Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
und für die Dauer eines Atemzuges vermeinte Laura ein gutes Dutzend züngelnder Schlangen zu sehen, die sich anstelle der Haare um ihren Kopf kringelten.
Laura lief ein kalter Schauer über den Rücken. Plötzlich fror sie entsetzlich, und sie steckte die Hände in die Jackentasche - und da spürte sie ihr Handy. Jähe Hoffnung stieg in ihr auf. Noch war nichts verloren, denn mit dem Telefon würde sie Hilfe herbeirufen können.
Ja!!!, jubelte sie insgeheim, und sie lächelte unbewusst.
»Laura!« Dr. Schwartz' Stimme war schneidend. Er musterte Laura streng. Die Taxus hatte sich zu ihm gebeugt und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Ja?«, fragte Laura.
Dr. Schwartz kniff die Augen zusammen. »Was hast du in deiner Tasche?«
»Ähm«, antwortete Laura. »Ähm ... nichts weiter.«
»Ssie lügt!«, zischte die Mathelehrerin wütend. »Ssoll ich ssie durchssuchen?«
»Nicht nötig.« Quintus wandte sich wieder an Laura. »Würdest du bitte die Hände aus den Taschen nehmen?«
Laura wusste, dass es zwecklos war, sich zu widersetzen. Wenn sie sich nicht fügte, würde er sie mit Gewalt dazu zwingen, ihm zu gehorchen. Also zog sie die Hände aus den Jackentaschen.
Dr. Schwartz starrte mit abwesendem Blick auf Lauras Jacke, und schon einen Moment später konnte sie spüren, dass ihr Handy sich bewegte. Es glitt aus ihrer Jackentasche und schwebte durch den Raum auf den Dunklen hinter dem Gitter zu, der es packte und in seiner Manteltasche verschwinden ließ.
Dieser Widerling! Dieser fiese Kerl!
»Ich wünsche euch beiden eine gute Nacht!«, spottete Dr. Quintus Schwartz zum Abschied. »Und keine Angst - selbstverständlich werden wir euch morgen nach dem Aufstehen ein Frühstück servieren lassen. Schließlich soll es euch in unserer Obhut an nichts mangeln!«
Er hängte den Schlüssel an einen Haken an der gegenüberliegenden Wand des Ganges und trat dann wieder zu der Lehrerin. »Auch wir sollten noch ein paar Stunden schlafen, Rebekka«, schlug er vor, »damit wir den morgigen Tag ausgeruht und mit frischen Kräften begehen können. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass die Wintersonnenwende sich zu einem ganz besonderen Tag entwickeln könnte, der uns allen unvergesslich bleiben wird!«
Damit brach Dr. Schwartz in ein dröhnendes Gelächter aus, in das die Taxus sofort einfiel. Dann verschwanden die beiden Lehrer in der Tiefe des Kellerganges, der von flackernden Fackeln in düsteres Zwielicht getaucht wurde. Ihr Gelächter hallte noch für geraume Zeit in den Ohren der Mädchen wider.
Laura sank zitternd auf die Pritsche. Sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. All die Angst, all die Anstrengungen, die sie ausgestanden hatte, sollten vergeblich gewesen sein? Nun hatte sie den Kelch gefunden - und konnte ihn doch nicht nach Aventerra bringen. Das war nicht gerecht! Sollte das Böse wirklich siegen?
Laura musste an ihren Vater denken. Wenn Papa mir doch helfen könnte! Ich habe doch wirklich alles versucht - und jetzt kann ich nur noch aufgeben.
Aufgeben?
»Nur wer aufgibt, hat schon verloren«, hatte Papa gesagt. Laura schnäuzte sich. Sie wurde ruhiger und beschloss, sich in dem schummerigen Verlies umzusehen.
»Ob es hier wohl Mäuse gibt?«, fragte Kaja verlegen. Sie hatte Laura noch nie so weinen sehen.
»Ich weiß es nicht, Kaja«, schluchzte sie. Dass sie es für mehr als wahrscheinlich hielt, verschwieg sie lieber. Kaja würde sonst kein Auge zutun in der Nacht. Die Freundin wirkte ebenso entmutigt wie sie selbst.
Erschöpft fragte Kaja: »Und was machen wir jetzt?«
»Schlafen«, antwortete Laura matt, inzwischen wieder vollkommen gefasst. »Das ist das Einzige, was wir im Moment tun können. Ich kann schon gar nicht mehr klar denken, so müde bin ich. Und morgen früh, wenn wir ausgeschlafen sind, überlegen wir, wie wir hier rauskommen.«
»Glaubst du wirklich, dazu besteht eine Möglichkeit?«
»Natürlich«, antwortete Laura mit einem leisen Gähnen. »Eine Möglichkeit besteht immer, solange man die Hoffnung nicht aufgibt.«
Sie streckte sich auf der Pritsche aus und schlang sich die Decke um den Körper. Kaja tat es ihr gleich.
Zum Glück trugen die Mädchen noch immer die dicken Jacken, die sie schon vor Stunden, vor der Suche nach Reimars Schatzkammer, angezogen hatten, sodass die empfindliche Kälte, die in ihrem unwirtlichen Gefängnis herrschte, ihnen nicht allzu sehr zusetzte. Schon nach kürzester Zeit wurden die beiden vom Schlaf übermannt. Nur noch ihr
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