Laugenweckle zum Frühstück
ich jetzt auf dem Weg zu Eric M. Hollisters großem Bett sein. Ich überlegte, ob ich Lila jetzt gleich Bericht erstatten oder bis zum nächsten Tag warten sollte. Aber vielleicht würde Eric ausgerechnet dann nochmal anrufen, um sich besorgt zu erkundigen, ob ich gut nach Hause gekommen war?
Irgendwie hatte ich das Gefühl, Lila würde meinem Opernabend eine vernichtende Kritik geben. Weder hatte ich die Oper bis zu Ende gesehen noch das andere Ziel des Abends erreicht. Ja, eigentlich hatte sich der Abend durch die grundsätzliche Abwesenheit von Höhepunkten ausgezeichnet.
»Hier ist Line.«
»Line! Ich dachte, du bist in der Oper! Und lässt dich anschließend von deinem Scheich in Tausendundeine Nacht entführen!«
»Ich war in der Oper. Und im Gefrierfach. Jetzt bin ich zu Hause und taue auf.«
Ich erzählte Lila alles haarklein von Anfang an. Wie immer hörte sie mir konzentriert zu, ohne kommunikative Geräusche zu machen. Das änderte sich, als ich zur Besenkammer-Episode kam. Sie fing an zu glucksen. Die Glucksfrequenz erhöhte sich ziemlich schnell.
»Lila, das war nicht witzig! Erstens war es
Interruptus
, zweitens hängt meine Jacke noch immer in der Garderobe im dritten Rang und drittens habe ich mir wahrscheinlich eine Lungenentzündung geholt!«
Lilas Glucksen war in Schluckauf übergegangen. »Entschuldige, aber das ist die beste Geschichte, die ... erzähl weiter.«
Als ich fertig war, wurde Lila sehr ernst.
»Line, vielleicht setzt du dich bei Gelegenheit mal hin und denkst über den Kerl nach. Ich sage nur: Sancho-Panza-Perspektive statt Don-Quijote-Tunnelblick. Dann wird dir vielleicht klar, dass Eric M. Hollister die größte Gurke ist, mit der du dich in den letzten Jahren abgegeben hast!«
Ich hatte keine Ahnung, was Lila mit diesem Sancho-Panza-Don-Quijote-Dings meinte. Wahrscheinlich irgendein Sozpäd-Guru, der gerade
en vogue
war.
Trotzdem setzte ich mich hin, nahm einen Zettel und zog in der Mitte einen Strich. Links machte ich ein Plus und rechts ein Minus.
Nach zwanzig Minuten zog ich nüchtern Bilanz. Sie fiel nicht gut aus. Eric M. Hollister mochte gut küssen, fummeln und fotografieren können. Das stand auf der Plusseite. Dem stand auf der Minusseite entgegen, dass er sich selbst für eine ziemlich geniale Mischung hielt, die zu gleichen Teilen aus Hannibal, Indiana Jones und dem Gewinner der 1-Million-Euro-Frage von
Wer wird Millionär
bestand, obwohl er nicht mal wusste, wann Pol Pot in Kambodscha regiert hatte. Darüber hinaus hatte er wenig mehr in der Birne, als mich flachzulegen (okay, da war ich mir jetzt nicht so sicher, ob das nicht doch auf die Plus-Seite gehörte), hielt Mata Hari für eine Opernsängerin, hatte sich nicht mal nach meinem Wohlbefinden erkundigt, als ich ihm in der Oper vor die Füße geplumpst war, und hatte sich außerdem noch von mir aushalten lassen, so dass ich mit fünf Cent in der Tasche nach Hause gekommen war.
Eric M. Hollister war ein trauriges Würstchen!!!
Mit dieser vernichtenden Erkenntnis zog ich drei paar Socken an und legte mich auf dem Sofa schlafen. Ich drückte die Wärmflasche an mich. Trotzdem war mir immer noch kalt und ich war Lichtjahre davon entfernt, von einem Mann gewärmt zu werden, der Bücher und die Oper liebte.
17. Kapitel |
Mittwoch
The shadow of your smile
when you are gone
Ein Höllenkrach weckte mich. Es dauerte eine Weile, bis ich kapierte, dass ich im Wohnzimmer geschlafen hatte und das Telefon direkt neben meinem Ohr lag. Schlaftrunken meldete ich mich.
»Hier isch Hermann. Hermann Praetorius. Also dei Vaddr.«
»Vater, ich weiß, wie du mit Vornamen heißt!« Mein Herz begann zu rasen. Vater rief mich nie an. Unsere diplomatischen Beziehungen liefen über Dorle.
»Vater, ist was passiert? Nun sag schon!«
Vater räusperte sich. »S’isch so ... ’s Dorle hot an Schlagafall ghett. Geschdern Obend. Zum Glick isch dr Krangawaga schnell komma. Sie hot Theaterprob ghett. Und als se net komme isch, isch dr Karle – der mit ihr zamma Theater spielt – zu r hoim ond hot se gfonda. Ond jetzt liegt se em Birgerhoschbidal. Do hen die so a Schdrouk Junit.«
»Gestern Abend? Und das sagst du mir erst jetzt?«
»I han versucht, dir azomleide. Du warsch net do. I han drs net uf de Arufbeantworter sprecha wella.«
Vor meinem inneren Auge tauchte die Besenkammer in der Oper auf. Gleichzeitig hatte Dorle um ihr Leben gekämpft. Mir wurde übel.
»Wie geht es ihr?« Ich hatte Angst vor der Antwort.
»Ha,
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