Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
und erst an meiner Hütte vorbei, bevor er sich im Park breit macht und das Haus von Aurelius erreicht. Das ist schon seit mehr als hundert Jahren so – nur in der fraglichen Nacht, da hat es sich völlig anders verhalten.«
»Und wieso?«
»Genau das ist ja die Frage.«
Laura wunderte sich. »War das alles?«
»Ich denke schon«, antwortete Attila Morduk und drückte Cleopatra einen feuchten Schmatz auf die platte Schlangennase.
Die Geschwister wollten sich schon erheben, als dem Hausmeister noch etwas einfiel. »Einen Moment noch«, rief er und schaute sinnierend in die Ferne. »Da war noch was, wenn ich mich recht entsinne.«
Lauras Neugier war geweckt. »Etwas Ungewöhnliches?«
»Ich glaub schon. Kurz bevor ich ins Haus zurückgegangen bin, habe ich beobachtet, wie ein Auto auf der Landstraße vorbeigefahren ist. Das passiert äußerst selten um diese Zeit. Eigentlich so gut wie nie.«
»Ein Auto?« Laura wechselte einen schnellen Blick mit ihrem Bruder. »Konntest du es denn erkennen?«
»Ja, klar. Es war zwar mitten in der Nacht, aber der Mond stand hell am Himmel. Es war eindeutig ein Lieferwagen. Sogar die Farbe hab ich deutlich gesehen: Er war schwarz. Pechschwarz!«
A ls Marius Leander Schritte im Kerkergang hallen hörte, zuckte er zusammen. Es war der Schwarze Fürst.
Nein! Nicht schon wieder!
Sollte die grausame Tortur denn von neuem beginnen? Qualvolle zwei Monde lang hatte der Fhurhur ihn mit der Todesstarre belegt, um dann völlig überraschend auf eine Verlängerung zu verzichten. Warum nur dieser plötzliche Gesinnungswandel? Doch der Fhurhur war jede Erklärung schuldig geblieben, hatte nur abfällig mit den Schultern gezuckt und sich aus dem Verlies verzogen.
Seitdem stand Marius Leander unter ständiger Beobachtung. Die Trioktiden ließen ihn keine Sekunde aus den Augen. An eine neuerliche Traumreise war nicht zu denken.
Die Schritte kamen näher.
Der hoch gewachsene Kerkerwärter spritzte von seinem Schemel auf und nahm Haltung an. Als Borboron vor dem Verlies anlangte, bemerkte Marius zu seiner Erleichterung, dass der Tyrann allein war. Weder die echsenhafte Frau noch der Fhurhur befanden sich in seiner Begleitung.
Mit zittrigen Händen sperrte der Trioktid die Gittertür auf, und der Anführer der Dunklen Mächte betrat den Kerker von Marius Leander.
Marius blickte Borboron erwartungsvoll an, während der an sein Lager trat. Täuschte er sich – oder spielte tatsächlich ein Lächeln um den schmallippigen Mund des Schwarzen Fürsten? »Was… Was wollt Ihr?«, fragte er misstrauisch.
Der Dunkle lächelte tatsächlich. »Nichts weiter. Ich wollte nur sehen, ob es dir auch gut geht.«
Marius traute seinen Ohren nicht. Hatte er tatsächlich »ob es dir auch gut geht« gesagt?
»Welch eine zynische Frage!«, entgegnete er missmutig. »Wie kann es mir gut gehen, wenn Ihr mich in diesem Loch gefangen haltet!«
Wieder lächelte der Schwarze Fürst. »Nur Geduld!«, sagte er. »Ich habe deiner Tochter versprochen, dich freizulassen.«
Was?
Fassungslos starrte Marius Leander vor sich hin. War Laura in die Fänge seines Peinigers geraten? Seit sie ihn in der Todesstarre besucht hatte, brachte ihn diese Befürchtung beinahe um den Verstand.
Und nun behauptete diese Ausgeburt des Bösen, dass er ihn freilassen wolle?
Furchtlos sah er Borboron an. Er hatte ohnehin nichts mehr zu verlieren. »Ihr lügt«, sagte er. »Warum solltet Ihr mich freilassen?«
»Weil deine Tochter versprochen hat, den Kelch der Erleuchtung gegen dich einzutauschen!«
»Niemals!« Marius Leander sprang auf. Er bebte vor Erregung. »So etwas würde Laura niemals tun. Sie ist eine Kriegerin des Lichts und würde die große Aufgabe, die ihr übertragen worden ist, unter keinen Umständen verraten! Sie weiß doch, dass unsere Welt dem Untergang geweiht wäre!«
»Das mag wohl sein.« Immer noch lächelte der Schwarze Fürst. »Dennoch hat sie mir ihr Versprechen gegeben. Und du weißt, was das bedeutet?«
»Natürlich!« Marius’ Lippen zitterten. »Wir Krieger des Lichts sind verpflichtet, stets unser Wort zu halten. Ganz im Gegensatz zu Euch, denen alle Mittel erlaubt sind!«
Borboron grinste. »Das entspricht nun einmal unserer Natur – und deshalb ist es ja auch so verlockend, sich uns anzuschließen. Es ist so einfach, Böses zu tun. Für euch dagegen…« Er grinste erneut, bevor er in bedeutungsvolles Schweigen verfiel.
»Macht Euch nur lustig über uns«, sagte Marius Leander. »Wir
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