Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Wenn jeder nur noch an sich selbst dachte und keine Rücksicht mehr nahm auf seine Mitmenschen, wenn jeder nur noch den eigenen Vorteil im Sinn hatte und sich nicht mehr um andere kümmerte, dann steuerte die Welt geradewegs auf den Untergang zu!
›Du selbst bist das Wichtigste in deinem Leben – und außer dir zählt nichts!‹ Wenn dieser teuflische Gedanke sich auf Erden verbreitete, dann würden die Dunklen siegen, und die Herrschaft des Ewigen Nichts war nicht mehr aufzuhalten.
Von niemandem – nicht einmal von Laura.
K apitel 25 Ein
gescheitertes
Unternehmen
aura deutete auf den zentralen Kreis der Zeichnung. »Wenn ich hier stehe und mich dann jeweils den Steinen zuwende, die etwas ans Licht gebracht haben, dann sehe ich genau nach Osten, Süden und Westen. Dorthin, wo auch die Sonne, also das Licht, am Morgen, am Mittag und am Abend steht. ›Wende dich stets hin zum Licht‹ kann deshalb wohl nur bedeuten, dass man von den Steinen in die Richtung gehen soll, die ihrer Position auf einem Kompass oder auf der Windrose entspricht – und mit der entsprechenden Anzahl von Schritten kommt man dann dorthin, wo Bertrun die Schwertteile versteckt hat.«
»Klingt einleuchtend, zumindest in der Theorie.« Lukas schielte sie über den Rand seiner Brille an. »Am besten, wir prüfen so schnell wie möglich nach, ob das auch praktisch stimmt.«
»Aber…« Laura machte ein entgeistertes Gesicht. »Wie stellst du dir das denn vor?«
»Genau!« Kajas Miene war ein einziger Vorwurf. »Wir kommen doch niemals unbemerkt auf das Gelände! Und ich hab absolut keine Lust, mich wieder von diesen Krähenbiestern piesacken zu lassen.«
»Das musst du auch nicht«, entgegnete Lukas trocken und zeigte nach draußen, wo der massige Bauzaun des Ausgrabungsgeländes zu sehen war. »Oder habt ihr noch nicht bemerkt, dass sich eines der Verstecke gar nicht auf dem abgesperrten Areal befindet?« Er wandte sich wieder der Zeichnung auf dem Boden des Schmuckkästchens zu und deutete auf den Kreis auf der Neun-Uhr-Position. »Wenn man von da aus nämlich dreihundertundsechs Schritte nach Osten macht, ist man ein ganzes Stück davon entfernt.« Dann ging er zum offenen Fenster, kniff die Augen zusammen und spähte hinaus in den Park, über den sich allmählich die Dunkelheit senkte. »Seht ihr die große Eiche dort, ganz in der Nähe von Attilas Häuschen?«
Laura stellte sich neben den Bruder und schaute ebenfalls nach draußen. Der Baum mit der mächtigen Krone war nicht zu übersehen. »Was ist damit?«
»Ich schätze, dass es bis dorthin ungefähr dreihundert Schritte sind. Aber das werde ich natürlich noch ganz exakt berechnen. Attila Morduk besitzt doch bestimmt eine maßstabsgetreue Karte vom Burggelände, und damit ist das überhaupt kein Problem.«
»Du meinst es also tatsächlich ernst, Lukas?«
»Natürlich, Laura.« Der Junge schloss das Fenster. »Wir haben doch keine Zeit zu verlieren, wenn wir den Dunklen zuvorkommen wollen. Deshalb werden wir dort graben – und zwar gleich heute Nacht! Okay?«
»Okay.« Laura fühlte Erleichterung in sich aufsteigen. Es war schließlich höchste Zeit, dass sie etwas unternahmen!
Lukas verabschiedete sich und ging zur Tür. »Vorsicht«, rief Kaja ihm noch zu, aber da war es bereits zu spät: Wie ein Wiesel wischte Minzi durch den Türspalt nach draußen und zischte den Gang entlang, als seien Dämonen hinter ihr her.
»Oh, nö! Nicht schon wieder!« Kaja schnaubte und eilte unter lauten »Minzi! Minzi!« – Rufen dem Kätzchen hinterher.
»Wenn das mal gut geht!« Lukas verdrehte die Augen und wandte sich an die Schwester. »Weißt du, was mich wundert? Dass noch kein Lehrer entdeckt hat, dass ihr die Katze in eurem Zimmer versteckt haltet.«
»Wir haben eben einfach Glück gehabt«, kommentierte Laura lapidar. »Die meisten interessiert das ohnehin nicht. Und Quintus und Pinky haben im Moment mit Sicherheit etwas anderes zu tun, als Verstöße gegen die Hausordnung aufzuspüren.«
»Sieht ganz so aus.« Vor der Tür drehte Lukas sich noch einmal zu der Schwester um. »Das wird bestimmt eine ordentliche Plackerei heute Nacht«, sagte er. »Könnte also nicht schaden, wenn wir einen Helfer bekommen würden, der kräftig zupacken kann.«
»Ich denke, das lässt sich einrichten.« Laura zwinkerte dem Bruder zu. »Portak wird sich bestimmt freuen, dass er endlich wieder was zu tun kriegt. Der langweilt sich sicher schon.«
Der nächtliche Himmel über Ravenstein war
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