Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
jetzt sogar zwei. Das kann ich doch nie wieder aufholen! Und das bedeutet –«
Sie brach ab. Nein – im Moment wollte sie sich lieber nicht ausmalen, was das für Folgen haben würde.
Der Lehrer zog bedrückt die Augenbrauen hoch, mühte sich dann aber umgehend um ein aufmunterndes Lächeln. »Nun beru’ige diisch wieder, Laura. Es wird uns schon eine Lösung einfallen, da bin iisch ganz siischer. Am wiischtiischsten ist jetzt, dass du wieder zu Kräften kommst und schnellstens ins Internat zurückkehren kannst. Schließliisch rückt das Ostarafest nä’er, und es ist langsam an der Zeit, dass wir die notwendiischen Vorbereitungen treffen für diesen großen Tag.«
Als das Telefon klingelte, wusste der Rote Tod sofort, wer an der Leitung war. Er hob ab, und ein hämisches Grinsen verzerrte sein Gesicht. »Ja?«
Fast gelangweilt lauschte er dem Anrufer, bis er die Augen ungeduldig zur Decke schlug. »Selbstverständlich, Herr. Ich habe alles erledigt. Genau so, wie er es mir aufgetragen hat.«
Der Anrufer war damit offensichtlich nicht zufrieden, sondern redete weiter, was den Roten Tod zu ärgern schien. Sein Antlitz verfinsterte sich zusehends. »Aber das weiß er doch, Herr«, knurrte er und verfolgte mit den Augen eine einsame Fliege, die über die Wand neben ihm krabbelte. »Wen der Rote Tod einmal in seinen Fängen hat, den lässt er nicht mehr los. Nie wieder!«
Damit schlug er blitzschnell zu – und hinterließ nur einen Blutfleck auf der hellen Tapete.
K apitel 24 Die
Suche nach dem
Professor
m Morgen nach dem Besuch ihres Lehrers durfte Laura das Krankenhaus verlassen. Percy Valiant holte sie mit seinem klapprigen Peugeot ab und kutschierte sie nach Ravenstein.
Als Laura auf dem Lehrerparkplatz aus dem Wagen stieg, hörte sie das fröhliche Gezwitscher der Vögel. Die Sonne stand am Himmel, eine milde Brise wehte über das Land, und an den Forsythien konnte sie erste vorwitzige gelbe Knospen entdecken – der Frühling nahte, das war unübersehbar.
Ihr Blick wanderte zum Burggebäude. Das Efeu an den Mauern glänzte fast silbrig im Licht. Im zweiten Stock standen einige Fenster offen, aus denen die gedämpften Stimmen von Lehrern und Schülern drangen – der Unterricht war im vollen Gange. Als Laura im Geschoss darüber das Fenster ihres Zimmers entdeckte, stieg ein warmes Gefühl in ihr auf – endlich war sie wieder zu Hause.
»Vielen Dank, Percy, dass du mich abgeholt hast«, sagte sie und wollte zu ihrer Tasche greifen.
»Das ‘at Zeit bis später, Laura. Professor Morgenstern erwartet uns. Er ‘at mir bereits gestern Abend aufgetragen, diisch nach unserer Rückke’r unverzügliisch zu i’m zu bringen, weil er Wiischtiges mit uns zu bereden ‘at.«
Laura ließ das Gepäck im Wagen und folgte dem Sportlehrer in den Park. Als der schmale Kiesweg einen Knick machte, vermeinte sie aus den Augenwinkeln plötzlich einen Schatten zu sehen. Rasch drehte sie sich um und spähte hinüber zum Bergfried. Doch da war niemand. Weder Albin Ellerking, den sie dort vermutet hatte, noch sonst jemand. Wahrscheinlich hatte sie sich getäuscht – oder der heimliche Beobachter war bereits verschwunden.
Laura zuckte beiläufig mit den Schultern und schritt schweigend neben Percy durch den Park dahin. Kohlmeisen, Spatzen und Amseln hüpften auf den kahlen Ästen der Büsche und Bäume umher. Im verrotteten Laub, das die Rasenflächen bedeckte, war hin und wieder ein Rascheln zu hören: Offensichtlich hatten die ersten Feldmäuse den Winterschlaf bereits beendet.
Wenig später waren sie am Häuschen von Professor Morgenstern angelangt. Die Haustür stand weit offen – als könne Aurelius es gar nicht mehr abwarten, sie endlich zu begrüßen. Der Sessel im Wohnzimmer war jedoch verwaist, und es brannte auch kein Feuer im Kamin.
Komisch, dachte Laura. Sonst hat er uns doch immer hier erwartet, wenn er was von uns wollte.
Percy zog ebenfalls ein erstauntes Gesicht, »‘err Direktor?«, rief er laut. »Professor Morgenstern?«
Aber Aurelius antwortete nicht.
»Merkwürdiisch«, murmelte der Sportlehrer. »Das dünkt miisch ‘öchst merkwürdiisch!«
»Vielleicht wartet er im Büro auf uns?«
Der Lehrer zog die Brauen hoch. »Warum sollte er in seinem Büro auf uns warten, wenn er mir aufgetragen ‘at, diisch zu i’m nach ‘ause zu bringen? Nein, Laura – iisch fürschte, i’m ist etwas zugestoßen!«
Unverzüglich begannen die beiden nach dem Professor zu suchen. Obwohl sie das ganze
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