Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
verborgen gehalten? Weil er geglaubt hat, dass wir zu jung wären, um die Wahrheit zu verkraften? Vielleicht glaubt Morwena das ja auch? Oder sie fürchtet sich einfach davor, etwas zu Elysions Rettung zu unternehmen - weil es ihr viel zu gefährlich erscheint.«
Alienor machte ein erstauntes Gesicht. »Meinst du wirklich?«
»Könnte doch sein, oder? Du weißt doch, wie Erwachsene manchmal sind. Sie wägen erst alles gründlich ab, müssen erst lang und breit das Für und Wider bedenken, anstatt einfach entschlossen zu handeln!«
Das Mädchen sah den Bruder nachdenklich an. »Aber ... Was ... was sollen sie denn tun?«
»Ich weiß es nicht, Alienor. Ich weiß nur eins: Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie alles zugrunde geht. Und ich werde nicht so lange zögern wie die Erwachsenen!«
»Tu bloß nichts Unüberlegtes, Alarik, bitte!« Alienor sah den Jungen flehend an. »Und sag mir Bescheid, bevor du etwas unternimmst.«
Alarik lächelte die Schwester beruhigend an. »Keine Angst - ich werde gründlich nachdenken, bevor ich mich zum Handeln entschließe. Und ich werde dich ins Vertrauen ziehen - das versprech ich dir, Alienor.«
D er Bibliotheksschlüssel! Welches war nur der blöde Bibliotheksschlüssel? Zwar waren alle Schlüssel mit einem Anhänger versehen, aber deren Beschriftung war so altertümlich, dass Laura sie kaum zu entziffern vermochte. Ihre Uroma, die längst verstorbene Großmutter ihres Vaters, hatte die gleiche merkwürdige Handschrift gehabt, erinnerte sich Laura. Marius Leander hatte im Keller ihres Hauses einige Kladden mit ihren selbst verfassten Geschichten entdeckt. Doch als Laura sie hatte lesen wollen, hatte sie sich mit der seltsamen Schrift so schwer getan, dass sie das Vorhaben bald aufgegeben hatte.
Eigenartig. Attila Morduk konnte doch unmöglich zu der gleichen Zeit Schreiben gelernt haben wie ihre Urgroßmutter? Oder doch? Laura verwarf den Gedanken rasch wieder, denn das hätte ja bedeutet, dass er über hundert Jahre alt war. Und so alt sah der Hausmeister nun auch wieder nicht aus. Maximal wie fünfzig, wenn nicht jünger.
Endlich entdeckte Laura den gesuchten Schlüssel. Zumindest hoffte sie, dass das Wort auf dem Anhänger des Schlüssels auf dem letzten Haken auch »Bibliothek« heißen sollte. Wenn nicht, dann hatte sie eben Pech gehabt und musste sich etwas anderes einfallen lassen.
Rasch nahm Laura den großen Metallschlüssel an sich und ließ ihn in die Tasche ihres Anoraks gleiten. Sie drehte sich um und wollte schon zur Tür huschen, als ihr mit einem Male zwei orangerote Punkte aus der Dunkelheit entgegenglühten. Wie ein Paar großer Leuchtkäfer schwebten sie langsam auf sie zu. Laura erschrak - was war das? Erst als sich das unheimliche Lichterpaar bereits dicht vor ihrem Gesicht befand, begriff sie: Es waren Augen - die Augen einer riesigen Schlange! Einer Boa. Laura erstarrte. Hypnotisch stierte das Reptil sie an. Laura wollte zurückweichen, aber sie konnte den Blick einfach nicht von diesen glühenden Punkten wenden. Sie war wie gelähmt. Sie wusste, dass sie sich bewegen musste, dass sie schnellstens fliehen musste, wenn sie der tödlichen Umklammerung der Würgerin entgehen wollte. Aber sie schaffte es nicht. Der Blick der Boa ließ sie nicht los und schien sie mit unsichtbaren Kräften festzuhalten.
Der Schlangenkopf kam näher. Leise zischend schoss die gespaltene Zunge aus dem Maul und tastete sich langsam auf das Gesicht des Mädchens zu. Laura ließ es einfach geschehen. Obwohl sie wusste, dass sich der riesige Schuppenleib in wenigen Augenblicken um ihren schlanken Körper ringeln und alles Leben aus ihm herauspressen würde, stand sie einfach da und sah dem Tod ins Auge.
Entsetzt blickte Kaja auf den Hausmeister. Attila Morduk war nur noch knapp zwanzig Meter von seiner Haustür entfernt - und Laura war immer noch in seiner Wohnung!
Kaja stieß Lukas an.
»Jetzt mach doch endlich!«, sagte sie mit kläglicher Stimme. »Wir müssen sie warnen! Sonst schnappt er sie.«
Da hob Lukas die Hände und setzte sie wie einen Trichter an den Mund. Er holte tief Luft und ließ den dumpfen Ruf einer Eule erschallen. Er war so täuschend echt, dass er vom Ruf einer richtigen Eule nicht zu unterscheiden war.
Laura bewegte sich immer noch nicht. Wie angewurzelt stand sie da und blickte in die Augen der Schlange. Die Zunge der Boa tastete über ihre Nasenspitze. Doch Laura bemerkte es nicht. Sie sah nur die Augen der Schlange, die in der
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