Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
hatte? Oder aber der Grausame Ritter hatte sich ihrer bemächtigt, sie aus dem Zimmer verschleppt und vergessen, das Licht hinter sich zu löschen? Dieser Gedanke war so unerträglich, dass Laura ihre Schritte noch mehr beschleunigte.
»Kaja!«, rief sie, während sie den Gang entlangstürmte. »Kaja!«
Laura riss die Tür auf und stürzte ins Zimmer - und blieb wie angewurzelt stehen. Das Bett der Freundin war leer, dafür aber stand Rebekka Taxus mitten im Raum und grinste Laura höhnisch entgegen.
»Guten Abend, Laura Leander«, zischte die Dunkle ihr zur Begrüßung ins Gesicht. »Ess isst mir eine großse Freude, dich endlich zu ssehen!«
Bestürzt starrte Laura die Lehrerin an. Da hörte sie erstickte Laute neben sich. Laura drehte den Kopf und sah ihre Freundin neben dem Kleiderschrank stehen. Dr. Quintus Schwartz hielt sie mit seinen kräftigen Armen umfangen und hatte ihr mit der rechten Hand den Mund verschlossen. Das rothaarige Mädchen zappelte und wehrte sich heftig, konnte sich dem Griff des Lehrers aber nicht entwinden.
Laura wirbelte herum und wollte hastig durch die offene Tür flüchten. Doch da schlug die Zimmertür zu, wie von Geisterhand bewegt, der Schlüssel drehte sich knirschend im Schloss - und Laura wurde klar, dass sie nicht entkommen konnte.
26
Die Ratten
as Knarren der Tür schreckte Paravain aus dem Schlaf. Hastig richtete der Ritter sich auf und sah sich verwirrt um - und da erst bemerkte er, dass er auf einem Stuhl am großen Tisch im Thronsaal saß. Die Müdigkeit war wohl übermächtiger gewesen als seine Sorgen, und so war er wohl eingeschlafen, während er mit unruhigem Herzen darauf gewartet hatte, dass Morwena ihn über das Befinden ihres Herrn unterrichtete.
Die Heilerin kam aus der Schlafkammer und schaute Paravain mit unergründlicher Miene an. Als sie die Hoffnung im Blick des Ritters bemerkte, blieb sie stehen und schlug die Augen nieder. Ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht. Dann wandte die junge Frau sich ab, schritt zum Fenster und sah wortlos hinaus in die Nacht.
Paravain ließ alle Hoffnung fahren. Rasch erhob er sich, gesellte sich zu Morwena ans Fenster, und auch sein Blick schweifte unruhig durch die Dunkelheit, die sich über die Ebene gesenkt hatte. Schweigend standen die beiden nebeneinander, bis der Ritter die quälende Stille nicht länger ertragen konnte.
»Wie geht es ihm?«
Morwena seufzte kaum hörbar. »Er ist in einen totengleichen Schlaf gefallen und nicht mehr ansprechbar. Meine Arzneien und Heilkräuter zeigen keinerlei Wirkung mehr.«
Der Ritter schüttelte voller Resignation den Kopf. »Nur ein Tag noch! Uns bleiben nur noch ein einziger Tag und eine einzige Nacht! Und es gibt keinerlei Anzeichen, dass der Kelch der Erleuchtung bis dahin gefunden werden kann.«
Sein Blick suchte die Augen der jungen Frau.
»Du weißt, was das bedeutet, Morwena?«
»Ja. Elysion wird sterben, und das Nichts wird uns verschlingen.«
Sie verstummte, und auch Paravain schwieg. Nur das Knistern des Holzfeuers im Kamin belebte den Saal. Seite an Seite standen die Heilerin und der Weiße Ritter am Fenster und starrten hinaus auf die Hochebene, über der die beiden Monde am Himmel standen. Sie wirkten fahl, als habe sich ein dunkler Schleier vor sie gelegt.
Die Ebene war fast vollständig von dichtem Schwarzem Nebel bedeckt. Von den Landschaften in der Ferne war nicht das Geringste mehr zu sehen - weder vom Modermoor im Osten noch von den Drachenbergen im Süden oder vom Raunewald im Westen. An ihrer Stelle herrschte nur noch das dunkle Nichts. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Schwarzen Nebel und die Ewige Dunkelheit auch die Mauern von Hellunyat erreichen und die Gralsburg verschlingen würden.
L angsam wandte Laura sich um und blickte Dr. Quintus Schwartz an. Der stellvertretende Direktor fixierte immer noch die Tür. Dann entspannte sich seine angestrengte Miene. Ein überlegenes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, während er Lauras vorwurfsvollen Blick erwiderte. Plötzlich lockerte er den Klammergriff und stieß Kaja von sich. Das Mädchen verlor das Gleichgewicht und taumelte auf Laura zu. Nur durch ein beherztes Zupacken konnte diese verhindern, dass die Freundin zu Boden stürzte.
Kaja schaute Laura mit Tränen in den Augen an. »Tut mir Leid«, sagte sie mit unterdrücktem Schluchzen, »aber sie haben mich überrascht und mir keine Chance gegeben, dich zu warnen.«
»Schon okay!« Laura schloss die Freundin in
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