Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
darauf zu und starrte mit offenem Mund auf die hell leuchtende Sternenformation. Die sieben Sterne, von denen einer kräftiger funkelte als der andere, formten das gleiche rätselhafte Zeichen, das ihr bereits vom Deckengewölbe des geheimen Klosterarchivs zugeblinkt hatte. Das gleiche Sternbild, das auch den Einband des alten Folianten zierte, eines, das von der Erde aus nicht zu sehen war.
Seltsam, dachte Laura. Dann zeigt das Deckengewölbe im Kloster also den Himmel von Aventerra.
Aber warum?
In tiefes Nachdenken versunken, drehte sie sich langsam um – und erschrak zu Tode: Vor ihr standen zwei Schwarze Ritter und grinsten sie böse an.
»Ich hoffe, du verzeihst uns die Störung«, höhnte der Ritter, an dessen Kinn ein Ziegenbart spross, »aber wir haben lange genug auf dich gewartet!«
Gewartet?
Wieso denn gewartet? Wie hatten sie denn wissen können, dass sie in die Kammer des Fhurhurs -?
»Los, mitkommen!« Der Bärtige unterband Lauras Überlegungen mit harscher Stimme. Das Grinsen war aus seinem Gesicht gewichen und hatte einer ernsten Miene Platz gemacht. »Borboron und Syrin können es gar nicht mehr erwarten, dich zu sehen!«
Widerstand war zwecklos. Sie würde nichts gegen die beiden Recken ausrichten können. Selbst mit Hilfe ihrer besonderen Fähigkeiten nicht. Deshalb ließ Laura sich ohne Gegenwehr von den Schergen des Schwarzen Fürsten abführen. Sie empfand nicht die geringste Furcht, während sie von den Bewaffneten durch die Gänge geleitet wurde. Im Gegenteil: Eine Unbeschwertheit hatte sie erfasst, sodass sie sich förmlich zwingen musste, nicht fröhlich vor sich hinzulächeln. Der Anführer der Dunklen Mächte und die unheimliche Gestaltwandlerin konnten ihr nicht das Geringste anhaben. Schließlich würde es nur noch wenige Augenblicke dauern, bis Lukas sie aufweckte – und noch im selben Moment würde sich ihre Traumgestalt vor den Augen der Dunklen in Nichts auflösen, und sie würde völlig unbeschadet zur Erde zurückkehren. Borboron und Syrin werden ganz schön blöd gucken, dachte Laura, und unterdrückte ein Grinsen.
A uf Burg Ravenstein hatte sich eine schläfrige Stille über Lauras Zimmer gesenkt. Das Ticken des Weckers auf Kajas Nachttisch war zu hören, während die Zeiger unaufhaltsam auf sieben Uhr zuwanderten. Der Computer summte leise vor sich hin, und aus den Lautsprechern drang immer wieder die gleiche monotone Tonfolge. Auf dem Monitor war der Bildschirmschoner zu sehen – Buckelwale, die träge blubbernd durch einen Seetang-Dschungel auf dem Grund eines grünlichen Meeres schwammen.
Von draußen im Park wehten die gedämpften Stimmen einiger Ravensteiner herein, die sich trotz der einsetzenden Dunkelheit noch auf dem Skateboard-Parcours vergnügten. Kaja und Lukas jedoch hörten das nicht. Die Rothaarige lag ausgestreckt auf ihrem Bett und schnarchte sanft vor sich hin, während der Junge kraftlos auf dem Drehstuhl vor Lauras Schreibtisch hing. Sein Oberkörper war im Schlaf auf die bunte Schreibauflage gesunken. Direkt neben dem leeren Colaglas hatte er den Kopf auf die verschränkten Arme gebettet.
Die Uhrzeiger ruckten eben über die volle Stunde hinweg, als draußen ein laut schepperndes Geräusch ertönte. Doch Kaja und Lukas nahmen auch das nicht wahr. Und sie bemerkten ebenfalls nicht, dass Laura, die immer noch in Trance versunken war, auf ihrem Bett zusammenzuckte und ängstlich das Gesicht verzog.
Kevin aber war verschwunden.
K apitel 23 Ein
unheimliches
Angebot
er Thronsaal der Dunklen Festung war riesig. Die Flammen im steinernen Kamin loderten so heftig, dass Laura unwillkürlich an ein Höllenfeuer denken musste. Wild stoben die Funken auf, wenn die Scheite zischend und knallend platzten und sich ein Regen aus glühenden Holzstückchen auf den Steinboden vor dem Kamin ergoss. Doch das schien niemanden zu stören. Weder den Schwarzen Fürsten auf dem Thron noch die Gestaltwandlerin, die daneben stand, und die beiden Wachen vor dem Eingangsportal schon gar nicht. Nur einer der schwarzen Hunde, die vor dem Feuer lagerten, jaulte auf, als er von einem der sengenden Teile getroffen wurde.
Die Schergen führten Laura vor den gewaltigen Lehnstuhl an der Stirnseite des Raumes. Der Thron war fast vollständig aus schwarzem Holz gefertigt. Laura fragte sich, ob es wohl Ebenholz war, wusste allerdings nicht, ob die Vegetation auf Aventerra der auf der Erde glich. Vielleicht wuchsen in der Welt der Mythen ja ganz andere Bäume und Pflanzen als
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