Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
Überlegungen. »Antworte mir!«, herrschte er sie an.
»Ähm.« Vor lauter Verwirrung konnte Laura nur stammeln.
»Natürlich… Ähm… Natürlich könnte ich Euch das versprechen. Aber – woher wollt Ihr wissen, dass ich mein Versprechen auch halte?«
Borboron ließ sich Zeit mit der Antwort. Er musterte das Mädchen, und Laura meinte einen Anflug von Wehmut in seinen Augen zu erkennen. Dann huschte ein trauriges Lächeln über sein Gesicht. »Du wirst dein Versprechen nicht brechen«, sagte er, und ein unergründlicher Schmerz schwang in seiner Stimme mit. »Ganz bestimmt nicht. Die Kraft des Siegels wird dafür sorgen.«
Laura war nun vollends verwirrt. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Die Kraft des Siegels? Welches Siegel meinte er denn? Doch nicht das Siegel der Sieben Monde?
Oder doch?
Das gleiche Siegel, das ihr helfen sollte, ihre Aufgabe zu erfüllen, würde auch dafür sorgen, dass sie die Sache des Lichts verriet?
Wie war das möglich?
Laura fand keine Antwort auf die drängenden Fragen, die wie Flipperkugeln wild durch ihr Gehirn rasten, Überlegungen anstießen und eine sofortige Lösung erforderten, aber letztlich nur gegen Hindernisse prallten, sodass sie das rettende Ziel nicht erreichten. Sie fand nur einen einzigen Ausweg aus dem Labyrinth in ihrem Kopf – sie musste Zeit gewinnen!
»Gut«, sagte sie deshalb und nickte mehrmals, als wolle sie ihre Zusage bekräftigen. »Ich verspreche es.«
Ein zufriedenes Lächeln tanzte über das Antlitz des Schwarzen Fürsten. »Ich wusste es!« Dann wurde er wieder ernst. »Aber du darfst niemandem von unserer Abmachung erzählen. Ein Wort nur, Laura – und dein Vater wird sterben!«
Erneut nickte das Mädchen. »Ich werde schweigen, das verspreche ich Euch. Niemand wird von unserer Vereinbarung erfahren.«
»Das will ich auch hoffen.« Borborons Blick wanderte immer noch über das hübsche Mädchengesicht, als sei er auf der Suche nach dem geringsten Anzeichen von Falsch. »Glaube bloß nicht, dass uns auch nur ein Jota von dem entgeht, was auf dem Menschenstern geschieht. Unsere Verbündeten sind überall, und wir haben weit mehr Anhänger, als du dir vorzustellen magst.«
Laura lächelte grimmig. »Da irrt Ihr Euch gewaltig. Ich weiß sehr wohl, wie groß die Macht der Finsternis auf der Erde ist und wie viele Menschen unter dem Einfluss des Bösen stehen. Heute wahrscheinlich mehr denn je, denn sonst wäre alles viel besser auf unserer Welt. Es gäbe weder Streit noch Gewalt, noch Krieg, und wir Menschen würden friedlich miteinander leben. Aber trotzdem: Die dunklen Kräfte werden nicht siegen – niemals!«
Syrin ließ ein wütendes Fauchen hören, doch Borboron lächelte nachsichtig. Lauras feierlicher Ernst schien ihn zu amüsieren. »Ich will dich nicht in deinem Glauben irremachen, auch wenn nur ein Narr solchem Wahn unterliegen kann. Du wirst erleben, dass all deine Mühen am Ende vergeblich sein werden. Und jetzt geh!« Mit einem Seitenblick auf die grimmige Miene der Gestaltwandlerin fügte er hinzu. »Bevor unsere Freundin sich zu unüberlegten Taten hinreißen lässt.«
Ohne die Dunklen eines weiteren Blickes zu würdigen, schritt Laura auf den Ausgang zu. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Glaubt bloß nicht, dass Ihr mich hereinlegen könnt: Ich werde Euch den Kelch erst geben, nachdem Ihr Papa freigelassen habt.«
Ein belustigtes Grinsen spielte um Borborons Lippen. »Keine Sorge, Laura! Ich werde dich an der Pforte persönlich in Empfang nehmen – zusammen mit deinem Vater. Leb wohl! Ich freue mich schon auf unser Wiedersehen am Ostarafest.«
Der Schwarze Fürst erteilte den Wachen am Portal einen Wink, die darauf unverzüglich die Tür öffneten und zur Seite traten, sodass Laura den Thronsaal unbehelligt verlassen konnte.
Im Flur verharrte das Mädchen. Erst jetzt merkte Laura, welch große Anspannung auf ihr gelastet hatte. Ein leichter Schwindel erfasste sie, sodass sie an der Wand Halt suchen musste und sich mit dem Rücken dagegen lehnte. Nachdenklich starrte sie vor sich hin. War der Schwarze Fürst wirklich so sicher, dass sie ihr Versprechen halten würde – oder bluffte er nur? Natürlich wusste er, dass sie ihren Vater über alles liebte – aber andererseits hatte sie auch geschworen, mit all ihren Kräften der Sache des Lichts zu dienen. Und was nutzte es, wenn ihr Vater am Leben blieb und in die Freiheit entlassen wurde, aber die Erde und Aventerra zum Untergang verdammt waren?
Nichts.
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