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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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definitiv nicht sein erstes an diesem Abend. Früher hatte er eine starke erotische Ausstrahlung auf mich gehabt. Sonst hätte ich ja auch nicht mit ihm geknutscht. Jetzt sah er dagegen grau und verbraucht aus.
    »Du und ich, Line ... wir teilen etwas ganz Besonderes.«
    »Äh ja, klar. Und wie geht es deiner Frau?«
    Rolf schniefte. O mein Gott. Er würde doch nicht etwa anfangen zu heulen? Ich
hasste
emotionale Männer! Männer hatten keine Gefühle zu zeigen! Das war einfach nicht ihr Job! Das war der gleiche Scheiß wie mit Leon am Samstagabend!
    Rolf holte aus der Hosentasche seiner Designer-Jeans ein Taschentuch, auf dem zwei Kirschen aufgestickt waren, und tupfte sich die Augen ab. Dann schnäuzte er sich. Wenigstens nicht umgekehrt.
    »Meine Frau ...«, flüsterte er. »Ach, meine Frau. Was heißt das schon, meine Frau! Sie liebt mich schon lange nicht mehr! Sie hat einen Liebhaber! Ach was, einen, mehrere!«
    Aus heiterem Himmel packte er mein Handgelenk, so dass ich gezwungen war, das Weinglas loszulassen, das ich nervös umklammert hatte.
    »Line ...« Seine Stimme nahm einen beschwörenden Klang an. Irgendwie war meine Hand jetzt auf seine Tischseite gerutscht und er umklammerte sie noch fester. Ich versuchte, sie zurückzuziehen, ohne allzu handgreiflich zu werden. Es ging nicht. Rolf hielt mich so fest, als sei er ein Geist in einem alten Gruselfilm. Ich blinkerte verzweifelt dem Kellner zu, der gerade am Tisch nebendran bediente und uns interessiert beobachtete. Er zuckte die Schultern und grinste. Rolf beugte sich vor und flüsterte, »Line, lass uns fortgehen. Weit fort! Ich hab genug von der Schwäbischen Alb und Stuttgart. Lass uns nach Paris gehen! Nur du und ich! Dort machen wir zusammen eine Agentur auf, mieten uns eine Wohnung am Montmartre, essen Baguette, trinken Rotwein und ich schenke dir eine Baskenmütze ...«
    »Rolf, du kannst doch gar kein Französisch!«
    Rolf zuckte die Schultern. »Na und? Wir leben in einer globalisierten Welt. Mit Englisch und Schwäbisch kommt man auch in Paris durch.«
    Noch immer hielt er meine Hand wie in einem Schraubstock fest.
    »Rolf, du tust mir weh!«
    Mit ehrlicher Bestürzung ließ er meine Hand los, aber als ich sie blitzschnell zurückziehen wollte, packte er sie erneut, beugte sich darüber und küsste sie. Aus den Augenwinkeln konnte ich den Kellner sehen, der sich großartig amüsierte. Er war nicht der Einzige, der uns beobachtete. Genau in dem Moment, als Rolf wie eine billige Ritter-Imitation meine Hand abknutschte, ging ein Paar an unserem Tisch vorbei. Die Frau trug einen strengen, sehr eleganten Hosenanzug in dezentem Schwarz. Im Kontrast dazu war ihr (wasserstoff-?)blondes Haar auf dem Kopf aufgetürmt und floss von dort sehr sexy in wilden Kaskaden in alle Richtungen. Der Mann war Leon. Er nickte mir zu und sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. O Gott.
    »Lass den Scheiß und gib mir endlich meine Hand zurück!«, zischte ich Rolf zu. Ich stand abrupt auf und schlurf-shuffelte zum Klo. Ich überholte Leon und seine Zicke mit Tempo 60 und klatschte mir auf dem Klo Wasser in mein hochrotes Gesicht. Aus meinen Ohren kamen mal wieder Rauchwölkchen. Ich holte tief Luft und versuchte, meine Lage zu analysieren, eiskalt und ohne Gefühlsregung:
    Ich konnte Rolf nicht völlig vor den Kopf stoßen, weil ich das Zeugnis brauchte. Andererseits hatte er für das Zeugnis offensichtlich eine Bezahlung in Naturalien vorgesehen. Und warum musste ausgerechnet im allerpeinlichsten Moment Leon auftauchen? Gab es nicht noch andere Kneipen in Stuttgart als die
Rosenau
? Die
ich
ihm gezeigt hatte? Und wer war die bescheuerte Tante, mit der er sich da abgab? Fiel er genauso wie alle Männer auf platinblonde Wallehaare herein? Hatte er nicht behauptet, in Stuttgart niemanden zu kennen? Dann sollte er sich gefälligst daran halten!
    In diesem Augenblick öffnete sich die Klotür und die bescheuerte Tante rauschte herein, vermutlich um sich ihr blasiertes Näschen zu pudern. Sie warf mir ein strahlendes Lächeln zu, das links und rechts an den Ohren festgezimmert war, und verschwand in einer Toilette. Die wenigen Sekunden hatten ausgereicht, um festzustellen, dass es wohl nicht nur die Wallehaare waren. Unter ihrem Jackett, das jetzt vermutlich über der Stuhllehne hing, befanden sich ein paar ordentliche Titten, die sich deutlich unter ihrem enganliegenden weißen T-Shirt abzeichneten.
    Ich floh aus dem Klo, um nicht mit ihr reden zu müssen. Außerdem machte ich

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