würde mich auf andere Gedanken bringen.
    Eine halbe Stunde später war die Luft im Treppenhaus rein. Ich fischte Max II wieder aus dem Wasser in die Tüte und schlich mich durchs Treppenhaus in den dritten Stock. Ich entließ ihn in seine neue Heimat. Max gesellte sich sofort zu den anderen Fischen und zog im Schwarm mit ihnen durchs Aquarium, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.
    »Soo, gucked Sie nach meine Fisch! Gell, des isch ebbes Schees!«
    Ich fuhr herum. Hinter mir stand Herr Tellerle, krebsrot von der Sonne Malorkas, in der Hand einen uralten abgewetzten Lederkoffer, der garantiert keine Rollen hatte. Er hatte doch am Sonntag wiederkommen wollen!
    »Äh ja, ich dachte, ich sage den lieben Tieren in aller Ruhe tschüss, ich sehe sie ja dann nicht mehr!« Meine rechte Hand mit der Plastiktüte war blitzschnell auf den Rücken geschossen, wo ich versuchte, die Fischtüte ohne auffällige Geräusche auf ein unsichtbares Format zu falten. Herr Tellerle streckte mir die Hand hin. Ich wechselte die Tüte auf dem Rücken von der rechten in die linke Hand und nahm die von Herrn Tellerle, der sie kräftig schüttelte.
    »Vielen Dank, dass Sie nach meine Liebling guckt hen!«
    »Aber ich bitte Sie, das habe ich doch gern gemacht! Schließlich sind wir Nachbarn!« Kam man für Notlügen in die Hölle?
    »Ond Sie dirfed au jederzeit vorbeikomma on nach ihne schaue!«
    »Äh, das ist nett, vielen Dank, ich bin grade bloß beruflich ziemlich eingespannt!« Ich drückte Herrn Tellerle den Wohnungsschlüssel in die Hand und floh. Ich wollte nicht danebenstehen, wenn er seine Lieblinge begrüßte und dabei feststellte, dass ihm jemand ein Kuckucksei ins Nest gelegt hatte.
    Den Nachmittag verbrachte ich damit, mir zu überlegen, was ich anziehen sollte. Eigentlich war es ja völlig egal, wie ich aussah, und große Auswahl bot mein Kleiderschrank nun auch nicht gerade. So zwei, drei Stunden lang zog ich ein T-Shirt nach dem anderen aus dem Schrank, probierte es an und stellte fest, dass es entweder völlig out war oder einen Fleck auf der Brust hatte. Die wenigen Oberteile, die mir gut standen und keinen Fleck hatten, waren entweder in der Wäsche oder von Motten angefressen. Ich musste dringend etwas gegen die Motten unternehmen.
    Ich war nun schon so lange nicht mehr aus gewesen, dass ich auf einmal Lust bekam, etwas Neues zu kaufen. Kurz vor sechs stürzte ich in die Stadt und erstand ein enganliegendes, langärmeliges, schwarzes T-Shirt mit einem ziemlich tiefen Ausschnitt. Da ich keinen Busen hatte,

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