Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
Boden und legte den Finger vor den Mund. Percy verstand sofort: Sie wollte die Wolfsjäger überraschen. Laura flüsterte ihrem Fluglöwen eine Anweisung ins Ohr, während sie ihn unablässig kraulte.
Lateris flog eine Kehre über dem Forsthaus, um dann nahezu geräuschlos immer tiefer zu gehen. Latus, sein Bruder, folgte ihm. Erst kurz bevor die Tiere zur Landung ansetzten, wurden die Männer gewahr, was in ihrem Rücken vor sich ging, denn die Löwen hatten zu brüllen begonnen.
Hans und seine Helfer sprangen in Panik hinter dem Busch hervor, warfen die Waffen von sich und stoben in wilder Flucht davon, als sei ihnen der Teufel höchstpersönlich auf den Fersen.
Da endlich entdeckte Laura den schwarzen Wolf. Gut zwanzig Meter von der getarnten Fallgrube entfernt, stand er unter einer riesigen Eiche mitten auf dem Pfad. Er hatte die Ohren gespitzt und seine schwefelgelben Schlitzaugen gespannt auf die Wächter und ihre Flugtiere gerichtet. Obwohl das Mondlicht die Szenerie nur schwach beleuchtete, gab es für Laura keinen Zweifel: Es war derselbe schwarze Wolf, der auf dem großen Gemälde in der Eingangshalle des Internats Silva zu Füßen lag. Derselbe Wolf, der Kaja, Lukas und sie in letzter Minute vor den tödlichen Bissen von Dragan und Drogur, den reißenden Doggen der Dunklen Mächte, bewahrt hatte. Und plötzlich begriff sie, warum das wilde Tier in jener Nacht wie aus dem Nichts aufgetaucht war – es war sein Dank dafür, dass sie ihm gerade eben, Hunderte von Jahren zuvor, das Leben gerettet hatte!
Der schwarze Wolf reckte die Schnauze zum Himmel und schickte ein Heulen zu den Wipfeln empor. Schauerlich schön hallte sein Dankeslied durch den Forst. Dann warf er den Wächtern einen letzten Blick zu und machte kehrt, um zur Burg zurückzulaufen. Laura sah ihm erleichtert nach, als sie mit einem Mal den Henker erblickte: Er stand hinter einem Baumstamm versteckt, hatte die Saufeder des Försters zum Wurf erhoben und zielte damit auf den arglosen Wolf!
K apitel 19 Ein
schrecklicher
Verdacht
it ausdruckslosem Gesicht ließ der Schwarze Fürst den Blick über die Gruppe der Kinder schweifen, die im fahlen Licht des grauenden Morgens im Innenhof der Dunklen Festung vor ihm standen. Die neuen Sklaven starrten dumpf vor sich hin. Sie schienen nicht zu ahnen, dass ihr Leben von nun an auf Gedeih und Verderb den sprunghaften Launen Borborons preisgegeben war.
Alienor verbarg sich, so gut es ging, hinter den Rücken einiger größerer Jungen. Sie hoffte inständig, dass der hoch aufragende Mann im schwarzen Umhang sie nicht gleich entdecken würde. Die Furcht, die sie beim Anblick des Herrschers der Dunklen Mächte befallen hatte, stand ihr sicherlich ins Gesicht geschrieben, und so würde Borboron bestimmt erkennen, dass sie als Einzige aus der Gruppe nicht zu den willigen Opfern der Wunschgaukler zählte.
Der Schwarze Fürst trat näher.
Alienor atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. Vertraue auf die Kraft des Lichts, dann kann dir nichts geschehen!, ermutigte sie sich.
Borboron war nun bei dem Rothaarigen angelangt, der den Kindern stets vorangeschritten war. Er fasste unter dessen Kinn, drehte den Kopf hin und her, begutachtete die Zähne und die Muskeln der Oberarme. Dann lächelte er zufrieden.
»Ist alles zum Besten, Herr?« Mit hündischer Ergebenheit verbeugte sich der Anführer der Wunschgaukler. »Entspricht die neue Lieferung Euren Wünschen?«
Borboron taxierte den Mann mit der Augenklappe ohne sichtliche Regung. »Ganz und gar.«
Gramar schien erleichtert. »Dann sind wir also im Geschäft?«
Der Schwarze Fürst nickte.
»Das freut mich ungemein!« Wieder verbeugte sich der Mann im bunt schillernden Gewand. »Nur – da wäre noch eine Kleinigkeit zu regeln.«
Überrascht zog Borboron die Brauen hoch.
»Haltet uns nicht für vermessen oder gar für unverschämt«, fuhr der Wunschgaukler fort, wie festgewachsen in seiner unterwürfigen Haltung. »Aber unsere Ware ist diesmal von ganz außerordentlicher Qualität, wie Ihr Euch selbst überzeugen konntet. Daher halten wir einen kleinen Aufpreis für durchaus angemessen.«
Die roten Augen des Schwarzen Fürsten glühten auf. »Einen Aufpreis?«, grollte er mit schauerlicher Stimme. »Ich hatte vielmehr gedacht, dass ich Euch nur die Hälfte zahle!«
»Die Hälfte?« Gramar erbleichte. »A… A… Aber wieso denn, Herr?«, stotterte er.
»Ihr erinnert Euch an das Gastgeschenk vom letzten Mal?«
»Ihr meint… den Albino?«
»Genau
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