Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
könntest Recht haben, verdammt«, hauchte der Junge tonlos. »Hast du gesehen, in welche Richtung das Auto gefahren ist?«
Attila Morduk nickte. »Natürlich. Nachts ist das ja nicht besonders schwer: Er ist auf die Straße nach Hohenstadt abgebogen.«
Lukas legte die Stirn in Falten. »Vielleicht sind sie zu uns nach Hause gefahren?«, überlegte er laut, als wie aus dem Nichts ein Bild vor seinem inneren Auge aufstieg: Er befand sich plötzlich im Wohnzimmer des heimischen Bungalows. Es war Nacht, und im Kamin flackerte ein Feuer. Sayelle, seine Stiefmutter, kniete davor und hatte einen Gegenstand in der Hand: ein Buch.
D as B uch aus P apas A rbeitszimmer!
Als sie es ins Feuer warf, ging es sofort in Flammen auf – aber da war die Vision auch schon wieder vorbei.
Lukas war weiß geworden wie ein Leichentuch. Er zitterte, und sein Atem ging keuchend.
War das, was er gesehen hatte, schon vorbei?
Oder fand es gerade statt?
Oder würde es sich erst noch ereignen?
Er hatte keine Ahnung.
Allerdings: Wenn diese Verbrennung erst noch stattfinden würde, dann bedeutete das…
»Schnell, Attila!«, schrie er den Hausmeister an. »Fahr mich nach Hohenstadt. Vielleicht befindet sich das Buch noch in unserem Bungalow!«
»Verdammt!«
Albin Ellerking wich erschrocken von dem alten Schornstein zurück, der die Gespräche im Raum des Jungen gleich einem Schalltrichter verstärkte, sodass man sie selbst noch auf dem Speicher verfolgen konnte. Hektisch schloss der Nachtalb die Reinigungsklappe und holte das Handy aus der Tasche seines Arbeitskittels hervor.
Der Chef musste unbedingt erfahren, was der Bengel vorhatte, damit er die entsprechenden Vorkehrungen treffen konnte!
»B ist du wahnsinnig, Laura?«, brüllte Venik. »Mach die Augen wieder auf! Wenn wir diesen Steinmonstern vor die Füße laufen, werden sie uns zermalmen.«
»Sei still!«, befahl sie dem Jungen so barsch, dass der erschrocken zurückwich. »Stör mich bloß nicht noch einmal, sonst werden deine Befürchtungen vielleicht doch noch wahr!« Trotz der Rüge griff Venik nach ihrer Hand und klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.
Laura ließ ihn gewähren. Sie schloss die Lider und versenkte sich in das Bild des keltischen Labyrinths, das deutlich vor ihrem inneren Auge stand. Schließlich zierte das uralte Symbol den Deckel des geheimnisvollen Schmuckkästchens mit dem Rad der Zeit, das die im Zeichen der Dreizehn geborenen Wächter an ihre Nachfolger weiterreichten – jenes goldene Amulett, das seinem Träger besondere Kräfte verlieh. Bertrun von Drachenthal, eine ihrer Vorgängerinnen, hatte es zudem auf dem alten Gemälde verborgen, das in der Eingangshalle von Burg Ravenstein hing, und Laura damit den entscheidenden Hinweis auf die verschiedenen Verstecke des zerbrochenen Schwertes geliefert. Und da eben dieses Schwert der Grund für Lauras Besuch im Drachenland war und das keltische Labyrinth keinen Irrweg bezeichnete, sondern vielmehr den Weg zur wahren Mitte beschrieb, hoffte Laura, dass sein verschlungener Pfad sie vielleicht auch zur wahren Mitte des Drachenlandes führen könnte – direkt in den Thronsaal des Drachenpalastes. Es war zumindest den Versuch wert, genau den gleichen Weg durch das Labyrinth der Drachenkönige einzuschlagen!
Während Laura sich von der Erinnerung an das Labyrinth und vom Glauben an die Kraft des Lichts leiten ließ, blendete sie alles aus. Sie spürte Veniks ängstlichen Händedruck nicht mehr, und auch das Schaben und Knirschen, mit dem sich die steinernen Drachenmonster über den Sand schoben, erreichte sie nicht. Laura konzentrierte sich auf den Pfad, der viele Wendungen und Kehren nahm. Entschlossen schritt sie auf dieser imaginären Linie voran. Obwohl sie die Augen fest geschlossen hielt und die Felssäulen ständig in Bewegung waren, stieß sie nicht mit einer einzigen zusammen. Mit jedem Schritt, den Laura in blindem Vertrauen auf die gute Sache, für die sie kämpfte, hinter sich brachte, wuchs ihre Gewissheit, dass sie auf dem richtigen Weg war – bis sich der Boden unter ihren Füßen auftat und sie, Venik mit sich reißend, in die Tiefe stürzte!
Alarik war restlos erschöpft. Trotzdem freute er sich nicht auf das Ende der Schicht. Wenn Aslan Wort hielt – woran nicht die geringsten Zweifel bestanden –, würde einer der Sklaven die Peitsche zu spüren bekommen, weil sie immer noch nicht auf Erz gestoßen waren. Und die schwarzen Schergen waren wegen
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