Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
Tränen über ihre rußverschmierten Wangen. »Hellenglanz«, flüsterte sie andächtig. »Das Schwert des Lichts.« Als sie sich wieder gefasst hatte, wandte sie sich an Beolor. »Vielen Dank für Eure Hilfe, Meister. Und wenn Ihr mir auch bei den weiteren Arbei –«
»Nicht doch!«, fiel der Herr der Dunkelalben ihr ins Wort. »Deine Arbeit in der Schmiede ist getan. Um den Rest werden wir uns kümmern. Du hast Wichtigeres zu erledigen.«
Laura runzelte die Stirn und schaute Beolor verwundert an.
»Hellenglanz ist doch keine gewöhnliche Waffe«, erklärte der Schmied. »Genau wie Pestilenz zeugt auch das Schwert des Lichts von der besonderen Macht jener Elemente, die seit Anfang der Zeiten existieren. Damit es im alten Glanz erstrahlt und seine ursprüngliche Kraft wiedererlangt, musst du die Geister, die den Lauf der Welt bestimmen, um Beistand bitten.«
Noch ehe das Mädchen nachfragen konnte, hörte es eine Stimme in seinem Kopf. »Komm, Laura!« Verwundert drehte es sich um und sah den Schemen des Nebelflößers am Eingang der Schmiedehöhle stehen.
»Der Fährmann wird dich zur Insel der Tanzenden Schatten bringen, die in der Mitte des Sees liegt«, erklärte Beolor. »Niemand wird dich dort stören, während du deine Gedanken sammelst und den Segen der Geister für das Schwert des Lichts erbittest. Wenn du morgen früh bei Sonnenaufgang zu uns zurückkehrst, kannst du es strahlender und mächtiger denn je in Empfang nehmen. Und jetzt geh, Laura!«
Ohne ein Wort des Widerspruchs drehte das Mädchen sich um und verließ im Gefolge des Fährmanns die Höhle.
Braamir schaute den beiden noch nach, bis sie im grauen Dämmerlicht vor dem Eingang verschwunden waren. Dann wandte er sich an seinen Herrn. »Seltsam, Meister«, sagte er verwundert. »Warum habt Ihr mir nie davon erzählt? Dass man die Nacht in der Einsamkeit der Insel verbringen muss, meine ich, um dem Schwert des Lichts zur alten Macht zu verhelfen?«
»Ganz einfach – weil ich es bis heute auch nicht gewusst habe.« Das Gestrüpp in Beolors Gesicht vermochte den Triumph nicht zu verbergen, der seine Miene zeichnete. »Ich habe mir die Geschichte doch nur einfallen lassen, damit uns dieses Balg in der Nacht nicht in die Quere kommt. Die Tanzenden Schatten werden Laura so beschäftigen, dass sie gar nicht auf den Gedanken kommt, misstrauisch zu werden!«
Die Insel maß kaum mehr als zwanzig Schritte in der Länge und der Breite und bestand lediglich aus nacktem Fels, aus dem einige kahle Baum- und Strauchgerippe emporragten. Die Eisigen Flammen bildeten einen dichten Ring aus lodernden Feuerzungen um das Eiland, sodass Laura die Ufer des Sees nicht erkennen konnte. Nur der Blick zum nächtlichen Himmel war frei. Er war von dunklen Wolken verhangen, die gelegentlich aufrissen und den gelben Goldmond und den blauen Menschenstern sehen ließen.
Zum Glück hatte der Nebelflößer Laura daran erinnert, ein wärmendes Fell mitzunehmen. Doch selbst das konnte nicht verhindern, dass ihr die Kälte in alle Glieder kroch. Sie fror so entsetzlich, dass es ihr unmöglich war, ihre Gedanken zu sammeln. Noch dazu begannen plötzlich die Tanzenden Schatten zu spuken, die der Insel den Namen gegeben hatten.
Schemen wirbelten über die Insel, die Laura allesamt bekannt vorkamen. Einmal meinte sie die Umrisse Beolors und gleich darauf die seines Gehilfen zu erblicken. Dann schien ihre Mutter an ihr vorbeizuwabern, gefolgt von Alarik und Alienor. Mal schimmerte die Gestalt eines riesigen Drachen auf, bald die Silhouette eines Klauenmorks. Der Hüter des Lichts geisterte an ihr vorbei, bevor Borboron um sie herum tanzte. Professor Morgenstern tauchte vor ihr auf, gefolgt von Percy Valiant und Miss Mary. Selbst ihr Vater und ihr Bruder Lukas ließen nicht auf sich warten. Schließlich glaubte Laura sogar, der Rote Feuerdrache wälze sich auf sie zu, und auch die beiden Köpfe von Gurgulius dem Allesverschlinger schoben sich vorüber. Und dennoch: Nicht eine dieser Truggestalten – um nichts anderes konnte es sich handeln! – schien sie selbst wahrzunehmen. Alle wirbelten und tanzten an Laura vorüber, als sei sie gar nicht vorhanden. Ihre verschiedenen Stimmen überlagerten sich mit dem Prasseln der Flammen und dem Brodeln des Sees zu einem dissonanten Getöse, das völlig unverständlich war.
An Schlummer war nicht zu denken. In einem Zustand der Benommenheit dämmerte das Mädchen vor sich hin, während die Zeit verging.
Weit nach Mitternacht ließ ein
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