Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
entfernt.
Wieder richtete Laura den Blick konzentriert auf den Schlüssel, bemüht, ihm ihren Willen aufzuzwingen. Diesmal ging es viel leichter als beim ersten Mal. Der Schlüssel bewegte sich langsam über den Steinboden und schrammte auf Lauras Hand zu. Nur noch zehn Zentimeter, und sie würde ihn endlich fassen können.
Nur noch fünf Zentimeter.
Vier.
Drei.
Plötzlich hörte Laura die Ratten wieder. Mit der Schärfe eines Messers drang das aufgeregte Fiepen in Lauras Bewusstsein. Überrascht blickte sie sich nach den Graufellen um. Sie konnte gerade noch sehen, wie diese in panischer Flucht in ihrem Loch verschwanden.
Eigenartig, dachte das Mädchen. Was hat die denn so plötzlich vertrieben?
Laura drehte sich um, und da sah sie es: Wie aus dem Nichts senkte sich ein großer steingrauer Fuß auf den Zellenschlüssel und begrub ihn unter sich! Zu Tode erschrocken, hob Laura den Kopf und blickte geradewegs in die kalten Augen des Grausamen Ritters.
27
Die Folterkammer
ukas machte sich wirklich Sorgen. Dass er Laura und Kaja während des gesamten Tages nicht zu Gesicht bekommen hatte, war ja noch zu erklären gewesen. Schließlich wollten die beiden für den Physiktest lernen. Als allerdings auch keine von ihnen zum Mittagessen erschienen war, hatte er sich doch etwas gewundert. So etwas war er nicht gewohnt. Von Kaja schon gar nicht. Wenn Lukas sich recht erinnerte, hatte sie während ihrer ganzen Zeit auf Ravenstein noch keine einzige Mahlzeit ausgelassen. Schließlich gab es für Kaja kaum etwas, was wichtiger war als Essen. Es musste ihr und Laura also wirklich ernst sein mit dem Lernen, wenn sie dafür sogar auf das Mittagessen verzichteten. Angesichts ihrer schlechten Noten war das auch gut so, fand Lukas, auch wenn er sich am liebsten so schnell wie möglich auf die Suche nach der Pforte gemacht hätte. Aber er hatte der Versuchung widerstanden, die Mädchen zur Eile anzutreiben, und hatte den Nachmittag vor seinem Computer verbracht.
Aber nun wurde es Zeit, dass die Mädchen endlich auftauchten. Die Sonne war bereits vor geraumer Zeit untergegangen, tiefe Dunkelheit hatte sich längst über Burg Ravenstein ausgebreitet, und die beiden waren immer noch nicht da. Lukas ging ungeduldig in seinem Zimmer auf und ab und starrte immer wieder zur Tür. Doch niemand klopfte.
Das ist doch wirklich nicht normal!, ging es Lukas durch den Kopf. Wir haben doch noch so viel vor in dieser Nacht!
Er griff zu seinem Handy und wählte Lauras Nummer. Doch die Schwester war nicht zu erreichen. Offensichtlich hatte sie ihr Gerät nicht eingeschaltet, denn es meldete sich nur die Mobilbox. Auch zu Kaja bekam er keine Verbindung.
Merkwürdig. Äußerst merkwürdig
Lukas konnte verstehen, dass sie beim Lernen nicht gestört werden wollten. Aber dass sie beide ihre Handys ausgeschaltet hatten, das gab ihm zu denken. Und deshalb beschloss er, nach ihnen zu sehen.
Laura fuhr hoch und wich mit einem Aufschrei von der Gittertür zurück. Als sie an der Pritsche angelangt war, auf der noch immer ihre zitternde Freundin stand, griff sie nach Kajas Hand wie nach einem Rettungsanker.
Kaja hatte den Steinernen Ritter vor ihrem Verlies ebenfalls bemerkt. Sie sprang von der Pritsche und klammerte sich ängstlich an Laura. In Furcht vereint, starrten die Mädchen dem Grausamen Ritter entgegen, der sie nicht aus den Augen ließ und jede ihrer Bewegungen verfolgte.
Völlig überraschend öffnete er plötzlich die steingrauen Lippen. »Ich werde euch zeigen, was man zu meiner Zeit mit ungehorsamen Maiden wie euch gemacht hat!«, sprach er mit seiner Reibeisenstimme. Dann packte er die Gittertür mit beiden Händen, riss sie mit einem einzigen Ruck aus den Angeln und schleuderte sie zur Seite, als sei sie leicht wie eine Feder. Mit entschlossenen Schritten stapfte er auf die Mädchen zu.
»Nein! Oh, nein«, stöhnte Laura. Hand in Hand mit Kaja, die sich eisern an ihr festklammerte, wich sie immer weiter vor dem Ritter zurück, bis es nicht mehr weiter ging. Sie konnten sich nur noch mit dem Rücken an die Wand pressen und ihrem Schicksal zitternd entgegensehen.
Da war der Grausame Ritter auch schon heran. Er packte die Mädchen mit seinen Steinpranken, hob sie hoch wie Spielzeugpuppen und trug sie aus dem Verlies. Die lauten Protestschreie der beiden verhallten ungehört, und auch das jämmerliche Flehen, in das sie bald verfielen, vermochte sein kaltes Herz nicht zu erweichen. Unerbittlich hielt er sie fest und
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