Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
sagte, dass es zwecklos sei, drehte sie sich um die eigene Achse und schaute sich um. Doch überall sah sie nur die gleiche nachtschwarze Dunkelheit. »Irgendwo muss es doch einen Ausgang ge –«
Da rasselte etwas in ihrem Rücken wie ein Schlüsselbund. Laura fuhr herum. Dann ein Knarzen. Sekunden später zeigte sich ein lichter Spalt, der immer größer wurde, bis sie in dem gleißend hellen Rechteck, das sich in der Dunkelheit aufgetan hatte, schließlich eine Gestalt erkennen konnte: ein Drache.
Obwohl er auf den Hinterbeinen ging, war er kaum größer als ein Mann. Sein Kopf, der aus einer uniformähnlichen Kleidung herausragte, sah aus wie der eines Krokodils. Seine vier Gliedmaßen und sein langer Schwanz erinnerten ebenso an eine Echse wie die Farbe seines Schuppenpanzers.
Offenbar konnte er Laura und Venik in der Dunkelheit deutlich erkennen. »Oh, diesmal sind es gleich zwei auf einmal. Wenn das nichts zu bedeuten hat!«, sagte er überrascht. Die Krallen an seinen bloßen Tatzen machten klackende Geräusche auf dem Boden. »Mitkommen!«, befahl der Krokodildrache nun. »Wiru-Wuru erwartet euch schon!«
Damit stützte er sich auf die Hellebarde in seiner rechten Vordertatze und watschelte eilends davon. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Die Gänge und Räume, die sie, angeführt von dem Krokodildrachen, durchschritten, erinnerten Laura an ein märchenhaftes Traumschloss aus einem kitschigen Disneyfilm. Soprächtig Gleißenhall ihr vor wenigen Tagen noch vorgekommen war, so schäbig erschien ihr die Burg im Vergleich zum Drachenpalast. Die Fußböden waren mit farbigem Marmor belegt, die Wände mit reinstem Gold und Silber verkleidet. Lüster aus feinstem Kristall funkelten an den Decken. Mehr als einmal musste Laura die Augen zusammenkneifen, um von all dem glitzernden Prunk nicht geblendet zu werden.
Mindestens ebenso staunend betrachtete Laura die Drachen, die ihnen auf den Gängen und in den Sälen begegneten. Sie waren alle ungemein prächtig gekleidet. Das Mädchen sah schneidige Uniformen; schmucke Livreen; vornehme Anzüge; steife Fräcke; farbenprächtige Roben; aufregende Gewänder; gewagte Kostüme – allesamt aus kostbaren Stoffen geschneidert! Laura glaubte sich am Drehort eines Hollywoodfilms – nur dass in all den fantastischen Kleidern keine Menschen, sondern Drachen in vielerlei Gestalt steckten, die den Besuchern erstaunte Blicke zuwarfen.
»Ich fasse es nicht«, flüsterte sie Venik zu, während sie sich bemühten, den Anschluss an das Krokodilwesen nicht zu verlieren. »Ich glaube fast, ich träume.«
»Das glaube ich weniger«, flüsterte der Magier ängstlich. »Und wenn, dann handelt es sich bestimmt um einen schlechten Traum.«
Inzwischen war ihr Führer vor einem großen Portal angelangt, das mit Gold beschlagen war. Zudem trugen beide Flügel zwei Kronen aus funkelnden Edelsteinen. Laura vermutete deshalb, dass es sich um den Eingang zum Thronsaal handelte. Zwei mit Hellebarden bewaffnete Drachen in Uniform bewachten den Eingang. Sie waren mindestens doppelt so groß wie ihr krokodilartiger Kollege. Spitze Hörner zierten ihre braunbeschuppten Häupter. Die Mundwinkel, aus denen hauerartige Eckzähne aufragten, waren mit langen dunklen Barteln besetzt.
»Halt!«, befahl einer der Wächter mit Donnerstimme und stieß feurigen Atem aus. »Wohin des Wegs?«
Der Krokodildrache verdrehte aufgebracht die Glupschaugen. »Siehst du nicht, wen ich bei mir habe?« Damit deutete er auf Laura und Venik. »Deshalb solltest du dir vorstellen können, dass Seine Majestät es wahrscheinlich gar nicht erwarten kann, unsere Gäste endlich zu empfangen.«
»Spiel dich bloß nicht auf«, blaffte der Wächter. »Du weißt doch, dass wir unsere Vorschriften haben.« Dennoch riss er eilfertig die Flügeltüren auf.
Selbst der wohlhabendste irdische Herrscher wäre grün vor Neid geworden angesichts dieser märchenhaften Pracht, die sich nun vor Laura auftat. Wände und Decken des Thronsaals waren mit Abertausenden von Edelsteinen besetzt: Diamanten, Rubine, Smaragde, Granate, Opale, Turmaline und Aquamarine funkelten in allen Farben des Regenbogens.
Zahllose kostbar gekleidete Drachen scharwenzelten im Thronsaal umher. Als Venik und Laura den Saal betraten, kehrte schlagartig Ruhe ein. Ohne dass es eines Befehls bedurft hätte, öffnete sich eine schmale Gasse in der Schar der Anwesenden. Sie führte direkt zu einem Thron aus purem Gold, den ebenfalls Edelsteine
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