Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
versuchen, ihn wieder in ihren Besitz zu bringen. Möglicherweise würden sie sogar versuchen, das Versteck gewaltsam aus einem von ihnen herauszupressen. Gerade für diesen Fall sei es von Vorteil, nicht die geringste Ahnung zu haben. Denn was man nicht wusste, konnte man auch nicht verraten.
Das Argument hatte Percy, Mary und Laura schließlich überzeugt. Zumal Aurelius noch erklärt hatte, einen Ort zu wissen, an dem der Kelch vollkommen sicher sei. Selbst wenn die Dunklen diesen herausfinden sollten, würden sie unmöglich in den Besitz des Artefakts gelangen können, weil es dort von der stärksten Macht unter der Sonne beschützt werde. Deshalb hatten sie den Kelch der Erleuchtung dem Professor anvertraut und ihn nicht ein einziges Mal nach dem Versteck gefragt. Wozu auch? Er hätte es ihnen ohnehin nicht verraten.
Lukas war völlig konsterniert. Ungläubig sah er seine Schwester an. »Aber – dann kannst du den Kelch ja gar nicht nach Aventerra zurückbringen, wenn Morgenstern nicht rechtzeitig wieder auftaucht.«
Laura biss sich auf die Lippen und schaute betreten in die erwartungsvollen Gesichter der Freunde, die sich in ihrem Zimmer versammelt hatten. »Stimmt«, erklärte sie kleinlaut. »Es sei denn, wir finden das Versteck ohne ihn. Allerdings hat der Professor behauptet, der Kelch sei dort vollkommen sicher, weil niemand es entdecken könne.«
»Oh, nö!«, stöhnte Kaja auf, während Lukas in stummer Verzweiflung auf Lauras Schreibtischstuhl zusammensank.
Kevin, der mit dem Rücken gegen den Schrank lehnte, schnaubte gefrustet. Fast mitleidig musterte er Laura, die sichtlich geknickt auf ihrem Bett saß. »Vielleicht hat die Fahndung der Polizei ja Erfolg, und Morgenstern wird schon bald geschnappt.« Dabei bemühte er sich um ein aufmunterndes Lächeln.
Wütend sah Laura ihn an, und in ihrem Blick lag mehr Gift als im Biss einer Klapperschlange. »Geschnappt? Wie sich das anhört! Der Professor ist doch kein Verbrecher!«
» S orry!« Betroffen zog Kevin die Brauen hoch. »Das wollte ich damit auch nicht sagen. Ich hoffe nur wie du, dass die Polizei ihn schnell entdeckt.«
»Wozu sie allerdings intensiv nach ihm fahnden müsste!«, warf Lukas ein. »Aber genau das wird sie nicht tun, weil Morgenstern keine Gefahr darstellt. Sie werden vermutlich in aller Ruhe abwarten, bis er ihnen rein zufällig irgendwann ins Netz geht. Die haben doch alle Zeit der Welt.«
»Ich aber nicht!« Mit plötzlicher Entschlossenheit sprang Laura auf und blickte die Freunde der Reihe nach an. »Deshalb müssen wir die Sache jetzt selbst angehen.«
Kaja, die mit angezogenen Knien auf ihrem Bett saß, hob überrascht den Kopf. »Selbst angehen? Was meinst du damit, Laura?«
»Ganz einfach – wir müssen den Professor auf eigene Faust suchen!«
Zweifel bewölkten Kevins Miene. »Das ist doch sinnlos. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir mehr herausfinden als die Polizei?«
Laura verzog keine Miene. »Doch, das glaube ich«, antwortete sie kühl. »Weil die nämlich von einer völlig falschen Voraussetzung ausgeht.«
»Ich verstehe nicht –«, hob Kevin gerade an, als Laura ihm ins Wort fiel: »Die Kripo ist doch überzeugt, dass Morgenstern geflüchtet ist, um seiner Verhaftung zu entgehen. Aber wir wissen, dass er niemals ein Mörder sein kann – und deshalb hatte er auch nicht den geringsten Grund zu verschwinden.«
»Aber genau das ist doch geschehen!« Kaja war sichtlich verwirrt. »Und ich versteh einfach nicht, warum?«
Über so viel Begriffsstutzigkeit konnte Laura nur die Augen verdrehen.
»Weil man ihn dazu gezwungen hat, du Spar-Kiu – darum!«, antwortete Lukas da auch schon.
»Gezwungen? Wie denn das?«
Laura konnte diesmal nicht umhin, genervt aufzustöhnen. »Mann, Kaja – jetzt stell dich doch nicht dümmer, als du bist! Die Sache ist doch klarer als Klarspüler: Professor Morgenstern ist entführt worden!«
»Entführt?« Endlich fiel der Groschen, und Kajas Pausbacken röteten sich. »Ja, natürlich – sag ich doch auch die ganze Zeit!«
Laura und Lukas sahen sich nur fassungslos an und schüttelten stumm die Köpfe – so viel Unverfrorenheit konnte nur sprachlos machen.
Kevin dagegen schien immer noch nicht überzeugt zu sein. »Tut mir Leid, Laura, aber ich kann dir nicht ganz folgen. Du lässt nämlich was Wichtiges außer Acht.«
»Und das wäre?«
»Du hast doch selbst erzählt, dass Aurelius seine Toilettenartikel mitgenommen hat. So was macht man doch nicht, wenn man
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