Laugenweckle zum Frühstück
Pilcher in der Regel bewohnt werden – rosenumrankt, mit einer geschwungenen Kiesauffahrt und einem Garten mit Blick über die Bucht, wo man auf weißen Gartenmöbeln den Tee nehmen konnte.
Zufällig hatte auf der einsamen Straße vor der Kiesauffahrt ein scheinbar mittelloser Restaurator eine Reifenpanne. In Wirklichkeit war der scheinbar mittellose Restaurator Alleinerbe von Lord und Lady Ashley, die in so einer schnuckligen Burg wohnten, wie sie in Cornwall beziehungsweise bei Rosamunde Pilcher massenhaft herumstehen. Natürlich verschwieg der Restaurator (der leider enttäuschend milchbubihaft aussah) seinen Reichtum. Mona, die Witwe, schrieb aber auch nicht gerade nur rote Zahlen und fuhr trotz des bekanntlich schlechten englischen Wetters immer mit einem Mercedes-Cabrio herum. Das hätte man jetzt als
product placement
geißeln können, aber ich fand es okay. Jetzt, wo der Daimler den Chrysler abgestoßen hatte, konnte er jede Unterstützung gebrauchen.
Dann gab es natürlich noch den fiesen Fiesling, der Mona schöne Augen machte, weil er in Geldnöten steckte. Aber Mona verfiel in einer lauen Mondnacht dem Milchbubi. Das ging so lange gut, bis ihr der böse Bube steckte, dass der Milchbubi der Besitzer des Pferdes war, das den Tod ihres, also Monas Mannes verschuldet hatte, weil nämlich Sandra, die dämliche Exfreundin des Milchbubis, zu blöd zum Reiten war, deshalb vom Pferd fiel und dieses Vieh dann in das Auto rannte, in dem Monas toter beziehungsweise also danach toter Mann gesessen hatte. Klar?
Mona servierte den Milchbubi ab. Dann wurde es aber erst richtig dramatisch, weil Mona, ungeschickt wie sie war, sich mit der Hacke ein Loch ins Bein haute in ihrem romantischen Garten (es wurde nicht ganz klar, warum sie da hackte, sie hatte schließlich einen Gärtner). Jedenfalls wurde sie ohnmächtig. Natürlich fand sie der Milchbubi. Der Sohn von Tom Hanks fand dann in dem Loch, das Mona gebuddelt hatte, zufällig einen echten Schatz, Juwelen und Geschmeide und so, aber der fiese Bösling brauchte ja Geld und nahm es dem armen Kleinen ab. Wie es dann weiterging, weiß ich nicht, weil Lila und ich uns vor lauter hysterischem Gelächter nicht mehr auf den Film konzentrieren konnten und nur noch japsten. Die Landschaftsaufnahmen waren aber wieder sehr hübsch und vermutlich ging es gut aus.
8. Kapitel |
Montag
My life is just a slow train, crawling up a hill
Es klingelte. Es klingelte Sturm. Ich öffnete und Leon stand vor mir, puterrot im Gesicht. Aus seinem Mund baumelte ein riesiges Fischstäbchen, es hatte das Gesicht des Fieslings aus dem Rosamunde-Pilcher-Film, und mit seinen kurzen Ärmchen packte es Leons Hals und drückte gnadenlos zu. »Nein«, schrie ich, »nein!« Ich packte die Arme des Fischstäbchens und versuchte, sie zurückzureißen, aber das Fischstäbchen hatte supermanähnliche Kräfte, Leon wurde immer dunkelroter, er röchelte, dann wurde sein Gesicht aschfahl und noch immer klingelte es, klingelte es ...
Ich fuhr hoch. Es klingelte tatsächlich Sturm. Panisch sprang ich aus dem Bett. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war. Ohne mich mit Schuhen aufzuhalten, lief ich über den eiskalten Boden zur Tür und riss sie auf. »Leon!« Aber es war nicht Leon.
Vor mir stand Herr Tellerle. Herr Tellerle, der sich, seit ich ihn kannte, eher durch ein zurückhaltend-friedliches, wenn auch manchmal kehrwochenkritisches Temperament ausgezeichnet hatte, puterrot im Gesicht so wie Leon letzte Woche, ohne Fischstäbchen im Hals, aber mit einem toten, stinkenden Fisch in der ausgestreckten Hand. Seine Schleierflossen machten es leicht zu glauben, dass er jetzt ein Fischengel war. Max. Dann brüllte Herr Tellerle los. Ein so kräftiges Organ hätte ich ihm gar nicht zugetraut.
»Des isch mei Max! Der isch grad aus dr Biotonne gfalla, als i di han enna ausbutza wella! Sie hen mein Max ombrochd! I gäb Ihne nie mee mei Aquariom zom Pfläga! I schwätz nie mee au bloß oi Wort mit Ihne! Mörderin! Mör-der-rin!«
Ich stand da, wie vom Donner gerührt. Der Schweiß von meinem schrecklichen Traum stand mir eiskalt auf dem Rücken. Herr Tellerle schien sein Pulver verschossen zu haben. Im Treppenhaus waren Türen aufgegangen, überall war Gemurmel zu hören. Herr Tellerle sagte nichts mehr und schien auch keine Antwort zu erwarten. Er wimmerte leise und wiegte Max auf seiner Hand hin und her. In seinen Augen standen Tränen.
»Es tut mir so leid«, flüsterte ich. »Wirklich. Es tut mir so
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