Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Lukas jedoch nicht gerade begeistert zu sein. »Hältst du das für eine gute Idee? Wenn die Dunklen das Licht bemerken, schicken sie doch umgehend Ellerking los, damit der hier nach dem Rechten sieht.«
Morduk kratzte sich am kahlen Schädel. »Schon möglich«, brummte er. »Aber wahrscheinlich schlafen die doch längst. Und außerdem sollte doch Kaja…«
»Ja, schon«, unterbrach ihn der Junge. »Aber das ist mir trotzdem zu unsicher.« Die Falte auf Lukas’ Stirn wurde tiefer. »Die Typen sollen doch nicht erfahren, dass wir Bertruns Hinweise geknackt haben. Ich würde das gerne vor ihnen verheimlichen, so lange es nur geht, und deshalb sollten wir auf die Laterne verzichten.«
»Wie stellst du dir das denn vor?« Attila Morduk klang ein bisschen beleidigt. »Hier ist es doch so duster, dass wir uns am Ende noch gegenseitig verletzen. Ein bisschen Licht brauchen wir schon.«
»Wenns weiter nichts ist!«, meldete sich da Laura zu Wort.
Lukas und Attila, die sich wie zwei kampfbereite Ziegenböcke angestarrt hatten, wandten sich überrascht dem Mädchen zu. Auch der Steinerne Riese Portak sah es erwartungsvoll an.
»Ihr habt wohl ganz vergessen, dass wir noch über einen weiteren Helfer verfügen, der uns wertvolle Dienste leisten kann!« Damit griff Laura in die Tasche und holte ein unscheinbares Fläschchen hervor. Sie zog den Korken aus dem Flaschenhals und blickte erwartungsvoll auf die dunkle Öffnung. Doch nichts geschah. Enttäuscht rümpfte das Mädchen die Nase. »Das darf doch nicht wahr sein! Immer wenn man den Kerl braucht, pennt er.« Laura schnippte mit dem Zeigefinger gegen das Glas. »Hey, Rauenhauch. Hallooo!«, flötete sie. »Aufwachen, bitte. Es gibt Arbeit für dich.«
Für einen Moment hatte es den Anschein, ihr Weckruf würde folgenlos verhallen. Dann aber war ein leises Gähnen zu vernehmen, das dem eines asthmatischen Löwen ähnelte. Ein Zischen ertönte, und dann stieg Rauch aus dem schmalen Flaschenhals. Eine weiße Nebelwolke, die sich langsam um die eigene Achse drehte und dabei größer und größer wurde, bis sie selbst den Steinernen Giganten um einen guten Meter überragte.
Verwunderung stand in Portaks granitgraues Gesicht geschrieben. Offensichtlich hatte er ein derartiges Wesen noch nie erblickt. Als auch noch eine flüsternde Stimme aus der dunstigen Säule kam, wich er zurück, als fürchte er sich vor der seltsamen Erscheinung.
»Was von mir Ihr wollt, Herrin – von mir Ihr wollt?« Die Stimme schwoll an und ab und klang merkwürdig verhallt, als spreche sie ihr eigenes Echo mit. »Was ist Euer Begehr – Euer Begehr?«
Die übertriebene Dienstbeflissenheit ließ Laura lächeln. »Nichts Besonderes, Rauenhauch«, sagte sie. »Tue einfach nur das, was deiner Natur entspricht. Leg bitte einen Ring aus dichtem Nebel um uns herum, damit wir nicht entdeckt werden können.«
»Wenn’s weiter nichts ist, Herrin – weiter nichts ist!«, flüsterte Rauenhauch heiser, bevor ein erneutes Zischen zu hören war. Mehr und mehr Dampf quoll aus dem Flaschenhals, wirbelte um Laura und ihre Freunde herum und verteilte sich um die Eiche, bis sie in weißen Nebel eingehüllt waren.
Laura schnitt dem Bruder eine Grimasse. »Zufrieden?«
»Sehr sogar.« Lukas tätschelte ihr gönnerhaft die Schulter. »Manchmal bist du doch zu gebrauchen!«
Attila Morduk hängte die Arbeitslampe an einen Ast und schaltete sie ein. Ein heller Lichtkegel beleuchtete den Boden unter der Eiche. Schon wollte der Hausmeister zu einer Schaufel greifen, als Portak ihn zurückhielt. »Mein werter Herr, lasst das nur sein, das schaff ich schon von ganz allein. Nicht einer von euch soll sich plagen, dann über Muskelkater klagen.« Damit packte der Steinerne Riese eine Schippe und fing an zu graben. In seinen gewaltigen Pranken glich sie eher einem Spielzeug denn einem unhandlichen Utensil. Auch die Arbeit schien für ihn kaum mehr als ein Kinderspiel zu sein, so flott ging sie ihm von der Hand. Scheinbar mühelos trieb Portak ein Loch in den Boden, das nur Minuten später zwei Meter Durchmesser besaß. Er kam so schnell voran, als wäre er ein Bagger. Wenn nicht sogar noch schneller. Die Freunde jedenfalls kamen mit dem Sieben der aufgeworfenen Erde kaum nach, so geschwind schaufelte der Gigant Nachschub herbei.
Trotz der tatkräftigen Unterstützung entwickelte sich das Unternehmen zu einem einzigen Reinfall. Zwei Stunden später war das Loch bereits drei Meter tief. Portak, der darin stand, war schon
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